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11.08.12 / Studioglas aus aller Welt / Nordböhmisches Hohlglas in Rheinbach − neuer Schwerpunkt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-12 vom 11. August 2012

Studioglas aus aller Welt
Nordböhmisches Hohlglas in Rheinbach − neuer Schwerpunkt

Archäologische Funde belegen, dass die Glasherstellung in der Rheinbacher Gegend bereits zu Römerzeiten bekannt war. Eine aktuelle Kabinettausstellung des Glasmuseums im Eifelstädtchen unter dem Motto „Römisches Glas aus Flerzheim“ ist der beste Beweis dafür. Die zum Großteil erstmals ausgestellten antiken Gläser wurden im Jahre 1982 bei Ausgrabungen im nahegelegenen Flerzheim entdeckt. Sie stammen von einem Privatfriedhof mit Gräbern des späten zweiten und der Mitte des dritten Jahrhunderts, der zu einer römischen „Villa rustica“ (Bauernhof) gehörte. Die Ausstattung der Gräber mit zahlreichen qualitativ hochwertigen Gläsern zeugt vom damaligen Luxus auf dem Lande.

Die Ausstellungskuratorin Constanze Lösch beschreibt im Begleitkatalog die Besonderheiten der Glasfunde: „Reizvoll sind die formgeblasenen Gefäße. Sie wurden in vielen verschiedenen Formen, zum Beispiel in Tierform oder als menschliche Komödienfiguren hergestellt. Eines der beliebtesten Designs im römischen Rheinland ist aber die Traubenform. Sie ist auch im Flerzheimer Gräberfeld vertreten. Behälter für Parfüm oder andere Kosmetikprodukte bilden die größte Gruppe unter den Glasfunden aus dem Flerzheimer Gräberfeld. Als Parfümbehälter sind die sogenannte ‚Merkurflasche‘, die Flaschen mit zylinderförmigem, abgeschnürtem Hals sowie sämtliche kleinformatigen Flaschen, Krüge und Fläschchen des Gräberfeldes zu interpretieren.“

Der entscheidende Impuls für die Entwicklung Rheinbachs zur international bekannten „Glasstadt“ kam jedoch im Jahre 1947 durch die Ansiedlung sudetendeutscher Glasveredler aus Nordböhmen, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus ihrer Heimat vertrieben worden waren. Neben zahlreichen Glasveredlungswerkstätten wurde auch die Staatliche Glasfachschule Rheinbach als Nachfolgerin der Glasfachschule aus dem nordböhmischen Steinschönau [Kamenický Šenov] neu gegründet.

Das 1968 von den „Freunden edlen Glases“ e.V. ins Leben gerufene Glasmuseum Rheinbach beherbergt eine Dauerausstellung mit wertvollen Exponaten, darunter barocke Schnittgläser, Farb-, Schliff- und Schnittgläser des Biedermeier, Freundschaftsbecher, Prunkpokale des Historismus, Bäder- und Souvenirgläser des 19. Jahrhunderts sowie Jugendstil-, Art-Déco- und Fachschulgläser aus Steinschönau und Haida.

Wie die aus Siebenbürgen stammende Museumsleiterin Dr. Ruth Fabritius verriet, ist man in diesem Sommer dabei, mit der Mülstroh-Sammlung einen neuen Präsentations-Schwerpunkt aufzubauen. Es handelt sich um „Europäisches Studioglas“, das der Sammler Klaus Mülstroh dem Hause als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt hat. Der Heinsberger Architekt − übrigens langjähriges Mitglied des Rheinbacher Fördervereins „Freunde edlen Glases“ e.V. − hat Gefäßobjekte mit Unikatcharakter, Glaseditionen und Skulpturen gesammelt. Mit den 230 Studioglasobjekten aus Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Island, Italien, Malta, den Niederlanden, Norwegen, Polen, Rumänien, Schweden, Tschechien und den USA erhält nun das Glasmuseum neben dem nordböhmischen Schwerpunkt eine neue Ausrichtung.

Zu den herausragenden Exponaten der Studioglas-Kunstwerke zählen der „Pferdekopf“ von Vaclav Machac, das „Fingerobjekt“ von René Roubicek und der „Brustkasten“ von Jirina Zertova sowie „Archäologie“ von Silviu Dancea .

Die Sammlung wird in Rheinbach während der Sommermonate erstmals vollständig präsentiert. Danach kommen ausgewählte Stücke im Rahmen von halbjährlich wechselnden thematischen Sonderschauen erneut in die Vitrinen.

Dieter Göllner

Sowohl der „Luxus auf dem Lande“ wie auch das „Studioglas“ sind bis zum 2. September im Rheinbacher Glasmuseum, Himmeroder Wall 6, 53359 Rheinbach, Telefon (02226) 500 zu besichtigen.


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