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16.06.12 / Bedenkliche Selbstzensur / Medien berichten kaum über »Bilderberger«, dabei ist das Treffen mehr als ein Kaffeekränzchen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-12 vom 16. Juni 2012

Bedenkliche Selbstzensur
Medien berichten kaum über »Bilderberger«, dabei ist das Treffen mehr als ein Kaffeekränzchen

Wenn es um die sogenannte „Bilderberg-Konferenzen“ geht, dann herrschte über Jahrzehnte in den meisten bundesdeutschen Medien Schweigen. Dass die Selbstzensur über das jährliche Geheimtreffen der globalen Machteliten nun ein wenig nachzulassen scheint, hat auch mit der Einladung von Jürgen Trittin, dem Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Bundestag, zu tun, der zum ersten Mal zu dem Treffen eingeladen war und gleich einen Fehltritt begangen hat.

In Zeiten, in denen sich die Massenmedien selbst mit Details der Speisefolge bei Gipfeltreffen beschäftigen, scheint es fast als Ding der Unmöglichkeit, dass ein jährliches Treffen von über 100 hochrangigen Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Militär und Medien, flankiert vom Hochadel und Milliardären wie David Rockefeller, in der öffentlichen Berichterstattung seit Jahrzehnten nicht vorkommt. Tatsächlich ist diese Selbstzensur aber seit dem Jahr 1954, als im holländischen Hotel de Bilderberg erstmalig ein derartiges Treffen stattfand, nicht nur in der Bundesrepublik, sondern in allen westlichen Ländern weitgehende Realität.

Das diesjährige Treffen der „Bilderberger“, das zwischen dem 31. Mai und dem 3. Juni im hermetisch abgeschirmten Westfields-Marriott-Hotel in Chantilly im öden Umfeld der US-Hauptstadt Washington stattfand, war von einer Besonderheit begleitet. Auf der Gästeliste der Hochfinanz stand ein Politiker, der seine politische Laufbahn einst beim linksradikalen „Kommunistischen Bund“ begonnen hatte: Jürgen Trittin. Zumindest aus Sicht der Gastgeber beging der Bilderberger-Novize Trittin gleich einen groben Fehltritt. Ungeschriebenes Gesetz der Treffen ist: Keine Details der Gespräche sollen nach außen dringen. Trittin hingegen ließ es sich nicht nehmen, während des Treffens über den Internetdienst Twitter Interna auszuplaudern: „Too little too late – auch beim Bilderberg-Meeting massive Kritik an Merkels Euro-Politik. Zerstört Europas Integration.“

Schenkt man Trittins Einschätzung der Versammlung Glauben, dann verbirgt sich hinter der Merkel-Kritik angesichts der beim Treffen versammelten Machtelite einiges an Brisanz. Unter den 145 geladenen Gästen befanden sich etwa die EU-Kommissare Joaquín Almunia, Neelie Kroes und Karel de Gucht. Anwesend waren die Regierungschefs von Österreich und der Niederlande genauso wie die graue Eminenz der US-Außenpolitik Henry Kissinger. Neben hochrangigen Vertretern von Goldman Sachs, Citigroup und Barclays stand auch Weltbank-Chef Robert Zoellick auf der Gästeliste. Wie üblich waren auf dem Gipfeltreffen der Mächtigen zahlreiche Konzernchefs, Manager aus Medienkonzernen und Politiker anwesend. Auch wenn die Bilderberger-Treffen – sofern sie überhaupt erwähnt werden – gern als unbedeutendes „Privattreffen“ zum Meinungsaustauch verharmlost werden und Kritik fast regelmäßig als „Verschwörungstheorie“ abgetan wird, spricht einiges dafür, dass es sich um mehr als ein „Kaffekränzchen“ handelt. Bill Clinton, Margret Thatcher, Tony Blair und David Cameron waren alle-samt Teilnehmer einer Bilderberger-Konferenz, bevor sie in den darauffolgenden Jahren ins Regierungsamt gelangten.

Erstaunlich ist ebenfalls ein Blick auf die deutschen Kanzler. Helmut Schmidt war erstmals 1972 zu einer Bilderberger-Konferenz eingeladen, ein Jahr später war er Bundeskanzler. Helmut Kohl war Gast der BilderbergerTreffen der Jahre 1980 und 1982, bevor er 1982 ins Kanzleramt eingezogen ist. Der Teilnahme Angela Merkels am Bilderberger-Treffen im Mai 2005 folgte bereits im November des Jahres ihre Machtübernahme. Selbst, wenn man nicht annimmt, dass die künftigen Regierungschefs bei den Treffen „gemacht“ werden – zumindest scheint bei den „Bilderbergern“ ein erstaunlich sicheres Gespür dafür vorhanden zu sein, wer aus dem Rennen um die politische Macht als Sieger hervorgehen wird. Einzig die Kanzlerschaft von Gerhard Schröder scheint auf den ersten Blick dabei eine Ausnahme zu sein. Zumindest auf der offiziellen Gästeliste tauchte er erst im Jahr 2005 auf – kurz bevor er sein Amt an Angela Merkel verlor.

Schenkt man der Mitteilung Trittins vom Treffen in Chantilly Glauben, dann scheinen die „Bilderberger“ über Angela Merkel mittlerweile wieder den Daumen gesenkt zu haben. Dafür sprechen würde auch der durchgehende Tenor von Artikeln aus dem „Economist“, der „Financial Times“, dem „Wall Street Journal“ und der „Washington Post“ der letzten Zeit. Wichtige Redakteure dieser Zeitungen, die allesamt regelmäßige Teilnehmer der Bilderberger-Treffen sind, fordern immer energischer, dass Deutschland seinen Widerstand gegen Euro-Bonds oder das Anwerfen der Druckerpresse bei der EZB aufgibt. Dass Olaf Scholz (SPD) im Jahr 2010, Peer Steinbrück (SPD) im Jahr 2011 und der Fraktionschef der Grünen Jürgen Trittin in diesem Jahr auf der Gästeliste der „Bilderberger“ gestanden haben, passt insofern ins Bild. Ob diese Einladungen wie in der Vergangenheit Vorzeichen eines politischen Machtwechsels waren, wird das Wahljahr 2013 zeigen. N. Hanert


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