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21.07.12 / Eine Ikone der sächsischen Mundart / Anlässlich des 50. Todestags von Lene Voigt gedenkt Leipzig der Schriftstellerin

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-12 vom 21. Juli 2012

Eine Ikone der sächsischen Mundart
Anlässlich des 50. Todestags von Lene Voigt gedenkt Leipzig der Schriftstellerin

Lange war die Schriftstellerin Lene Voigt, die „Ikone der sächsischen Mundart“, in Vergessenheit geraten. Um diesem entgegenzuwirken, engagiert sich seit 1995 die Lene-Voigt-Gesellschaft für die Verbreitung der Werke der Künstlerin. Anlässlich des 50. Todestages der Schriftstellerin widmete der MDR ihr einen Abend und die Stadt Leipzig würdigte sie mit einer Gedenkveranstaltung. Parallel eröffnete die Lene-Voigt-Gesellschaft eine Ausstellung.

Es war nicht leicht, das Leben von Helene Alma Wagner, der später als Lene Voigt bekannten und beliebten sächsischen Mundartdichterin.

Als Tochter eines Schriftsetzers und einer Haushälterin wurde sie am 2. Mai 1891 in Leipzig geboren. Auf Wunsch der Mutter ließ sich Helene nach dem Besuch der Volksschule als Kindergärtnerin ausbilden. Doch ihr wahres Talent zeigte sich sehr früh, als sie mit 15 Jahren bereits ihr erstes Gedicht schrieb. Sie sagte von sich: „Vom Schrifttum angezogen, widmete ich mich dem Buchhandel, den ich von Grund auf erlernte.“

Als Verlagskontoristin arbeitete sie ab 1910 im Teubner Verlag Leipzig und Anfang der 1920er Jahre als kaufmännische Angestellte im Insel-Verlag. 1914 heiratet sie den Orchestermusiker Otto Voigt. Die Ehe scheiterte 1920, als ihr Mann einarmig aus dem Krieg heimkehrte. 1924 starb ihr fünfjähriger Sohn Alfred an einer Hirnhautentzündung. Der Opernsänger Karl Geil, den sie 1926 kennenlernte, starb bereits drei Jahre später.

Von ihren Gedichten und Humoresken in sächsischer Mundart konnte sie seit 1923 leben. Sie publizierte vor allem in „linken“ Zeitungen. 1929 zog Lene Voigt nach Bremen. 1936 erschien ein Artikel in der Monatsschrift des NS-Lehrerbundes des Lehrers Erich Rawolle aus Radebeul mit dem Vorwurf: Ihre Mundartformulierungen seien nicht sächsisch, sondern jiddisch. Die Nazis warfen ihr vor, sie würde die schönsten Dichtungen der Weltliteratur der Lächerlichkeit preisgeben und damit die Zersetzung hoher Kulturgüter bewusst fördern.

Die Sächsische Staatskanzlei und vor allem der Gauleiter Martin Mutschmann, Gründer des „Heimatwerkes Sachsen“, schafften es, dass sie ab 1936 bis auf gelegentliche Veröffentlichungen in verschiedenen Arbeiterzeitschriften, nichts mehr veröffentlichen durfte. Der Verlag A. Bergmann wurde angewiesen, die Werke der Autorin zu vernichten. Im Mai 1937 war das überwiegend geschehen. 1936 ließ sich Lene Voigt das erste Mal wegen einer Psychose in der Nervenklinik Schleswig behandeln. Es wurde Verfolgungswahn diagnostiziert. Nach der Entlassung zog die fast mittellose Autorin nach Lübeck. Nach den Wohnorten in Flensburg, Hamburg, München und Berlin kehrte sie 1940 in ihre Heimatstadt Leipzig zurück. Von den Nazis wurde sie dienstverpflichtet zur Arbeit in der Druckerei Giesecke & Devrient und danach als Buchhalterin im Verlagskonzern Lange & Meuche.

Nach 1945 kannte kaum noch jemand ihre Werke. Sie arbeitete nun in einer Lebensmittelkartenstelle beim Rat des Kreises in Leipzig-Land. Im Juli 1946 wurde sie mit der Diagnose „Schizophrenie“ in das Bezirkskrankenhaus für Psychiatrie in Leipzig-Dösen eingewiesen. Auch als sie keine Symptome der Krankheit mehr zeigte, blieb sie im Krankenhaus und arbeitete für die Verwaltung als Botin. Als Therapie schrieb sie auch hier „sächsischen Kleinkram“, wie sie ihre Werke nannte und verschenkte diese an Mitarbeiter des Krankenhauses.

Am 16. Juli 1962 starb Lene Voigt im Krankenhaus. Dem Kabarett „academixer“ und dem Leipziger Rundfunksender ist es zu danken, dass in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre Lieder und Texte von Lene Voigt zu hören waren. Das erste Programm mit Texten von ihr brachten die „academixer“ 1980. Sigrid Kaminsky


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