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28.07.12 / Re-Industriealisierung auf Französisch / Über Verbote, Subventionen und Protektionismus will neue französische Regierung Arbeitsplätze erhalten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-12 vom 28. Juli 2012

Re-Industriealisierung auf Französisch
Über Verbote, Subventionen und Protektionismus will neue französische Regierung Arbeitsplätze erhalten

Auf Frankreich droht im Herbst eine regelrechte Entlassungswelle zuzurollen. Daran, dass nun in kurzer Zeit gleich zehntausende Stellen gestrichen werden sollen, hat die neue sozialistische Regierung allerdings selbst einen gehörigen Anteil.

Nur wenige Monate nach seinem Wahlsieg kommt auf den französischen Präsidenten Fran-çois Hollande  die erste wirkliche Bewährungsprobe seiner Amtszeit zu. Französische Unternehmen haben angekündigt, zwischen 60000 und 80000 Stellen zu streichen. Behält die Arbeitgeberpräsidentin Laurence Parisot mit ihrer Befürchtung recht, dass  nach der traditionellen Sommerpause zahlreiche Unternehmen sogar in Konkurs gehen, dann wird sich die Zahl der Entlassungen noch deutlich erhöhen.

Auch wenn nun scheinbar eine regelrechte Entlassungswelle über Frankreich hereinbricht, die wirtschaftlichen Probleme waren seit längerem absehbar. Frankreichs Industrie hat in den letzten fünf Jahren 20 Prozent an Marktanteilen verloren, die Lohnkosten liegen im Schnitt mittlerweile acht Prozent über denen der deutschen Konkurrenz. Den letzten Anlass dafür,  dass Frankreichs Unternehmen nun massiv damit  beginnen, Personal abzubauen, könnte ausgerechnet die neue sozialistische Regierung selbst geliefert haben. Was zunächst wie bloßer Wahlkampf aussah, ist auch nach der Regierungsübernahme nicht vom Tisch. Immer noch wird über Pläne diskutiert, es Arbeitgebern so schwer wie möglich zu machen, Arbeitsplätze abzubauen. „Entlassungen müssen für Unternehmen so teuer werden, dass sie sich nicht lohnen“, so Arbeitsminister Michel Sapin.

Das Signal, das allein von der  Diskussion derartiger Ideen ausgeht, ist verheerend. Unternehmen, die unter Überkapazitäten leiden, entlassen lieber auf Vorrat, als dass sie in der Zukunft  massiv zu Kasse gebeten werden. Investoren, die mit dem Gedanken spielen, sich in Frankreich zu engagieren, warten zunächst einmal ab.  Was die Wirtschaft statt solcher unausgegorenen Pläne erwartet, machte  Louis Gallois, der  Ex-Chef von EADS, deutlich. Einen regelrechten „Wettbewerbsschock“, mit denen Frankreichs Unternehmen um Abgaben in Höhe von 30 bis 50 Milliarden Euro entlastet würden.

Präsident Hollande, vor allem aber sein „Re-Industriealisierungsminister“ Arnaud Montebourg mit seinem Konzept der „Entglobalisierung“ scheinen sich dagegen eher an altbekannte Rezepte französischer Wirtschaftspolitik halten zu wollen. Neben dem Vorhaben, Entlassungen so gut wie unmöglich zu machen, wird im Élysée-Palast intensiv über Protektionismus und Subventionen nachgedacht. Beides soll unter anderem helfen, den Niedergang der französischen Automobilindustrie aufzuhalten. Frankreichs großen Autobauern Peugeot-Citroen (PSA) und Renault brechen momentan im Rekordtempo die traditionellen Absatzmärkte in Südeuropa weg.  Allein PSA musste im ersten Halbjahr weltweit 13 Prozent weniger Verkäufe verkraften, die Produktionskapazität des Autobauers ist nach Schätzung von Branchenkennern nur noch zu 75 Prozent ausgelastet. Angekündigt hat PSA inzwischen 8000 Stellen in Frankreich zu streichen und ein Werk bei Paris komplett zu schließen. Angesichts der Überkapazitäten in der Branche wäre das genau die richtige Strategie. „Inakzeptabel“, befindet Hollande allerdings diesen Versuch, den Umsatzeinbruch aufzufangen. Was  alternativ als Lösung vorgelegt wird, birgt Sprengkraft – auch für die deutsche Industrie. Notdürftig als „ökologischen New Deal“ kaschiert, sollen nun Vorhaben wie eine Steuer auf Luxusautos und „Anreize“ beim Kauf von Kleinwagen auf den Weg gebracht werden. Im Klartext: staatliche  Subventionen und eine Marktabschottung zugunsten der eigenen Industrie. Deutsche Premiumhersteller wie Daimler, BMW oder Audi würden den Kürzeren ziehen. Ärger ist allerdings nicht nur mit den deutschen Herstellern programmiert. Die französischen Pläne können leicht der Anlass für Gegenreaktionen der USA und asiatischer Exportnationen sein, die dann auch deutsche Exporteure treffen würden.

Es ist nicht das einzige aktuelle Vorhaben von Hollande, von dem eine Rückwirkung auf Deutschland droht. Andeutungen französischer Diplomaten, dass Hollande nicht automatisch an Erklärungen seines Amtsvorgängers Nicolas Sarkozy gebunden ist, deuten einen Kurswechsel bei der französischen Haltung zum EU-Budget an. Noch im Jahr 2011 hatte Sarkozy zusammen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem britischen Premier David Cameron in einem Brief an die EU-Kommission eine Aufstockung des EU-Haushalts kategorisch abgelehnt. Medienberichten zufolge soll das Thema einer EU-Budgeterhöhung von Hollande inzwischen bei seinem Besuch in Großbritannien mit Premier Cameron bereits angesprochen worden sein.

Dass Hollande trotzt tiefroter Zahlen im eigenen Staatshaushalt Brüssel mehr Geld in Aussicht stellt, kann zweierlei bedeuten: Die Hoffnung auf starke Rück-flüsse von EU-Mitteln nach Frankreich oder aber den Versuch, Brüssel zu einer Gegenleistung zu verpflichten. Durch Hollandes Einschwenken auf die Linie der  EU-Kommission, die für den Zeitraum von 2013 bis 2020 ein sattes Plus von 6,8 Prozent fordert, droht nun, dass die bisherige Abwehrfront der wichtigsten Beitragszahler gegen eine Erhöhung des EU-Budgets insgesamt zu bröckeln beginnt. Mit Milliarden Euro zusätzlich zur Kasse gebeten würde in diesem Fall auch Deutschland. Allein im Jahr 2010 hatte die Bundesrepublik als größter Beitragszahler 23,8 Milliarden Euro nach Brüssel überwiesen.      Norman Hanert


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