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21.07.12 / »Geißel des Atlantiks« folgt »Tante Ju« / Die Focke-Wulf 200 »Condor« wurde als Passagiermaschine sowie als Transporter und Seefernaufklärer eingesetzt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-12 vom 21. Juli 2012

»Geißel des Atlantiks« folgt »Tante Ju«
Die Focke-Wulf 200 »Condor« wurde als Passagiermaschine sowie als Transporter und Seefernaufklärer eingesetzt

Die Focke-Wulf 200 „Condor“ gehört zu den bekanntesten deutschen Flugzeugentwürfen aus der Zeit des Dritten Reiches. Geplant und gebaut als Passagierflugzeug, wurde aus ihr erst ein militärischer Transporter, dann ein Seefernaufklärer.

Konstruiert hat die „Condor“ Kurt Tank, der seit 1931 das Konstruktionsbüro von Focke-Wulf in Bremen leitete. Von ihm stammt auch der Entwurf für die Focke-Wulf 190, einen der beiden Standardjäger der deutschen Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg. Wegen seiner Mitgliedschaft in der NSDAP und seiner Tätigkeit als Wehrwirtschaftsführer erhielt er nach dem Krieg Berufsverbot. Er arbeitete jedoch weiter als Flugzeugkonstrukteur, erst in Argentinien, danach in Indien.

Den Impuls für die Focke-Wulf 200 gab die Deutsche Lufthansa (DLH), die in der zweiten Hälfte der 30er Jahre nach einem Nachfolger für die Junkers Ju 52 suchte. Anfang Juli 1936 reichte Focke-Wulf seinen Entwurf beim Reichsluftfahrtministerium ein, und am 13. August 1936 einigten sich beide auf den Bau zweier Musterflugzeuge. Am 27. Juli 1937 startete die erste Focke-Wulf 200, Kennzeichen D-AERE, zum Erstflug. Im Cockpit saßen Kurt Tank und Werkspilot Hans Sander. Die dritte FW 200 wurde Adolf Hitlers persönliches Reiseflugzeug und bildete damit die erste einer ganzen Reihe FW 200 für die oberste Führung des Dritten Reiches.

Anfang 1938 begann die Streckenerprobung durch die Lufthansa. Kurt Tank nutzte diese Gelegenheit, um mit spektakulären Rekordflügen für sein neues Flugzeug zu werben. Beim Flug von Berlin nach Kairo am 27. Juni und dem Rückflug saß Tank selbst am Steuer. Eigentlich wollte er innerhalb von 24 Stunden hin und zurück fliegen, aber auf der Rückreise blieb er mit einem defekten Heckrad in Saloniki stehen. Den Auftrag für die A-Serie hatte die DLH bereits im April erteilt. Im Juli flog die nach ihrem Umbau als D-ACON registrierte erste „Condor“ nonstop von Berlin-Staaken nach New York und kehrte einige Tage später auf derselben Route zurück. Dabei war sie schneller als die großen Airliner konkurrierender Fluglinien.

Ein dritter Rekordflug führte im November von Berlin gen Osten. Die „Condor“ erreichte nach rund 46 Flugstunden Tokio am 30. November 1938 und hatte einen neuen Streckenweltrekord aufgestellt.

Das zeigte sich auch in den Auftragsbüchern. Nachdem die Lufthansa schon acht Maschinen geordert hatte, bestellte Japan nun fünf zivile „Condor“. Außerdem interessierte sich die japanische Marine für eine bewaffnete Aufklärungsversion, was zu ersten Studien für militärische FW 200 führte. Auf dem Rückflug sollte D-ACON auch in Batavia, dem heutigen Djakarta, Station machen, um das Flugzeug Vertretern der holländischen Fluglinie KLM vorzuführen. Aber die FW 200 musste wegen technischer Probleme vor Manila notwassern, und aus dem Exportauftrag für die Holländer wurde nichts.

In anderen Ländern war Focke-Wulf erfolgreicher. Die dänische Luftfahrtgesellschaft „Det Danske Luftfartselskab“ (DDL), Finnland und der brasilianische Lufthansa-Ableger „Syndicato Condor“ kauften jeweils zwei Maschinen.

