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23.06.12 / Beängstigendes Wachstum / Galt eine Stadt mit über einer Million Einwohnern einst als groß, so ist das heute wenig

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-12 vom 23. Juni 2012

Beängstigendes Wachstum
Galt eine Stadt mit über einer Million Einwohnern einst als groß, so ist das heute wenig

Inzwischen, so weist der Weltbevölkerungsbericht der Vereinten Nationen aus, lebt jeder zweite Mensch auf dem Globus in urbanen Gebieten. Doch die Infrastruktur wächst oft nicht so schnell mit wie die Bevölkerung zuwandert. Die Folge: Einer von drei Stadtbewohnern fristet sein Dasein bereits in den Slums der Großstädte von Südamerika über Afrika bis nach Asien.

Da die Weltbevölkerung den Prognosen nach von derzeit über sieben Milliarden auf mehr als neun Milliarden im Jahr 2050 anwachsen wird, dürfte sich der Trend sogar noch verstärken. In etwa 30 Jahren leben dann zwei Drittel aller Menschen in den Megametropolen. Eine erhöhte Seuchengefahr, Verseuchung des Grundwassers, die nicht mehr beherrschbare Kriminalität und zunehmender Drogenkonsum (wie schon heute in Mexiko-Stadt, Metro Manila oder Rio) und wachsende Armut als politisches Zündmaterial stellen die Politik vor schwer lösbare Aufgaben. Unruhen drohen, denn das Wachstum der urbanen Moloche sprengt längst die ökologischen und sozialen Grenzen. Es drohen sogar anarchistische Zustände in einigen Teilen dieser Megastädte.

Der jüngste Mammutstau von fast 250 Kilometer Länge in Sao Paulo als Folge eines U-Bahn-Streiks kann als Signal für die Zukunft gelten, die in vielen Ballungsgebieten zum Verkehrsinfarkt führt. Denn die Infrastruktur wächst in der Regel deutlich langsamer.

Längst unterscheiden die Planer drei verschiedene Typen der Riesenansiedlungen: Die Megastädte mit mehr als acht Millionen Einwohnern, die Global City, die als Finanz- und Wirtschaftszentrum eine besondere Bedeutung einnimmt, und die Megalopolis, eine zusammengewachsene Aneinanderreihung verschiedener Großstädte, wie etwa das 1000 Kilometer lange Siedlungsband an der Ostküste der USA zwischen Washington und Boston.

Das Ziel der chinesischen Regierung etwa ist es, in den nächsten Jahren etwa 400 Millionen Landbewohner in neue Städte zu locken. Diese werden vom Reißbrett aus neu gebaut und müssen im Zweifelsfall auch die vor steigenden Fluten fliehenden Küstenbewohner aufnehmen.

Galt in den 50er Jahren New York als größte Stadt der Erde, so rangiert die Metropole heute auf Rang 15. So hat sich in nur 17 Jahren die chinesische Stadt Chongqing am Jangste-Fluss zur größten Agglomeration auf dem Globus entwickelt. Mit 32 Millionen Einwohnern bedeckt sie eine Fläche größer als Österreich. Auch Mexiko-Stadt, Shanghai, Tokio-Yokohama, Istanbul, Karatschi, Bombay, Moskau, Dehli, Sao Paulo, Seoul, Jakarta, Dhaka und Lagos in Nigeria schoben sich längst an New York vorbei. Berlin beispielsweise rangiert an 54. Stelle.

Noch um 1800 betrug der Anteil der Stadtbewohner an der Gesamtbevölkerung weltweit gerade drei Prozent. Mit der industriellen Revolution begann dann das Wuchern der Kommunen, setzte die Landflucht ein. Heute allerdings ist es weniger der Trend vom Land zur Stadt, der das Wachstum diktiert, als vielmehr die Bevölkerungsexplosion in den Städten der Dritten Welt und der Schwellenländer selbst. Analog wächst die Kluft von Arm und Reich auf engstem Raum, nehmen die Elendsviertel zu, potenzieren sich die Umweltprobleme wie beispielsweise in Mumbai. Die anhaltende Flächenversiegelung vernichtet zudem die „Grünen Lungen“ der Metropolen. Aus der Luft sind schon von weitem die Dunstglocken diese Städte zu sehen. Die Abfallentsorgung wird zur schier unlösbaren logistischen Sysiphus-Aufgabe. Die berühmten Smoking Hills von Manila dürfen dabei als beredtes Beispiel dienen. Joachim Feyerabend


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