26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
18.08.12 / Pflege statt Arbeitsplätze / SPD-Wirtschaftspolitik: Programm sagt wenig darüber aus, was die Sozialdemokraten konkret vorhaben

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-12 vom 18. August 2012

Pflege statt Arbeitsplätze
SPD-Wirtschaftspolitik: Programm sagt wenig darüber aus, was die Sozialdemokraten konkret vorhaben

Die SPD, genauer ihr Parteichef Sigmar Gabriel, drängt sich massiv ins politische Sommerloch. Doch ganz unabhängig von der Frage, ob nun Gabriel, Frank-Walter Steinmeier oder Peer Steinbrück Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten wird, stellt sich die Frage, was die Partei Deutschland zu bieten hat.

Erste Anlaufstelle, um zu erfahren, was die SPD ihren Wählern im Bundestagswahlkampf 2013 versprechen wird, ist selbstredend die Internetseite der Partei. Hier spricht die kommendes Jahr ihren 150. Geburtstag feiernde SPD gezielt ihre Wähler an, die offenbar ähnlich alt sind, wie die Partei selbst. Zumindest erhält man diesen Eindruck, wenn man sich die Themenauswahl anschaut, die geboten wird. Auffällig häufig geht es um Anerkennung und Bezahlung von Pflegekräften, Pflegeheime und häusliche Pflege. Aber auch die Gleichbehandlung homosexueller Paare, Vermögenssteuer und Euro-Rettung sind Themen, zu denen auf der Internetseite Stellung bezogen wird.

Vor allem die Euro-Rettung und die von Gabriel seit kurzem geforderte Schuldenunion stehen im Fokus der Positionierung. Aber auch von einer Bankenreform ist die Rede. Hier lauten die Hauptthesen der SPD „Risiken und Haftung wieder privatisieren“, „Managergehälter begrenzen“ und „Systemrelevanz von Banken verringern“. Angesichts der kostspieligen Erfahrungen bei den Bankenrettungen klingt es nachvollziehbar, wenn Gabriel fordert, Banken sollten auch pleitegehen können, ohne dass ganze Volkswirtschaften zusammenbrechen. Bringt man aber seine Forderungen an das Bankensystem in Verbindung mit seinen Forderungen an das Euro-System, sucht man verzweifelt nach einem roten Faden. Für die Länder der Währungsgemeinschaft fordert er eine Schuldenunion, für die Banken aber die private Haftung, ohne dass er erklärt, warum er diese gravierenden Unterschiede bei der Behebung der Probleme macht. Auch wirkt es nicht ganz zeitgemäß, wenn der Parteichef der SPD fordert, die Macht der Banken zu brechen, während diese derzeit verzweifelt dabei sind, sich selbst über Wasser zu halten. Die öffentlich-rechtlichen Landesbanken versuchen verzweifelt, aus den Negativ-Schlagzeilen herauszukommen und suchen genauso wie die Commerzbank nach einem gewinnbringenden Modell für die Zukunft. Selbst die Deutsche Bank glänzt nicht mehr mit Gewinnen in Milliardenhöhe. Und die deutschen Kreditinstitute sind nicht allein. Dieser Tage meldeten Wirtschaftszeitungen, dass laut einem Gerücht eine international tätige Bank mit der Top-Bonität AAA das Interesse geäußert habe, die angeschlagene Commerzbank zu übernehmen. Recherchen hätten aber schnell ergeben, dass es sich nur um eine Finte gehandelt habe, da es seit der Bankenkrise weltweit keine Bank mehr gäbe, die noch eine Top-Bonität hat. Trotzdem stellt Gabriel die Banken als den Hauptfeind Nummer 1 dar.

Die Finanzbranche hat also einen Wahlsieg und eine Regierungsbeteiligung der SPD 2013 zu fürchten, zumal die Partei den „Reichen“ im Land durch eine Vermögenssteuer ans Portemonnaie will. Weniger Vermögen bedeutet auch weniger „Material“, mit dem die Banken arbeiten können, so dass sich auch im Geschäft mit den vermögenden Privatkunden die Gewinne der Banken reduzieren dürften. Weniger Gewinne bedeutet auch Stellenabbau. Dieser blüht auch anderen Bereichen der Wirtschaft im Falle der Einführung einer Vermögenssteuer. Abgesehen davon, dass Familienunternehmen Geld für Investitionen verlustig gehen würde, fehlt den „Reichen“ dann auch Geld zum Ausgeben. Dies spüren wiederum Hotels, Boutiquen, Restaurants, Werften und viele mehr, so dass auch sie Arbeitsplätze abbauen müssten. Betroffen wären vor allem einfache Verkäuferinnen, Zimmermädchen und Arbeiter, die eigentliche Klientel der SPD.

Neben den sich auf wenige plakative Aspekte beschränkenden Vorschlägen zur Bankenregulierung, die vom Bankenverband dahingehend kommentiert worden war, dass es keine einfachen und vor allem keine kurzfristigen Lösungen gäbe, hebt die SPD noch die Themen Energiewende und Betreuungsgeld hervor. Erst vor kurzem hat eine Arbeitsgruppe unter der Führung der nordrhein-westfälischen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft Leitlinien für die Energiewende vorgestellt. So wolle man, um Arbeitsplätze in der Industrie zu erhalten, dieser durchaus gewisse Steuervergünstigungen gewähren. Aber vor allem sollen über den Ausbau der erneuerbaren Energien auch Industriearbeitsplätze geschaffen werden. Die Partei plant bis 2050 volle 100 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien produzieren zu lassen; geht allerdings bei diesem Bekenntnis nicht darauf ein, wie sie das technisch umsetzen will.

Klassischen Anhängern der selbsternannten Arbeiterpartei, die wissen wollen, wie diese die Wirtschaft fördern und Arbeitsplätze schaffen will, bietet die Internetseite der Partei nur indirekte Informationen zwischen den Zeilen. Die Rubrik „Wirtschaft“ erscheint gar nicht erst.      Rebecca Bellano


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren