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14.07.12 / Sanktionierter Patentraub / Indien zwingt westliche Firmen zur Preisgabe von Lizenzen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-12 vom 14. Juli 2012

Sanktionierter Patentraub
Indien zwingt westliche Firmen zur Preisgabe von Lizenzen

Wir sind in Indien faktisch enteignet worden“ – dem bitteren Fazit, das ein deutscher Maschinenbauer bereits im Jahr 2010 ziehen muss­te, werden sich bald noch mehr westliche Unternehmen anschließen. Geht es um das Thema Patentraub, dann steht meist China im Fokus. Weniger beachtet, greift allerdings in Indien eine Praxis um sich, bei der geistiges Eigentum ausländischer Unternehmen sogar mit der Hilfe von Regierung und Justiz von indischen Firmen übernommen wird. Jüngstes Beispiel dafür ist ein nun vorgestellter Regierungsplan: 1,2 Milliarden Inder sollen künftig kostenlos nachgeahmte Medikamente, sogenannte Generika, zur Verfügung gestellt bekommen. Während die Verschreibung von Originalmedikamenten künftig unter Strafe gestellt wird, sollen Ärzte nur noch eine von der Regierung ausgegebene Liste mit kostengünstigen Generika für Verschreibungen nutzen dürfen.

Möglich wird dies erst dadurch, dass westliche Pharmafirmen ungefragt sogenannte Zwangslizenzen für die Medikamente bereitstellen müssen. Bereits im März war das deutsche Unternehmen Bayer von einer ähnlich umstrittenen Entscheidung betroffen: Acht Jahre vor Ablauf der Patentschutzfrist wurde der Pharmahersteller gezwungen, eine Zwangslizenz für ein Krebsmittel einzuräumen. Bayer musste einem indischen Konkurrenten die Rezeptur des Medikaments zur Verfügung stellen, der das Präparat nun für den indischen Markt herstellt. Der deutsche Hersteller erhält nur einen geringen Betrag für jedes verkaufte Präparat. Nutznießer derartiger Regelungen sind indische Generikahersteller, welche die staatlich sanktionierten Nachahmerprodukte nicht nur im eigenen Land vertreiben, sondern zum Teil sogar exportieren. Die indischen Pharmakonzerne sparen so eigene Entwicklungskosten und werden mit dem legalisierten Technologieraub langfristig zu international konkurrenzfähigen Konzernen herangezogen. Die offizielle Begründung für die Praxis der Zwangslizenzen lautet: „nationales Interesse“.

Tatsächlich ist die Pharmabranche nur die Speerspitze einer Entwicklung. Was westlichen Firmen in Indien drohen kann, macht der Fall des norddeutschen Windanlagenbauers Enercon deutlich. Im Jahr 2010 erklärte Indiens Patentgericht zwölf Patente des Unternehmens „mangels Innovation“ für unwirksam, die Gültigkeit weiterer sieben Patente wurde angezweifelt. In der Praxis kam das Urteil einer Enteignung gleich, es war eine Einladung an indische Konkurrenten des Unternehmens zum ungestraften Nachbau. Im Verlauf des Gerichtsverfahrens fiel wieder der Satz, Indiens „nationales Interesse“ wiege höher als die Rechte eines Unternehmens an seiner Technologie. Das Resultat der Gerichtsentscheidung: Tausende baugleiche Windräder wurden inzwischen nach den deutschen Bauplänen durch indische Konkurrenten in Indien aufgestellt. Das deutsche Unternehmen, das bereits seit 1994 in Indien aktiv war, wurde auf dem weltweit drittwichtigsten Markt für Windkraftanlagen regelrecht enteignet.       N.H.


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