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16.06.12 / Übers Ziel hinausgeschossen / »Teppich-Affäre« wirft Frage auf, wen Niebel geärgert haben könnte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-12 vom 16. Juni 2012

Übers Ziel hinausgeschossen
»Teppich-Affäre« wirft Frage auf, wen Niebel geärgert haben könnte

In so mancher Zeitungsredaktion kam am vergangenen Wochenende so etwas wie Panik auf. Offenbar hatte man die Sache falsch eingeschätzt und nur eine Meldung oder einen Zweispalter hierfür in der Wochenendausgabe vorgesehen, doch scheinbar war das Thema viel größer. Gleich nach Spaniens Banken-Rettung und aktuellen Berichten aus Syrien folgte in der „Tagesschau“ die „Teppich-Affäre“ um Minister Dirk Niebel (FDP). Die meisten Medien versuchten dann am Montag ihren Fehler zu beheben und machten groß mit der Geschichte auf. Bei der SPD fiel erst am Dienstag der Groschen, dass sie um ein Haar eine Jagd verpasst hätten, und sie forderten, wenn auch eben mit Verspätung, den Rücktritt des Ministers.

Auf den ersten Blick mag es vielleicht nicht sachlich erscheinen, bei der „Teppich-Affäre“ von einer „Jagd“ zu sprechen. Doch schon der zweite Blick verdeutlicht, dass die Medien hier verdächtig stark über das Ziel hinausschossen. Da wurde ein auf einer Dienstreise für 1100 Euro erworbener Teppich nicht richtig verzollt und ohne Entrichtung der etwa 200 Euro Zoll auch noch mit einer Maschine des Bundesnachrichtendienstes kostenfrei nach Deutschland geliefert. Das ist definitiv nicht korrekt, aber ist es gleich die dritte Meldung nach Spanien und Syrien wert?

Fakt ist, dass sich der ehemalige Zeitsoldat und FDP-Generalsekretär seit Amtsantritt als Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) im Jahr 2009 zahlreiche Feinde gemacht hat. Innerhalb kürzester Zeit fusionierte er für die Öffentlichkeit fast geräuschlos die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit, die Bildungsagentur Inwent und den Deutschen Entwicklungsdienst mit zusammen gut 17000 Mitarbeitern. Sein Ministerium selbst hat nur knapp 600. Selbst die Opposition kam nicht umhin, anzuerkennen, dass ihm etwas gelungen war, was seine zahlreichen Vorgänger nicht geschafft hatten. Der damit verbundene Effizienzgewinn durch die Vermeidung von Doppelstrukturen kostete allerdings auch so manche Führungskraft den Posten. Zudem haben viele der neueingestellten Mitarbeiter ein FDP-Parteibuch, was zu viel Unmut führte bei den überwiegend mit SPD-Parteibuch ausgestatteten Beamten aus der Ära von Niebels Amtsvorgängerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD), die von 1998 bis 2009 das Ministerium unter ganz anderen Vorzeichen führte. Wieczorek-Zeul macht kein Geheimnis daraus, dass sie die Arbeit ihres Nachfolgers als Zerstörung ihrer eigenen Arbeit betrachtet. Niebel wiederum bekennt offen, dass er nicht vor hat, aus Sicht seiner Vorgängerin Gutes zu tun, indem er überall hin Entwick-lungshilfe überweist. „Eigene Interessen sind doch nichts generell Schlechtes. Karitative Tätigkeit ist ,nice to have‘. Bei Hunger- oder Flutkatastrophen muss sie sein. Aber so verändere ich keine Strukturen“, so Niebel. Über Afrikaprojekte von Alt-68ern macht er sich gern lustig. Was die Alt-68erin Wieczorek-Zeul und ihre Anhänger auf Rache sinnen lässt. Zufälligerweise saß die Ex-Ministerin einige Jahre im ZDF-Fernsehrat. Rebecca Bellano


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