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14.07.12 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-12 vom 14. Juli 2012

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Frisierter Hohlkörper / Warum wir die V-Leute zu Unrecht schelten, wieso wir uns so gern ablenken lassen, und wie uns Rumänien die Zukunft zeigt

Nun kriegen’s die Jungs vom Verfassungsschutz aber richtig dicke. Alle dreschen auf sie ein. Immer wieder im Mittelpunkt steht die Spezies „V-Mann“, also die nebenamtlichen Spitzel im trüben Milieu. Der Skandal: Jede Menge von diesen Typen hat Geld vom Staat kassiert und gleichzeitig ordentlich auf die braune Tube gedrückt wie der Chef des „Thüringer Heimatschutzes“ Tino Brandt.  Der „Heimatschutz“ war der ideologische Brutkasten für das „Zwickauer Trio“.

Kann denn das angehen, dass die unsere Steuergroschen an Leute verplempern, die damit Staatsfeinde produzieren, auf die dann später mit noch mehr Steuergeld aufgepasst werden muss? Die Antwort ist verblüffend einfach: Ja, und es muss sogar, denn die V-Mann-Branche folgt wie alle anderen Wirtschaftssparten den simplen Gesetzen der Betriebswirtschaft.

Wie sieht er denn aus, der gemeine V-Mann? Meist sind es prekäre Existenzen, Schule hat mal so eben geklappt, der Eintritt ins Berufsleben wurde irgendwie verstolpert, Frust baut sich auf und fällt bei den braunen Kameraden auf fruchtbaren Boden. Nur Geld gibt’s da auch keins zu holen, weshalb man sich Gedanken machen muss, wie sich das karge Hartz-IV-Salär anderweitig aufbessern lässt. V-Mann zu werden liegt da nahe.

Stellen Sie sich vor, Sie sind der V-Mann bei der „Kameradschaft Adolf und Eva“, jeden Monat  geht’s zum Gespräch beim V-Mann-Führer, der ihnen ein paar hübsche Scheinchen rüberreicht. Tino Brandt brachte es auf zusammen 200000 Mark, wofür man in den 90ern in etwa so viel bekam wie heute für 200000 Euro. Schönes, bequemes Leben: Hier ein bisschen rumkrakeelen, dort ein wenig singen und immer schön ausschlafen – wunderbar!

Doch nun geschieht etwas Schreckliches: Ihre Kameraden von „Adolf und Eva“ haben die Memoiren von Andrea Nahles gelesen, sind davon restlos entflammt und wollen als „Aussteiger“ künftig bei der Verdi-Jugend „gegen rechts“ mitmarschieren! Das bedeutet: Ihre wirtschaftliche Existenz als V-Mann ist akut bedroht, und Sie müssten wieder Pfanddosen sammeln in der Säuferecke am Hauptbahnhof, da, wo die ganz harten Alkis abhängen, die nicht mal mehr das mit dem Dosenwegbringen ge­backen kriegen. Igitt!

Um das zu verhindern, gibt es nur zwei Wege: Entweder Sie holen Ihre wankenden Kameraden zurück ins Boot des Nationalsozialismus, oder Sie schwärmen aus, um ahnungslose 16-Jährige von den Vorzügen der braunen Idee zu überzeugen und bauen mit denen den Laden wieder auf. So fabrizieren Sie also „Nazis“ mit dem Geld des Staates.

Der V-Mann teilt das paradoxe Schicksal vieler Berufstätiger, die sich mit der Bearbeitung eines bestimmten Problems befassen. Verschwindet das Problem, haben sie selber eines, und zwar ein existenzielles. Also sind sie selbst daran interessiert, nie vollständig Erfolg zu haben.

Wir können uns sicher sein, dass wir nie eine Frauenbeauftragte erleben werden, die verkündet, dass es in ihrer Gemeinde keine gravierende Frauendiskriminierung mehr gibt, weshalb man ihre Stelle streichen könne. Sie wird weiter und weiter gegen die „alltägliche Benachteiligung von Frauen in allen Lebensbereichen“ zetern, selbst wenn sich unter den 20000 Einwohnern ihres Arbeitsgebiets nur noch 20 Männer finden, die elektronische Fußfesseln tragen müssen und nachts zentral interniert werden.

Ebenso weiß ein schlauer V-Mann, dass er ohne vitales Nazi-Problem harten Zeiten entgegen geht. Also wird er dafür sorgen, dass er seine Beobachtungsobjekte bei der braunen Stange hält und womöglich noch welche hinzu rekrutiert.

