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21.07.12 / Wenn Altes neu erstrahlt / Berliner Bankier haucht einem Erbstück Friedrichs des Großen wieder Leben ein

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-12 vom 21. Juli 2012

Wenn Altes neu erstrahlt
Berliner Bankier haucht einem Erbstück Friedrichs des Großen wieder Leben ein

Am 25. und 26 August steht die Wegelystraße 1 in Berlin anlässlich des Hoffestes der Königlichen Porzellan-Manufaktur (KPM) ganz im Zeichen der Kartoffel, deren Verbreitung in Preußen auf eine Initiative König Friedrichs des Großen zurückgeht. Doch KPM ist auch sonst einen Besuch wert.

„Und welche Ihrer vielen Fragen darf ich Ihnen zuerst beantworten?“ Freundlich lächelnd erhebt sich die Mitarbeiterin der KPM von ihrem Arbeitsplatz und kommt den Besuchern ein Stück entgegen, um sie dann mit einer einladenden Handbewegung an ihre Werkbank zu führen. „Wie sie hier sehen, besteht selbst die kleine Figur von Friedrich dem Großen aus mehreren Einzelteilen. Die berühmte Prinzessinnengruppe, welche die spätere Königin Luise mit ihrer Schwester Frederike zeigt und an der Sie gerade in der Ausstellungshalle vorbeigegangen sind, besteht sogar aus über 90 Teilen, die dann nachträglich zusammengesetzt werden, da jedes der Einzelteile unterschiedlich lange geschrüht, das heißt gebrannt, werden muss. Durch die unterschiedliche Dicke der einzelnen Elemente haben sie unterschiedliche Brennzeiten“, beendet sie ihren kleinen Exkurs in die Entstehung der ausgestellten Porzellanfiguren. Dann schaut die KPM-Mitarbeiterin ihre Besucher abwartend an und als dann die ersten Fragen gestellt werden, beschreibt sie leicht verständlich und bildhaft, wie Porzellan la­ckiert und gebrannt wird, wie die verschiedenen Dekore von KPM entstehen und was die jeweilige Besonderheit ist.

Der Besucher, der die kleine Schauwerkstatt erreicht hat, hat zu diesem Zeitpunkt schon die Hälfte des Rundganges durch die große Ausstellungshalle absolviert. Selbst jene, die sich absolut nicht für Porzellan interessieren, geraten hier ins Staunen über die Leistung, die der Bankier Jörg Woltmann bei KPM vollbracht hat: Er lässt die angestaubte Marke KPM in einem Glanz erstrahlen, der Historie und Design verbindet. 2006 hatte Woltmann das angeschlagene Unternehmen vor der Insolvenz gerettet und war damit in die Fußstapfen von Friedrich dem Großen getreten, der 1763 die Manufaktur ebenfalls vor der Pleite gerettet und sie fortan zum Porzellan-Lieferanten für den preußischen Hof gemacht hatte. Als der Preußenkönig Breslau nach Berlin und Potsdam zur dritten Residenzstadt machte, ließ er sich von KPM ein eigenes Porzellan kreieren, das heute in einem nachgestellten Festsaal bei KPM in Berlin die Tafel schmückt.

Zwar überlebte KPM die Monarchie in Deutschland und erlebte sogar in den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts neue HochZeiten, als Porzellan-Gestalter wie Trude Petri die Marke auch für die Oberschicht und gehobene Mittelschicht mit zeitgemäßen Design interessant werden ließen, doch nach dem Zweiten Weltkrieg begann der Abstieg des seit 1918 Berlin gehörenden Unternehmens. Zwar hat Woltmann noch keine neue Produkt-Linie entwerfen lassen, die eine durchschlagende Wirkung hat wie einst die Petris, doch er lässt das Vorhandene seit 2007 in der KPM-Welt in neuem Kontext glamourös erstrahlen.

Im KPM-Quartier in Berlin-Tiergarten, dem Produktionsstandort, wird auch das historische Gebäude in die Präsentation des Produktes und der Unternehmensgeschichte mit eingebunden. Die Porzellane werden thematisch-künstlerisch in Szenen dargeboten, sind geschickt farblich beleuchtet und mit Informationstafeln versehen. All dies ist optisch höchst ansprechend und geschmackvoll. Und spätestens wenn kurz vor der Schauwerkstatt darüber informiert wird, dass KPM für die Automarke Bugatti zahlreiche Elemente liefert, die auch ausgestellt sind, beginnen auch Männerherzen zu schmelzen. Hinter der Schauwerkstatt dann im Keller weitere Informationen zu den für die Marke prägendsten Porzellan-Gestaltern und ein Blick in einen Raum mit Gipsformen, die Tassen, Teller und Terrinen in die gewünschte Form bringen.

Zurück in der Halle dann der zweite Teil des Rundganges, in dem Informationen zum Porzellan allgemein und zu KPM speziell geliefert werden. Oben dann schwebt sozusagen der Verkaufsbereich, der einem bunt schillernden Porzellanwunderland gleich spätestens bei einem Blick auf die Preise den Durchschnittsbesucher trotz luftiger Höhe schnell wieder auf den Boden der Tatsachen kommen lässt. Selbst der Werksverkauf im Gebäude gegenüber dürfte mit beispielsweise 775 Euro für eine Schüssel oder 2150 Euro für ein schlicht-weißes Service nicht im finanziellen Rahmen der meisten KPM-Gäste liegen.

Anders hingegen das in der Farbgebung sehr elegant gestaltete Café auf dem Gelände, das zuvor Unmögliches möglich macht: das Speisen von KPM-Geschirr. Denn Kuchen, Gebäck und Kaffespezialität werden auf beziehungsweise in exklusivem Porzellan der Königlichen Porzellan-Manufaktur kredenzt. Rebecca Bellano

Ausstellung KPM-Welt, Königliche Porzellan-Manufaktur, Wegelystraße 1, 10623 Berlin, Telefon (030) 39009-0, geöffnet montags bis sonnabends 10 bis 18 Uhr.


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