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21.07.12 / Untergang vor Publikum / Vor 80 Jahren kenterte die »Niobe« im Fehmarnbelt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-12 vom 21. Juli 2012

Untergang vor Publikum
Vor 80 Jahren kenterte die »Niobe« im Fehmarnbelt

Viele Fehmaraner zog es am 26. Juli 1932 zur Nordküste der Insel, um das damals weltgrößte Verkehrsflugschiff Dornier Do X zu bewundern, das auf seinem Deutschlandflug an der Küste Fehmarns entlang flog. Anschließend wurden sie jedoch unfreiwillig Augenzeugen einer Tragödie. Das Segelschulschiff der Reichsmarine „Niobe“ war auf einer Ausbildungsfahrt von Kiel in Richtung Swinemünde und fuhr unter vollen Segeln durch den Fehmarnbelt. Getroffen von einer plötzlichen Windböe geriet die „Niobe“ in Schräglage und kenterte innerhalb weniger Minuten.

Die „Niobe“ hatte bereits eine sehr wechselhafte Geschichte hinter sich, als sie als Segelschulschiff zur Reichsmarine kam. Sie lief 1913 als „Morten Jensen“ in Dänemark als Viermastgaffelschoner vom Stapel, wurde 1916 nach Norwegen verkauft und segelte als „Tyholm“ mit Grubenholz nach England, als sie vom deutschen U-Boot UB 41 aufgebracht wurde. Unter dem Namen „Aldebaran“ wurde sie als Feuerschiff eingesetzt und kam dann 1921 als „Niobe“ zur Reichsmarine. Der erste Kommandant war der bekannte Kapitänleutnant Felix Graf von Luckner. Nach einer Verwendung als Charterschiff für eine Filmgesellschaft unter dem Namen „Schwalbe“ wurde die „Niobe“ 1923 wieder von der Reichsmarine übernommen und als dreimastige Jackass-Bark umgebaut. Durch die unterschiedliche Verwendung von Rah- und Schratsegeln konnte dieser Schiffstyp besser wenden und schräger gegen den Wind fahren, galt allerdings auch als schwerer zu handhaben.

Gegen 14 Uhr segelte die „Niobe“ durch den Fehmarnbelt in Sichtweite des Feuerschiffs und des Frachters „Theresia Ruß“, es waren frische und böige Südwestwinde vorhergesagt. Auch die Kadetten an Bord hielten Ausschau nach dem riesigen Flugboot Do X. Vom Feuerschiff aus sah dessen Besatzung, wie die „Niobe“ plötzlich durch die Gewalt einer Fallböe niedergedrückt wurde. Aus dieser Schräge konnte das Schiff nicht mehr gesteuert werden, es kenterte. Durch die wegen der Hitze offenen Oberlichter und Bullaugen drang sofort Wasser ein, die „Niobe“ sank innerhalb von wenigen Minuten. Trotz der Nähe der anderen Schiffe, die sofort Rettungsboote aussetzten, konnten nur 40 der 109 Menschen an Bord gerettet werden. Da das Schiff so schnell mit Wasser voll lief, ertranken viele im Schiffsbauch.

Später wurde das Wrack gehoben, und die Toten wurden von Bord geholt. 19 Seeleute blieben auf See verschollen. Die Überreste des Schiffs wurden weiter östlich geschleppt und dort im September 1933 im Beisein eines Großteils der Reichsmarineflotte mit einem Torpedo vor der Stolpe-Bank versenkt. Das Kriegsgericht der Marine sprach den Kommandanten Kapitänleutnant Heinrich Ruhfus von der Verantwortung frei. Das Unglück wurde als höhere Gewalt durch ein Zusammentreffen der Wetterbedingungen, der überdimensionierten Segel des Schiffs und der offenen Luken angesehen.

Noch heute erinnert auf Fehmarn in Sichtweite der Unglücksstelle das Niobe-Denkmal an den Untergang, und am Jahrestag wird dort feierlich ein Kranz niedergelegt. Britta Heitmann


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