Allerdings wäre es ungerecht, der V-Mann-Branche vorzuwerfen, sie lebe wie ein Haufen Parasiten von unseren Steuergeldern und richte damit auch noch Schaden an. Eine gut geölte Nazi-Szene kann dem Staat durchaus nützlich sein. Schließlich werden dort regelmäßig Skandale hervorgebracht, welche die Aufmerksamkeit des Publikums ablenken können von Sachen, die die Menschen gar nicht so genau sehen sollen.

Die Methode der gezielten Ablenkung funktioniert auch auf EU-Ebene. Monatelang hat sich das gesamte etablierte Europa auf die finsteren Ungarn eingeschossen, weil dort eine Mitte-Rechts-Regierung, die den EU-Partnern nicht passt, das Kommando hat. Man konnte den Eindruck gewinnen, dass in Budapest eine faschistische Diktatur im Werden ist. Wir waren alle sehr besorgt.

Mit dieser tiefen Sorge hat man  uns derart beschäftigt, dass wir gar keine Zeit mehr hatten, einen Blick auf Ungarns Nachbarland Rumänien zu werfen. Dort nutzt der neue Ministerpräsident Victor Ponta den Windschatten des Ungarn-Getöses, um in aller Schnelle einen Staatsstreich zu organisieren. Ponta ist Chef der Sozialdemokraten. Die sind aus Nicolae Ceausescus Kommunisten hervorgegangen und genießen die feste Unterstützung der EU-Sozialdemokraten.

Der 39-Jährige hat nach seiner Machtübernahme Anfang Mai sofort angefangen aufzuräumen: Erst setzte er den Parlamentspräsidenten ab, dann beschnitt er die Befugnisse des Verfassungsgerichts drastisch und nun will er den konservativen Präsidenten Traian Basescu aus dem Weg räumen – alles mehr oder minder unter Bruch der Verfassung.

Abgesetzt ist auch der Leiter des Nationalarchivs, wo die Zeugnisse der kommunistischen Gewaltherrschaft verwahrt werden. Ebenso der Chef des staatlichen Fernsehens und der des Instituts für die Aufarbeitung der politischen Verbrechen von Pontas Partei vor 1989. Fort ist überdies der Ombudsmann, der die Bürger bei Beschwerden gegen Regierungsorgane vertreten hat. Ponta säubert wie ein kleiner Stalin, zum Glück nicht so blutig, dafür aber sehr viel flinker.

Martin Schulz, deutscher Sozialdemokrat und Präsident des EU-Parlaments, findet das alles ganz unproblematisch: „Soweit ich das sehe, ist das Vorgehen der Regierung Ponta legal.“ Benötigt er eine neue Brille? Ach, was soll das Gemaule: Legal, illegal – wen interessiert das noch? Rumänien ist Mitglied einer EU, in der man sich von solchem Klimperkram längst freigemacht hat, wo gesetzeskräftige Verträge gequetscht und gedehnt, gedreht und gebogen und manchmal auch ganz einfach gebrochen werden, wie es den Herrschenden gerade passt. Warum sollte Ponta seinen Bürgern also noch ein demokratisches Bullerbü vorgaukeln, wo auf der wichtigeren Ebene, der europäischen nämlich, der Putsch längst tägliche Praxis ist?

Statt ihn zu schelten, sollten wir dem Rumänen dafür danken, dass er uns wie kein anderer einen Blick darauf ermöglicht hat, wie die europäische Demokratie der Zukunft aussieht: Wo früher die demokratischen Instanzen und Regularien herrschten mit Gewaltenteilung und strikter Bindung an die Verfassung, da sehen wir demnächst einen sozialdemokratisch frisierten Hohlkörper, der sich auf dem Weg seiner „alternativlosen“ Politik von keinem Gesetz, keinem Vertrag und keiner Verfassung mehr nerven lässt.

Unangenehm ist nur, dass der Putsch in Bukarest so ganz offen und ungeschminkt vonstattengeht, weshalb sich mittlerweile Unmut breitmacht unter einigen EU-Partnern. Was dem Genossen Ponta da helfen könnte, wäre eine handfeste „Gefahr von rechts“, die „zügiges und entschlossenes Handeln ohne Tabus“ zwingend erforderlich macht. Wehe dem, der noch nach der „Verfassung“ kräht, wenn es um die Verhinderung eines neuen Faschismus geht.

Hier könnten wir Victor Ponta aushelfen. Wir müssten bloß ein paar Dutzend V-Leute mit der rumänischen Sprache vertraut machen und anschließend in den Straßen von Bukarest aussetzen. Keine sechs Monate später würde sich unser rumänischer Freund einer munteren Nazi-Szene erfreuen können, die ihm ganz andere Möglichkeiten zum Durchgreifen eröffnet.


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