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07.07.12 / Die Hanse selbst entdecken / Ostpreußisches Landesmuseum in Lüneburg erweitert seinen Schwerpunkt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-12 vom 07. Juli 2012

Die Hanse selbst entdecken
Ostpreußisches Landesmuseum in Lüneburg erweitert seinen Schwerpunkt

Sechs Jahrhunderte, nachdem der Hansetag erstmals in der Stadt stattgefunden hatte, richtete Lüneburg vom 28. Juni bis 1. Juli den 32. „Internationalen Hansetag der Neuzeit“ aus. Das hat das dortige Ostpreußische Landesmuseum zum Anlass genommen, um sich in einer Ausstellung mit dem Titel „Vertraute Ferne“ der „Kommunikation und Mobiltät im Hanseraum“ zu widmen. Das erklärte Ziel der Ausstellungsmacher ist dabei weniger eine historische Überblicksdarstellung der „dudeschen hanse“ als vielmehr herauszuarbeiten, wie die für einen mittelalterlichen Reisenden gewaltigen Entfernungen zusammenschrumpften angesichts einer uns Heutigen überraschenden Dimension an Mobilität, Kommunikation und Kulturtransfer.

Hierzu wurden einmalige mittelalterliche Zeugnisse von über 40 Museen und Archiven aus sieben europäischen Ländern zusammengetragen, die erklären, wie die historischen Hansekaufleute trotz wochen-, teils monatelanger Reisen, ohne Internet und Telefon, reisen, handeln und kommunizieren konnten. Die mit rund 700 Jahren älteste erhaltene deutsche Elle, das wichtigste Längenmaß der Hanse, das allerdings nahezu in jeder Stadt unterschiedlich lang war, ist ebenso zu sehen wie die erste schriftliche Fixierung des Dortmunder Stadtrechts von 1250, als unter Beteiligung von Dortmunder Bürgern die Stadt Memel gegründet wurde und ein Stadtrecht benötigte. Das für den Lüneburger Rat angefertigte Prunkkissen aus dem Jahr 1576 wird ebenso gezeigt wie der Schwurblock, auf dem Lüneburger Neu-Bürger ihren Bürgereid schwören mussten. Von dem Versuch, in Lüneburg schon im Mittelalter eine Universität zu gründen, zeugen die beiden für eine solche Gründung erteilten prachtvollen Genehmigungen von Papst und Kaiser aus den Jahren 1479 beziehungsweise 1471. Fast ein halbes Jahrhundert vor der Übersetzung durch Martin Luther existierte bereits eine wunderschöne Bibel in niederdeutscher Sprache. Sie ist ebenfalls im Ostpreußischen Landesmuseum ausgestellt. Mit Hilfe eines Exemplars eines Seebuchs und eines prachtvollen sogenanntes Itinerars, einer Beschreibungen für Reisen über Land, werden die Gäste darüber aufgeklärt, wie damals ohne Kompass und GPS navigiert wurde. Für den ostpreußischen Museumsbesucher von besonderem Interesse sind zwei Urkunden des Deutschen Ordens von 1475/77 aus dem Besitz des Lübecker Staatsarchivs, mit denen der Lübecker Rat die Zahlungen hoher Summen für Rohbernstein versichert, eine 1525 gedruckte Predigt, die der samländische Bischof Georg von Polenz Weih­nachten 1524 im Königsberger Dom gehalten hat und in der mit der Kritik an vielen katholischen Praktiken die Reformation vorbereitet wurde, sowie schließlich Martin Luthers kleiner Katechismus deutsch–prußisch von 1561 aus Berlin, welcher als das bedeutendste Dokument prußischer Sprache gilt. Letztgenanntes Ausstellungsstück stellt insofern eine Ausnahme dar, als es nur bis zum 31. August im Landesmuseum zu sehen sein wird, während die Ausstellung noch bis zum 14. Ok-tober läuft.

In sechs Themenbereichen wird beleuchtet, wie die hansischen Kaufleute bei oft wochenlangen Reise- und Transportzeiten ein funktionierendes Handels- und Kommunikationsnetz knüpfen konnten. Viele geografisch weit entfernte Hansestädte standen dem mittelalterlichen Reisenden durch die gemeinsame niederdeutsche Sprache, die Architektur der Backsteingotik oder durch die Verehrung derselben Heiligen kulturell näher als benachbarte Städte etwa im weiter südlich liegenden deutschsprachigen Raum. Bewusst werden aber auch gängige Klischees über die Hansezeit aufgegriffen und hinterfragt.

Der Rundgang führt ein in die räumliche Ferne der Hanse, ihre kulturelle Nähe, sie thematisiert den Transport der Handelsgüter und stellt Orte der Kommunikation wie auch die Mobilität der Menschen im hansischen Raum gegenüber. Im Ausklang wird angesprochen, wie vielfältig die Hanse bis heute ein Nachleben führen konnte.

Hierzu werden neben den bereits genannten noch diverse andere einzigartige Originale des Mittelalters und der Frühen Neuzeit präsentiert. Urkunden, Briefe und Bücher aus den Archiven zahlreicher Hansestädte verzaubern ebenso wie die vielen archäologischen Funde, die Auskunft geben über die Alltagskultur vom belgischen Brügge bis ins estnische Reval [Tallinn]. Wertvolle Kunstwerke, aber auch Mitmach- und modernste Multimediastationen versprechen neben kulturhistorischen Höhepunkten Spaß für die ganze Familie.

Gezielt nutzt das Ostpreußische Landesmuseum diese Ausstellung zum Thema Hanse, um die geplante Schwerpunkterweiterung über Ostpreußen hinaus zu kommunizieren, wird sie doch nach der geplanten Erweiterung um eine deutschbaltische Abteilung nahezu den gesamten nordöstlichen Ostseeraum abdecken – so wie in deren besten Tagen die Hanse.  PAZ

Nähere Informationen erteilt das Ostpreußische Landesmuseum, Ritterstraße 10, 21335 Lüneburg, Telefon (04131) 7599512, Fax (04131) 7599511, E.Mail: info@ol-lg.de


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