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18.08.12 / Abrissbirne als Chance / Detroit: Umsiedlung und Renaturierung sollen Verwahrlosung stoppen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-12 vom 18. August 2012

Abrissbirne als Chance
Detroit: Umsiedlung und Renaturierung sollen Verwahrlosung stoppen

Zwei Leichen, die zwischen weggeworfenen Autoreifen auf Brachflächen der Großstadt Detroit verwesen und über Wochen nicht bemerkt werden: Dass ein derartiger Vorfall zumindest einigen US-Medien überhaupt eine Meldung wert war, hat mit den Einzelheiten des Falls zu tun. Es waren noch Teenager, halbe Kinder, die zum Opfer eines Verbrechens geworden waren und deren Verschwinden anscheinend niemand bemerkt haben will. In Detroit, das einst Zentrum der US-Automobilindustrie schlechthin galt, ist ein derartiges Phänomen inzwischen allerdings kein Einzelfall mehr. In den letzten zwölf Monaten sind mindestens ein Dutzend Leichen auf den Brachflächen der Stadt aufgetaucht, so die Behörden.

Dass solche Nachrichten gerade aus Detroit kommen, ist kein Zufall. Die Stadt führt regelmäßig die Ranglisten der gefährlichsten Städte der USA an, sie gilt als Kriminalitätshochburg, gleichzeitig breiten sich über dem Stadtgebiet unbewohnte Gegenden und Brachflächen immer mehr aus. Die Bevölkerungszahl Detroits, einst Heimat der „Großen Drei“ – Ford, General Motors und Chrysler –, ist parallel zum Niedergang der US-Autoindustrie in einem kaum vorstellbaren Ausmaß geschrumpft: Von knapp zwei Millionen Einwohnern in den 50er Jahren ist die Bevölkerungszahl mittlerweile auf nur noch knapp 700000 gefallen.

Einzelne Wohnviertel werden mitunter nur noch von einem Zehntel der früheren Bewohner bevölkert. 40 Prozent des Stadtgebiets gelten inzwischen sogar als völlig unbewohnt. Was von Detroits Bürgermeister Dave Bing (Demokraten) inzwischen für die Zukunft ankündigt worden ist, kommt einem regelrechten Rück-bau der Stadt gleich. Bis Ende 2013 sollen 10000 Häuser komplett verschwinden, ganze Einwohnergruppen sollen umgesiedelt werden. Das Ziel: Die Stadt soll sich immer mehr auf den einstigen Stadtkern konzentrieren, die geräumten Stadtflächen sollen renaturiert werden. Die verbliebene Einwohnerschaft soll so in einem vorgegebenen Gebiet angesiedelt werden, dessen Unterhalt sich die notorisch klamme Kommune noch leisten kann. Vermieden werden soll so künftig, was bereits seit einiger Zeit in der Stadt gängige Praxis ist. Da sich Detroit keine Straßenbeleuchtung im gesamten Stadtgebiet mehr leisten kann, wird das Licht nur noch in einzelnen Straßen angestellt.

Mit den vorgestellten Rückbauplänen ist Detroit kein Vorreiter. In Flint, Michigan, wo sich einst der wichtigste Produktionsstandort von General Motors befunden hat, wurde bereits im Jahr 2009 mit der Renaturierung von unbewohntem Stadtgebiet begonnen. Langfristig soll das 88 Quadratkilometer große Flint um fast die Hälfte schrumpfen und sich so der hal-bierten Bevölkerungszahl und der finanziellen Leistungsfähigkeit der Kommune anpassen. In einer Studie der einflussreichen „Brookings Institution“ sind inzwischen 50 US-Städte aufgelistet, die eigentlich zurückgebaut werden müssen. Aufgezählt wurden neben Detroit so bekannte Namen wie Philadelphia, Pittsburgh, Baltimore und Memphis.      Norman Hanert


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