Bereits vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges suchte die deutsche Luftwaffe einen Seeaufklärer. Aber da es keine geeigneten Flugzeuge gab, fiel die Wahl auf die Focke-Wulf 200. Im Norwegenfeldzug von 1940 dienten die „Condor“ dann als Transporter, aber auch bereits als Seeaufklärer. Die Keimzelle eines Seeaufklärer-Verbandes, die 1. Staffel des Kampfgeschwaders (KG) 40, war bereits im Herbst 1939 aufgestellt worden.

Dieser Verband sollte während des weiteren Krieges die Hauptlast der deutschen Seeaufklärung tragen. Nach der Eroberung Frankreichs ging eine Staffel des KG 40 bei Bordeaux in Stellung, eine zweite in Norwegen. Die Zahl der Maschinen war vorerst lächerlich gering – im August 1940 lagen in Bordeaux gerade mal neun Flugzeuge. Erst nach und nach erreichte das KG 40 seine volle Stärke.

Seine Maschinen des Typs FW 200 fügten der alliierten Schifffahrt empfindliche Verluste zu. Churchill nannte die „Focke Wolves“ auch die „Geißel des Atlantiks“. Sie führten nicht nur U-Boote zu ihren Zielen, sondern griffen Schiffe auch im Tiefflug an. Solange die Handelsschiffe unbewaffnet und sogar einzeln fuhren, waren diese Angriffe sehr erfolgreich. Aber die Alliierten schlugen zurück, schickten Langstreckenjäger auf die „Condor“-Flugrouten über der Biskaya, bombardierten ihre Basen, bewaffneten Handelsschiffe, und bald fuhren in den Konvois spezielle Flakschiffe und kleine Flugzeugträger mit.

Die „Condor“ litt an ihrer Leichtbauweise, was sich in Flug­unfällen bei Start und Landung oder beim Flug mit Überlast zeigte. Auch die immer umfangreichere Bewaffnung und Instrumentierung machte Probleme. Hatte das Flugzeug anfangs neben Bomben nur leichte Maschinengewehre getragen, waren die letzten Versionen mit 20-Millimeter-Kanonen, schweren MGs, Radar und Lenkwaffen ausgerüstet. Focke-Wulf baute von allen militärischen Varianten bis Anfang 1944 rund 260 Stück.

Trotz steigender Verluste flogen die „Condor“ immer weiter in den Nordatlantik und ins Nordmeer hinaus, mussten auch Patrouille über dem Mittelmeer fliegen. Außerdem wurden die Flugzeuge vermehrt als Transporter eingesetzt. Um die Jahreswende 1942/43 stellte das KG 40 18 Maschinen zur Versorgung der bei Stalingrad eingeschlossenen 6. Armee ab und verlor die Hälfte.

Bald konnten die FW 200 nur noch über dem Nordmeer einigermaßen effektiv operieren. Mitte 1944 mussten die Basen in Frankreich geräumt werden. Die „Condor“ des KG 40 sammelten sich in Celle, wo sie bis Kriegsende blieben. Die Aufklärer wurden zu Transportfliegern. Den Krieg überlebten rund zehn flugfähige deutsche Maschinen. Die Lufthansa hatte bis zum Schluss einige wenige FW 200 auf ihrem Streckennetz geflogen; zwei davon erlebten das Kriegsende. Die spanische Luftwaffe nutzte eine FW 200 C als Trainer noch bis 1947, und eine der beiden nach Brasilien gelieferten FW 200 A blieb bis Anfang der 50er Jahre im Einsatz.

So endet die Geschichte der Focke Wulf 200 „Condor“. Aber sie hat ein Postskriptum. Im Airbus-Werk in Bremen arbeiten Freiwillige an der Restaurierung einer aus einem norwegischen Fjord geborgenen Maschine. Vielleicht ist in einigen Jahren wieder ein(e) leibhaftige(r) „Condor“ zu sehen. Friedrich List


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