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09.06.12 / Von Brautbechern bis Deckelhumpen / Haus Schlesien dokumentiert in einer Sonderausstellung raffinierte Kreationen der Glasraffinerie Heckert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-12 vom 09. Juni 2012

Von Brautbechern bis Deckelhumpen
Haus Schlesien dokumentiert in einer Sonderausstellung raffinierte Kreationen der Glasraffinerie Heckert

Die auf einem Ölbild aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts dargestellte Glasraffinerie Fritz Heckert spielt in der neuen Sonderausstellung des Dokumentations- und Informationszentrums für schlesische Landeskunde in Königswinter-Heisterbacherrott eine große Rolle. Anhand von herausragenden Glaskreationen wie etwa dem großen Brautbecher „Engelskopf auf blauem Feld“, dem „Großen Reichsadler-Deckelhumpen“ oder den Uranglasobjekten sowie den Jodpur- und Cyperngläsern werden in der neuen Sonderschau unter dem Motto „Raffinierte Vielfalt – Gläser von Fritz Heckert aus Petersdorf/Schlesien“ Meilensteine aus der Geschichte der Firma Heckert dargestellt.

Einzelne Heckert-Gläser sind immer wieder in Museen und Ausstellungen oder auf Auktionen anzutreffen. Doch bisher schenkte man den Kunstgläsern aus Schlesien eigentlich zu Unrecht keine größere Aufmerksamkeit. Haus Schlesien hat gemeinsam mit Leihgebern, Sammlern und Liebhabern eine beeindruckende Exponatenvielfalt zusammengetragen, die die historische Entwicklung von der Petersdorfer Glasschleiferei über die Glashütte bis hin zur Raffinerie Fritz Heckert beschreibt. Es ist übrigens das erste Mal, dass den Leistungen von Fritz (Friedrich Wilhelm) Heckert eine komplette Ausstellung gewidmet wird. Haus Schlesien hat die Sonderschau anlässlich des 175. Geburtstages des schlesischen Glasfabrikanten eingerichtet und auch einen reich illustrierten systematischen Katalog herausgebracht.

Die überwältigende Vielfalt der Glasobjekte − darunter kunstvoll gestaltete und dekorierte Vasen, Humpen, Becher, Pokale und Römer aus der Zeit des Historismus sowie Gläser im orientalischen Stil und im Jugendstil – bietet dem Betrachter die Möglichkeit, sich einen guten Überblick über die Produktion der Glasraffinerie Fritz Heckert zu verschaffen. Der Familienbetrieb mit den Wurzeln in Schlesien existierte insgesamt rund 50 Jahre, wobei der Gründer nur 25 Jahre davon erlebte. Friedrich Wilhelm – genannt Fritz – wurde im Jahre 1837 als achter Sohn des Glasermeisters Heckert in Halle an der Saale geboren. Auch sein älterer Bruder Carl Ferdinand hat das Glaserhandwerk erlernt und gründete eine Fabrik. Fritz setzte die Familientradition fort und machte sich im Glasgewerbe selbständig. 1862 erwarb er bei Petersdorf am Rande des Riesengebirges eine Glasschleiferei, die sogenannte Felsenmühle am Zacken. Im Jahre 1866 gründete Fritz Heckert im schlesischen Petersdorf eine Glasmanufaktur, die er zu einem bedeutenden Unternehmen der Glasveredelung ausbaute. Im Jahre 1889 wurde der Betrieb um eine eigene Glashütte erweitert.

Das Heckert-Kunstglas wurde im Laufe der Zeit über die Grenzen hinweg bekannt und begehrt. Nach Heckerts Tod im Jahre 1887 wurde der Betrieb von seiner Witwe und ihrem Schwiegersohn Otto Thamm im Sinne des Gründers fortgesetzt. Nach Thamm kam sein Sohn Bruno Heckert an die Leitung des Familienunternehmens, das jedoch nach 1910 in der Josephinenhütte AG aufging.

Die Ausstellung im Haus Schlesien dokumentiert anhand von verschiedenen Glasobjekten die Zeit zwischen 1870 und 1910. Die Exponate sind in der Raffinerie und später in der Glashütte Fritz Heckert entsprechend den verschiedenen Stilperioden hergestellt und gestaltet worden. Den Höhepunkt erlebte Heckert in der Zeit des Historismus mit Hohlgläsern im sogenannten „altdeutschen Stil“. Die Neorenaissance-Motive wurden in Emailfarben aufgetragen. Die Emailtechnik findet sich übrigens auch bei Gläsern im orientalischen Stil wieder, darunter bei den Jodpur- oder Cyperngläsern.

Ab Mitte der 1880er Jahre machte die Glasraffinerie Heckert mit Urangläsern auf sich aufmerksam, um die Jahrhundertwende folgten die ersten Jugendstilgläser. In der Ausstellung ist eine Vitrine mit Uranglasobjekten zu sehen, die unter anderem die Balustervase „Sütterlin“ um 1905, die „Vase mit Pfirsichblütenzweigen“ um 1900 und die Vase „Kentaur mit Pfeil und Bogen“ um 1910 enthält.

Faszinierend sind auch die Aufsatzschalen und Vasen „Arabischer Stil“ aus der Zeit um 1880, die aus farblosem Cypernglas gefertigt sind.

Bei einem Rundgang durch die Ausstellung kann sich der Besucher nicht nur einen guten Eindruck von der Produktvielfalt der Firma Heckert bilden, sondern auch Namen und vor allem Arbeiten berühmter künstlerischer Persönlichkeiten wie Ludwig Sütterlin und Max Rade kennenlernen. Die Doppelhenkelvase „Vögel“ um 1900 ist eines der Beispiele für die Kunstobjekte aus dem Hause Heckert, die nach Entwurfzeichnungen von Max Rade entstanden sind. Die Sonderausstellung „Raffinierte Vielfalt“ ist in Königswinter-Heisterbacherrott bis zum 26. August geöffnet. Dieter Göllner


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