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16.06.12 / Ursprünge liegen in Preußen / Wankelmütiges Steuerrecht bei Eheleuten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-12 vom 16. Juni 2012

Ursprünge liegen in Preußen
Wankelmütiges Steuerrecht bei Eheleuten

Die Ursprünge der Ehegattenbesteuerung finden sich bereits im preußischen Einkommensteuerrecht des 19. Jahrhunderts. In dieser Zeit wurde die mittelalterliche Kopfsteuer zur Haushaltsbesteuerung nach englischem Vorbild umstrukturiert, bei der anfangs das Einkommen von zusammenlebendem Haushaltsvorstand und Angehörigen zusammengerechnet und besteuert wurde. Aufgrund der heute noch geltenden Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ging man davon aus, dass zusammenlebende Ehegatten viele Dinge des täglichen Lebens nur einmal bräuchten. Im Unterschied zum heutigen Splittingverfahren wurde für die zusammen veranlagten Personen zwar jeweils ein eigener Grundfreibetrag (Existenzminimum) gewährt, aber der Steuersatz wie bei Alleinstehenden bemessen. Daher wurden Ehepaare höher besteuert als vergleichbare Ledige. Anfang des 20. Jahrhunderts wandelte sich die Haushaltsbesteuerung zur reinen Ehegattenbesteuerung, da Kinder eigenständige Steuersubjekte wurden.

Im Rahmen der Erzbergerschen Finanzreform wurden 1920 die unterschiedlichen Einkommensteuerregelungen der Länder durch eine Reichseinkommensteuer ersetzt und der progressive Steuertarif stark erhöht, was dazu führte, dass Ehegatten noch stärker belastet wurden als vergleichbare Alleinstehende. In der Folge kehrte die Weimarer Republik schrittweise zur Individualbesteuerung zurück.

1934 wurde das Steuersystem an die nationalsozialistische Weltanschauung und die hohe Arbeitslosigkeit aufgrund der Weltwirtschaftskrise 1929 angepasst und die Zusammenveranlagung von Ehegatten wieder eingeführt. Diese Zusammenveranlagung in Kombination mit dem progressiven Steuersatz führte dazu, dass die Steuerbelastung der Ehegatten mit der Erwerbstätigkeit des zweiten Partner stark anstieg – was durchaus gewünscht war, um Frauen aus dem Erwerbsleben fernzuhalten. 1941 wurden Steuererleichterungen für Angestellte eingeführt, da die Arbeitskraft der Frauen in der Kriegswirtschaft benötigt wurde.

1951 wurde die Regelung weitgehend in das Steuersystem der Bundesrepublik übernommen, aber 1957 vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt. Die Zusammenveranlagung führte zu einer Schlechterstellung von Ehegatten gegenüber Unverheirateten und war so mit Artikel 6 Absatz 1 des neuen Grundgesetzten, dem Schutz von Ehe und Familie, unvereinbar. Daraufhin wurde die Zusammenveranlagung erweitert und das heutige Ehegattensplitting eingeführt, das sich an den Regelungen in den USA orientierte. Neben der Gewährung vom doppelten Grundfreibetrag stieg der progressive Steuersatz nur noch halb so stark an wie bei Alleinstehenden. Die Benachteiligung von Ehegatten wurde so nicht nur beseitigt, sondern in eine ökonomische Besserstellung umgekehrt. Weiterhin wurde ein Wahlrecht geschaffen, das eine getrennte Veranlagung der Ehegatten wie Alleinstehende vorsieht, um Nachteile auszugleichen.

Aufgrund der steten gesellschaftlichen Veränderungen ist offen, welchen Weg diese steuerliche Regelung einschlagen wird. K.O.


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