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16.06.12 / Stiller Tag

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-12 vom 16. Juni 2012

Jan Heitmann:
Stiller Tag

Von 1954 bis 1990 war der 17. Juni als „Tag der deutschen Einheit“ gesetzlicher Feiertag, seit 1963 „Nationaler Gedenktag des deutschen Volkes“. Sein erinnerungspolitischer Stellenwert ist den meisten Deutschen heute kaum noch bewusst. Zu Unrecht, denn dieser Tag ist ein herausragendes Ereignis der demokratischen Entwicklung Deutschlands seit 1848. Den Menschen, die damals gegen das ganz im stalinistischen Geist regierende DDR-Regime aufbegehrten, ging es nicht um Arbeitsnormen, sondern um weitaus Höheres. Aus einem Arbeiterprotest entwickelte sich innerhalb von Stunden ein politischer Volksaufstand für Einheit, Recht und Freiheit. Die Sowjets, als die wahren Machthaber in ihrer zum Staat erhobenen Besatzungszone, schickten den unbewaffneten Demonstranten Panzer entgegen. Mehr als 120 Menschen wurden getötet, Tausende mussten für ihren Mut hinter Gittern büßen.

Als Symbol für den Freiheitswillen der Deutschen und Zeugnis für die Entscheidung des Gewissens gegen Tyrannei und Unmenschlichkeit war der 17. Juni ein stiller Feiertag. Nicht lediglich ein arbeitsfreier Tag, der „zur Entspannung, Erholung oder gar dem Vergnügen dient“, so Bundespräsident Heinrich Lübke in seiner Proklamation 1963. Doch je mehr Jahre ins Land gingen, umso verkrampfter wurde das Gedenken, bis der 17. Juni durch den 3. Oktober als „Tag der Deutschen Einheit“ ersetzt wurde, obwohl dieser doch nur an die staatsrechtliche Vereinigung der Bundesrepublik und der DDR erinnert. Ohne den Geist des 17. Juni 1953 indes hätte es den 3. Oktober 1990 nicht gegeben. Der 17. Juni sollte nicht in Vergessenheit geraten.


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