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14.07.12 / Seehofer pokert hoch / CSU-Chef macht sich zum Anwalt deutscher Interessen – er wird liefern müssen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-12 vom 14. Juli 2012

Seehofer pokert hoch
CSU-Chef macht sich zum Anwalt deutscher Interessen – er wird liefern müssen

Der bayerische Ministerpräsident besteht auf „roten Linien“ bei der Euro-Rettung. Damit hat er sich weit vorgewagt.

Horst Seehofer pokert hoch: Wenn die von ihm gezogenen Linien bei der Euro-Rettung überschritten würden, will der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident die Koalitionsfrage stellen. Seine Grenzen seien klar: Keine Anhebung der deutschen Haftungsobergrenze, Garantien und Zahlungen nur bei Reformen als Gegenleistung, Hilfen an Banken nur unter Auflagen.

Was Seehofer antreibt, kann in Umfragen nachgelesen werden. Kommenden Herbst wählen die Bayern einen neuen Landtag. Derzeit liegt die CSU bei 43, der Koalitionspartner FDP gar nur bei zwei Prozent. Erstmals seit Jahrzehnten droht den Christsozialen die Oppositionsrolle im Freistaat. Eine Horrorvision für die machtgewohnte Partei. Aus Umfragen weiß Horst Seehofer auch, dass es nach den Anhängern der FDP die Wähler der Union sind, die den bodenlos erscheinenden Euro-Bemühungen besonders skeptisch gegenüberstehen. Denen muss er etwas bieten.

Fraglich bleibt, wie viel die gezogenen Linien in der Praxis wert sind: Haftungsobergrenzen? Seehofer kritisiert zwar die jüngsten Brüsseler Gipfelbeschlüsse, unterstützt aber nach wie vor den „dauerhaften Rettungsschirm“ ESM. Doch genau der ist so verfasst, dass eine Erhöhung der deutschen Haftungssumme sehr wohl möglich ist. Die „Reformen als Gegenleistung“ werden gerade systematisch aufgeweicht, dem politischen Bedarf und der Stimmung in den Krisenländern angepasst. Hier müsste Seehofer schon konkreter werden, um wirklich glaubwürdig zu erscheinen. Das Gleiche gilt für die „Auflagen“ bei Bankenhilfen.

Politisch entscheidend aber ist nicht, was Seehofer genau gesagt hat, sondern die öffentliche Wahrnehmung. Und hier macht sich der CSU-Chef zum Wächter deutscher Interessen gegen Ausplünderung. Schon bald könnte er in die Lage kommen, dass alle Augen auf ihn gerichtet sind und er liefern muss. Dann wird es spannend, denn sollte er dann versuchen, sich in Hintertürchen zu flüchten, würde sich die zur Schau gestellte Schneidigkeit brutal gegen ihn selbst richten.

Seehofers Offensive ist Ausdruck tiefer Verunsicherung. Wie weit die in der CSU mittlerweile geht, zeigt ein neues Buch aus der Feder des langjährigen Chefredakteurs des Parteiorgans „Bayernkurier“, Wilfried Scharnagl. „Bayern kann es auch allein“ lautet der demnächst erscheinende Titel des CSU-Vordenkers und früheren Vertrauten von Franz Josef Strauß. Darin plädiert Scharnagl für einen eigenständigen bayerischen Staat, damit Bayern nicht weiter für Deutschland und Europa zahlen müsse. Die CSU-Führung nimmt das Buch mit einem Vorwort von Peter Gauweiler „wohlwollend“ auf, heißt es. Eine bittere Ironie: Statt Europa zu vereinen, lässt der Euro nun Phantasien sprießen, wie man Deutschland (wieder) spalten kann.            Hans Heckel


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