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30.06.12 / Wo die heißen Quellen sprudeln / Ein schmucker Kurort nach dem anderen: Ein Besuch an der ungarischen Bäderstraße

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-12 vom 30. Juni 2012

Wo die heißen Quellen sprudeln
Ein schmucker Kurort nach dem anderen: Ein Besuch an der ungarischen Bäderstraße

„In balneus salus“ – im Bade liegt Heilung, wussten schon die Römer. Wer denkt bei Heilquellen und Bädern nicht sogleich an die Badestadt Budapest? Doch auch andere ungarische Landesteile können mit Heilbädern aufwarten. Ein sehr lohnenswertes Reiseziel für Entspannung und Genesung Suchende ist die ungarische Bäderstraße. Sie führt von Ödenburg [Sopron] über Bük [Bükfürdö] nach Kesthell [Keszthely] und Heuwies [Hévíz] am Plattensee. Sie liegt in der Region West-Transdanubien, die aufgrund ihrer Nähe zu Österreich und Slowenien für Touristen aus dem We-sten gut und bequem zu erreichen ist.

„Überall, wo wir nach Erdöl bohren, finden wir Thermalwasser. Unser weißes Gold“, erzählt Reiseleiterin Eva. Allein 123 erschlossene Quellen gibt es in der Hauptstadt Budapest. Aber auch die Orte an der „Westungarischen Bäderstraße“ können mithalten. Ausgerechnet in Pannonhalma auf dem Martinsberg, dem größten und bedeutendsten Kloster des Landes, wurde keine einzige Heilquelle entdeckt. Doch ein Rundgang gehört zum Pflichtprogramm. Denn das im Jahr 996 von Großfürst Géza gegründete Kloster ist eine Art ungarische Seelenlandschaft. Hier wird einer der größten Schätze des Landes aufbewahrt – der Krönungsmantel von König Stephan I.

Der Weg zu den heißen Quellen führt durch eine fruchtbare Tiefebene, vorbei an blühenden Gärten und Streuobstwiesen. Das kleine, aber feine Sárvár prunkt mit einer alten ungarischen Wasserburg, Kuranlagen und Spitzenhotels, in denen das Baden im warmen Thermalwasser zur Kulthandlung erhoben wird. In dieser Gegend reiht sich wie auf einer Perlenschnur ein schmucker Kurort an den nächsten. Auf das quirlige Bük folgt Miscolc, das neben einer Burg ein Höhlenbad aufweist. Hier badet der Gast unterirdisch und schwimmt gemächlich durch geheimnisvoll ausgeleuchtete Gänge.

Den Höhepunkt der Reise bildet Héviz mit seinem auf der Welt einmaligen Thermalsee – „Ungarns heißem Wasserwunder!“ Die leicht gekräuselte Oberfläche des Sees schimmert silbern zwischen üppigem Grün. Die schönste Badewanne der Welt, an den Rändern gesäumt von Seerosen und Lotusblüten, misst fast 50000 Quadratmeter. Das warme, leicht radioaktive, alkalische Wasser enthält neben Kalziumsalzen auch Schwefel und Hydrogenkarbonat. Alles Substanzen, die erheblich zur Linderung von Gelenkschmerzen, rheumatischen Erkrankungen, Stoffwechselbeschwerden und einer Reihe anderer Leiden beitragen. Aber auch gesunde Menschen genießen die Badekur in diesem Gewässer, das im Sommer Temperaturen zwischen 32 und 35 Grad Celsius erreicht und sich innerhalb von 48 Stunden vollständig austauscht.

Während der Sommermonate herrscht ein buntes Treiben auf dem See. In allen Farben des Regenbogens leuchten die Schwimmreifen, mit denen die Badegäste sich ins Wasser begeben. Denn auf dem Heilsee von Héviz schwimmt man nicht, sondern treibt genüsslich dahin, das Gesicht der Sonne entgegen gereckt. Da ertönt so manch seliger Seufzer, und gelegentlich kommentieren junge Leute das Badeerlebnis mit einem flapsigen: „Muss das erst schön sein, wenn man Rheuma hat.“

„Der Winter ist die Saison für wahre Genießer“, schwärmt ein Badearzt. „Die meisten Touristen sind abgereist, und der See gehört den Gästen, die auch in der kalten Jahreszeit hier kuren.“ Eine traumhafte Vorstellung, in diesem wohltemperierten Nass zu baden, weil sich selbst im tiefsten Winter die Temperaturen konstant bei 25 bis 27 Grad halten. Wenn der erste Schnee fällt, streift der Blick über die wie mit Puderzucker bestreuten sanften Hügel an den Ufern.

Der Heilsee, gelegen in einem Tal am Südwestrand des Plattensees, war bereits den Römern der Antike bekannt. Sie kurierten Leiden und in zahllosen Schlachten erworbene Blessuren in den heißen Quellen ihrer Provinz Pannonia. Ende des 18. Jahrhunderts wurde das erste Badehaus am Seeufer erbaut. Das Ensemble anmutiger Badehäuser, allesamt aus Holz mit spitzen roten Türmen, erinnert an k.u.k. Zeiten, als die Habsburger noch über Land und Leute herrschten. „Ich muss Sie leider enttäuschen. Die stets auf ihre Gesundheit und Schönheit bedachte Kaiserin Sisi war nie hier, so sehr sie Ungarn und seine Menschen auch liebte“, erzählt eine Alteingesessene, die jeden Tag im See badet und im Winter die beheizten Kabinen in den Badehäusern schätzt. Die wurden unlängst entkernt, von Grund auf saniert und mit mo­dernstem Mobiliar ausgestattet.

Héviz (zu deutsch „heißes Wasser“), ein Städtchen mit 4500 Seelen, hat sich im Laufe der letzten Jahre zu einem Kurort mit Boutiquen, hübschen Cafés und Restaurants gemausert. Angesagt sind die erstklassigen Hotels mit integrierter Badeabteilung und unterschiedlich temperierten Thermalbecken. „Unser Wasser ist einmalig und lockt auch die Jugend an.“ Badearzt Dr. Hórvarth weist stolz auf die vielen jungen Leute, die sich in den Fluten aalen, und setzt gleich noch eines drauf: „Es heilt selbst gebrochene Herzen.“ Mehr geht wirklich nicht.

Doch was wäre ein Kurlaub ohne gelegentlichen Tapetenwechsel. Nur einen Steinwurf von Héviz entfernt liegt der Plattensee. Auf diesem 592 Quadratkilometer großen Binnenmeer kann man tagelang herumschippern, ohne sich zu langweilen. Etwas landeinwärts befindet sich eine Reihe romantischer Weinorte. In Badacsony – spricht sich Badascheu – gibt es ein Weinmuseum, das unbedingt besucht werden sollte.

Und keiner sollte das Juwel der Region auslassen – die vom Stammschloss der ungarischen Adelsfamilie Festetics beherrschte zauberhafte Barockstadt Kesthell [Keszthely]. Da Besichtigungen bekanntlich durstig machen, gehört die Einkehr in eine urige Schänke unbedingt ins Programm. Sehr zu empfehlen ist ein Glas vom spritzigen Weißen, der in den hiesigen Weingärten wächst. Egészégére – sehr zum Wohl! Uta Buhr


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