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21.07.12 / Hilfreicher Samariter aus Zufall / Der Dozent verzichtete auf sein Geschäftsgespräch − Lächeln des Jungen bestätigte ihn

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-12 vom 21. Juli 2012

Hilfreicher Samariter aus Zufall
Der Dozent verzichtete auf sein Geschäftsgespräch − Lächeln des Jungen bestätigte ihn

Fred betätigte den Scheibenwischer und sah angespannt durch das von Regengüssen überschwemmte Fenster. Der Untergang der Welt schien nahe. Fred fuhr sehr langsam. Ob er rechtzeitig zu seinem Geschäftsgespräch kam, bezweifelte er ohnehin. Die Straße glänzte metallisch im Regen. Da lag etwas! Fred hielt an und stieg aus. Sofort war er bis auf die Haut durchnässt. Der Sack war ein Junge. Er lag auf dem Rücken. Fred fühlte den Puls. Der war schwach. Das Handy! Das lag zu Hause! Wie gerufen kamen drei Jugendliche vorbei. „Hat einer von euch ein Handy?“ Der Junge mit der schwarzen Brille holte seines aus der Tasche und sprach ein paar kurze Worte hinein. „Wieder mal betrunken“, stellte das Mädchen mit dem kurzen Blondschopf fest. „Kennt ihr ihn?“ „Klar, das ist Elias, der ist fast jeden Tag abgefüllt.“ „Die machen immer ein Wetttrinken“, bestätigte der dritte, „dieser Carlo und sein Kumpel Evan schaffen den Fusel ran, und dann muss Elias mithalten. Meist will er gar nicht, aber die beiden drohen ihm Prügel an, wenn er ablehnt.“ Ein gelblicher Strahl aus Elias’ Mund schoss ihnen entgegen. „Hoffentlich kommt der Krankenwagen bald. Elias ist nämlich arm dran“, meinte sie beiläufig, Er ist oft allein.“

Es hatte aufgehört zu regnen. Der Junge auf dem Pflaster lag da wie tot. Von ferne hörten sie die Sirene des Unfallwagens. Fred stieg mit ein. In der Klinik hatte Elias schon wieder etwas Farbe. Durch behutsame Fragen bekam der Mann nach und nach die Sache mit dem Wetttrinken heraus. „Willst du denn so weitermachen?“ fragte er. Elias zuckte mit den Schultern. Da erzählte Fred ihm etwas über Selbstverteidigung und dass er gerade einen Kursus darüber in der VHS leite. „Stell dir vor, du legst Carlo oder Evan mit Schwung auf den Rücken. Was meinst du, wie ihre Achtung vor dir steigt. Und danach sagst du ein klares Nein zu ihren Trinkgelagen. Was meinst du?“ Elias runzelte die Stirn. „Mal sehen!“

Fred atmete tief ein. Er staunte über sich selbst. So hilfsbereit kannte er sich gar nicht, doch das Gefühl der Zufriedenheit, das ihn jetzt warm durchdrang, als Elias ihn anlächelte, war wunderschön. Gabriele Lins


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