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14.07.12 / Der Drache und die Fee / Eindrucksvolle Porträts der Kaiserinnen Augusta und Auguste Victoria

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-12 vom 14. Juli 2012

Der Drache und die Fee
Eindrucksvolle Porträts der Kaiserinnen Augusta und Auguste Victoria

Bismarck sprach von der „alten Fregatte“, wenn er Kaiserin Augusta (1811–1890), die Gattin Wilhelms I., charakterisieren wollte. Der Ehefrau ihres Enkels Wilhelm II., Kaiserin Auguste Victoria (1858–1921), erging es kaum besser, sie war in den Augen des Reichskanzlers eine „holsteinische Kuh“. Der Unterschied bestand allerdings darin, dass letzteres nur verächtlich war, während das Verhältnis des Kanzlers zu Augusta gern unter der Überschrift „Feinde fürs Leben“ präsentiert wird.

Dies geschieht auch in der Augusta-Biografie von Karin Feuerstein-Praßer. Die Autorin erweitert mit „Augusta. Kaiserin und Preußin“ ihr bereits in dem Buch „Die deutschen Kaiserinnen 1871 bis 1918“ enthaltenes Porträt hier deutlich. Souverän und gut lesbar erzählt sie vom meist wenig glück-lichen Leben der Kaiserin und bindet dieses zugleich in die großen Linien der deutschen Geschichte des 19. Jahrhunderts ein. Augusta, geboren als Prinzessin von Sachsen-Weimar-Eisenach, wuchs am „Musenhof“ ihres Großvaters Carl August auf, Goethe war quasi ein Familienmitglied. Eine große Liebe verband sie mit Wilhelm I. nicht, die Ehe wurde auf Wunsch der Eltern geschlossen, in späteren Jahren galt sie als vollständig zerrüttet. Augusta war unnahbar und betrachtete Berlin als ihr „Fegefeuer“. Wohlgefühlt hat sie sich wohl nur in Koblenz, als ihr Mann, damals Kronprinz, in den 1850er Jahren Generalgouverneur der Rheinprovinz war. Es war zugleich die einzige Zeit, in der sie sich einiger Beliebtheit erfreute, zumindest bei der dortigen Bevölkerung. Sie war vergleichsweise liberal, den Katholiken stand sie offen gegenüber, kriegerische Auseinandersetzungen verabscheute sie. In der Hauptstadt galt sie jedoch vielen bis zum Schluss, auch wegen ihrer Vorliebe für Koblenz, als der „Drache vom Rhein“. Später söhnte sich Augusta mit Bismarck aus. Ihre karitative Tätigkeit, etwa durch den von ihr begründeten „Vaterländischen Frauenverein“, wurde zwar anerkannt, aber eine allseits beliebte „Landesmutter“ war sie nie.

Ganz im Gegensatz zu ihrer fast unmittelbaren Nachfolgerin Auguste Victoria, wie Angelika Obert, Leiterin des evangelischen Rundfunkdienstes Berlin, in ihrem Lebensbild „Auguste Victoria. Wie die Provinzprinzessin zur Kaiserin der Herzen wurde“ über die letzte deutsche Kaiserin darlegt. Politisch hielt sich Auguste Victoria meist zurück, sie stand bedingungslos hinter ihrem Mann.  Auch als sie sich im Ersten Weltkrieg zugunsten von Hindenburg einsetzte, verstand sie dies als Unterstützung Wilhelms II. Ausführlich schildert Obert, wie sich die Kaiserin vor allem mittels des von ihr gegründeten „Evangelisch-Kirchlichen Hilfsvereins“ einer Vielzahl von sozialen Notständen annahm. Der von ihr ebenfalls initiierte „Kirchenbauverein“ und die daraus resultierenden Neubauten trugen ihr den Spitznamen „Kirchenguste“ ein.

Menschen zu helfen, war ihr ein echtes Anliegen. Als „gute Fee“ erschien sie gern selbst inkognito bei Bedürftigen. Die vorsorgende Kinderheilkunde in Deutschland geht auf eine ihrer Initiativen zurück. Vielleicht hätte die Autorin die tiefe, wenn auch theologisch nicht allzu stark reflektierte Frömmigkeit Auguste Victorias als Motivation für ihre Tätigkeit stärker herausarbeiten können. Die von überholten Klischees geprägten Urteile über Wilhelm II. mindern zuweilen die Lesefreude des Buches.

Im Gegensatz zum Ableben Kaiserin Augustas wurde der Tod Auguste Victorias im April 1921 wirklich betrauert. Im mittlerweile republikanischen Deutschland waren 200000 Menschen auf den Beinen, um Abschied zu nehmen, sogar ein Kranz der Potsdamer SPD wurde bei der Beisetzung gesichtet.               Erik Lommatzsch

Karin Feuerstein-Praßer: „Augusta. Kaiserin und Preußin“, Piper, München 2011, broschiert, 320 Seiten, 9,95 Euro; Angelika Obert: „Auguste Victoria. Wie die Provinzprinzessin zur Kaiserin der Herzen wurde“, Wichern-Verlag, Berlin 2011, geb., 143 Seiten, 14,95 Euro


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