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01.09.12 / Was wusste Tusk? / Polen: Ministerpräsident in der Kritik

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-12 vom 01. September 2012

Was wusste Tusk?
Polen: Ministerpräsident in der Kritik

Als Donald Tusk (Bürgerplattform, PO) im Oktober 2011 zum zweiten Mal das Amt des Ministerpräsidenten antrat, war dies für Polen eine Premiere. Erstmalig seit dem Fall des Eisernen Vorhangs war eine Regierung bei Wahlen bestätigt worden. Ob Tusk momentan noch Chancen auf eine weitere Amtszeit hätte, ist fraglich. Seine Koalition aus PO und Bauernpartei sieht sich Vorwürfen wegen Filz und Vetternwirtschaft ausgesetzt, selbst das Image von Tusk als „Saubermann“ hat erste Kratzer erhalten.

Anlass ist der Zusammenbruch der Firma „Amber Gold“, einer Art Schattenbank mit rund 50000 Kunden. Nach dem Bankrott steht die Frage im Raum, wie ein bereits wegen Betrugs Vorbestrafter unbehelligt von den Behörden eine bankähnliche Firma betreiben konnte. Bekannt geworden ist im Zuge der Affäre, dass Michal Tusk, der Sohn des Ministerpräsidenten, in einer Firma beschäftigt war, die ebenfalls dem „Amber Gold“-Gründer gehört. Tusk senior soll seinem Sohn empfohlen haben, sich von dem Mann mit problematischer Vergangenheit fernzuhalten. Dieser Rat hat inzwischen zu der Vermutung geführt, dass Tusk als Ministerpräsident – etwa durch regierungsinterne Informationen – im Bilde war, was bei „Amber Gold“ vor sich geht. Statt tausender betrogener Anleger habe er aber nur seinen Sohn gewarnt, lauten nun erste Vorwürfe.

Bereits im Juli war Tusks Koalitionspartner, die Bauernpartei, in die Schlagzeilen geraten. Landwirtschaftsminister Marek Sawicki hatte wegen Vorteilsnahme seinen Rücktritt erklären müssen.

Die Skandale könnten nur der Auftakt für einen politisch heißen Herbst sein. In der Wirtschaft mehren sich die Krisenzeichen, erste Firmen haben massive Entlassungen angekündigt. Auftrieb könnte die Opposition erhalten, die beginnt, ihre Kräfte zu bündeln. Anhänger des Senders „Radio Maryja“, der Gewerkschaft „Solidarnosc“ und der Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) haben für Ende September eine Großdemonstration in Warschau angekündigt, zu der 200000 Teilnehmer erwartet werden. N.H.


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