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30.06.12 / Absatzförderung via EU / Automobilbranche will Hilfe aus Brüssel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-12 vom 30. Juni 2012

Absatzförderung via EU
Automobilbranche will Hilfe aus Brüssel

Statt im Zweijahres-Rhythmus jährlich zur TÜV-Untersuchung, das könnte Besitzern älterer Pkw bald bevorstehen, wenn es nach EU-Verkehrskommissar Siim Kallas geht. Jetzt bekannt gewordene Pläne der EU-Kommission für eine Vereinheitlichung der sogenannten Hauptuntersuchung von Pkw sehen ebenfalls vor, dass europaweit Neufahrzeuge wie in Italien bereits üblich erst nach vier Jahren zur ersten Hauptuntersuchung antreten müssen. Die offizielle Begründung des Vorhabens: Die Verhütung von Unfällen, die aufgrund technischer Mängel bei älteren Autos verursacht werden.

Für den ADAC klingt das nicht überzeugend. Technische Defekte seien weder bei neuen noch bei älteren Fahrzeugen eine häufige Unfallursache, so ein Sprecher des Automobilclubs. In Deutschland war bei den 354919 Pkw-Unfällen mit Personenschäden 2010 nur in 1508 Fällen ein technischer Grund die Unfallursache – 0,42 Prozent.

Bleibt die Frage, was die EU-Kommission tatsächlich zu ihrem Vorhaben veranlasst. Die verschärften Prüfvorschriften für Alt-Pkw könnten für so manchen der betroffenen Autobesitzer Anlass sein, sich nach einem Neuwagen umzusehen. Zusätzlichen Absatz hätten einige Autobauer inzwischen dringend nötig. An sich gilt der Monat Mai branchenintern als sehr verkaufsstark, in diesem Jahr wurde allerdings EU-weit bei den Neuwagenverkäufen ein Minus von 8,7 Prozent zum Vorjahr gemeldet. Damit nicht genug: Es war der achte Monat mit sinkenden Verkaufszahlen in Folge.

Die deutschen Autobauer VW, Daimler und BMW können die rückläufigen Verkaufszahlen in der EU noch über Zuwächse auf dem übrigen Weltmarkt kompensieren. Anders sieht es bei Herstellern wie Opel, Fiat, Renault und Peugeot-Citroën (PSA) aus. Ihnen kommt zunehmend das Geschäftsmodell abhanden. Seit Jahresbeginn hat Renault 20 Prozent und der Hersteller Peugeot-Citroën (PSA) 15 Prozent an Absatz verloren. Ähnlich ist die Lage bei Fiat. Seit Jahresbeginn mussten die Italiener ein Minus von 17 Prozent bei den Verkaufszahlen verkraften. In Frankreich liegt die Forderung nach Staatshilfen bereits bei Präsident François Hollande auf dem Tisch. Auch der Chef des italienischen Autobauers Fiat, Sergio Marchionne, sieht die Politik in der Pflicht. Mit 273 Millionen Euro Verlust schrieb das Europageschäft von Fiat im ersten Quartal rote Zahlen.

Allerdings hat Marchionne noch einen besonderen Trumpf in der Hinterhand. Er ist Chef des europäischen Branchenverbandes der Autohersteller ACEA. In dieser Eigenschaft hat er bereits bei der EU-Kommission vorgefühlt, ob Werksschließungen künftig mit dem Geld der europäischen Steuerzahler bezahlt werden können. Der Plan Marchionnes: der Abbau der Überkapazitäten in der Automobilindustrie mit EU-Geldern, ähnlich wie es in den 80er Jahren in der Stahlindustrie passiert ist. Noch ist der Vorschlag abgeblockt. EU-Industriekommissar Antonio Tajani hat stattdessen mehr Gelder für die Forschung zugesagt.

Auch beim Plan von EU-Verkehrskommissar Kallas für neue TÜV-Regelungen dürfte es sich mehr um ein Trostpflaster für die italienischen und französischen Autobauer als um eine Maßnahme für mehr Verkehrssicherheit handeln. N.H.


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