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04.08.12 / Hungern bei Olympia? / Muslimische Sportler im Gewissenskonflikt, denn die Spiele fallen in die Fastenzeit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-12 vom 04. August 2012

Hungern bei Olympia?
Muslimische Sportler im Gewissenskonflikt, denn die Spiele fallen in die Fastenzeit

Vom 20. Juli bis zum 18. August fasten die Muslime und feiern Ramadan. Ursprünglich wohl eine Zeit der Besinnung ist der Ramadan heute zu einer Zeit besonderer sozialer Kontrolle und der öffentlichen Selbstdarstellung des Islams geworden.

Fasten gehört zu den geistigen Übungen und Verpflichtungen in allen großen Religionen. Im Islam, wo der diesjährige Fastenmonat Ramadan am 20. Juli begonnen hat, gehört das Fasten zu einer der fünf Säulen dieser Religion, vergleichbar den katholischen Sakramenten. Zu den fünf Säulen des Islams gehören neben dem Fasten auch das Glaubensbekenntnis und das Beten, das Almosengeben und die Wallfahrt nach Mekka. Alle mit den Säulen verbundenen Pflichten sollen sie in einheitlicher Ordnung und wenn möglich öffentlich vollzogen werden, nur beim Almosengeben kann eigentlich jeder Muslim machen, was er will. Beim Fasten gibt es viele Ausnahmetatbestände, etwa für Reisende, Kranke oder Kleinkinder, nur von Sonnenaufgang bis Untergang muss gefastet werden. Vielerorts sind gerade diese Zeiten so verschieden, dass eigentlich nur ein auf die Sonnenlaufbahn ausgerichteter Computer weltweit die exakten Fastenzeiten ausrechnen kann. Allerdings gibt es auch von dieser Richtschnur Ausnahmen, so in Skandinavien, sonst könnten dort, wenn der Ramadan auf den Sommer fällt und die Sonne drei Wochen nicht untergeht, keine Muslime leben. Das Fasten hat also im Islam, entgegen eines weitläufigen Missverständnisses, keinen asketischen Charakter, wie im Christentum, vom Propheten des Islam ist der Spruch überliefert „Askese ist nicht für uns“.

Ein besonderes Problem ist die Fastenzeit für die Sportler, die in besonderer Weise unter dem Druck und der Kontrolle der Öffentlichkeit und der Medien stehen. Manche Sportler gehen deshalb von sich aus in die Offensive, wie etwa der Ägypter Abdelrahman Ahmed Shaalan, einer der Weltchampions im Sumu-Ringen. Er erklärte, dass er die für einen Sumuringer üblichen sehr umfangreichen Mahlzeiten durch „Geistige Übungen“ ersetzen wolle, die seinen Siegeswillen noch verstärken würden.

Wie die islamischen Olympiateilnehmer mit dem Fastengebot, das in diesem Jahr in die Zeit der Olympischen Spiele fällt, umgehen werden, ist unklar. Wer Top-leistung bringen will, um eine Medaille zu gewinnen, kann während des Tages nicht auf Nahrung, vor allem aber nicht auf Wasserzufuhr verzichten. Es gibt auf jeden Fall schon Forderungen muslimisch geprägter Länder wie der Türkei, Ägypten und Marokko zukünftige Olympische Spiele außerhalb des Ramadans stattfinden zu lassen. Dieser Termin sei ein Nachteil für alle muslimischen Athleten und zeige nur „die fehlende Sensibilität“ der Organisatoren, hieß es von der Islamic Human Rights Commission (IHRC) in London.

Der Chef des Organisations-Komitee, der Brite Sebastian Coe und selbst ein ehemals erfolgreicher Leichtathlet, weist den Vorwurf zurück. Das ganze Jahr über, vor allem im Sommer, gibt es internationale Sportveranstaltungen. Trotzdem habe man sich bemüht, jedem Wunsch der religiösen Gruppen gerecht zu werden. So bleiben während der Wettkämpfe die Restaurants im olympischen Dorf bis Mitternacht geöffnet, so dass Muslime auch nach Einbruch der Dunkelheit essen gehen können.

Die Athleten selbst gehen unterschiedlich um mit dem Zwiespalt zwischen Glaube und Sport. Manche wie der algerische 3000-Meter-Hindernisläufer Khaled Belabbas wollen trotz der Nachteile für den Körper fasten, die marokkanische Schwimmerin Sara El-Bekri hat sich gegen das Fasten entschieden. Wieder andere, wie der britische Ruderer Muhammed Sbihi, wollen das Fasten nachholen. Wieder andere erklären sich während ihres Aufenthaltes bei Olympia einfach zu „Reisenden“, für diese gilt das Fastengebot gar nicht. Bodo Bost


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