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01.09.12 / Leichte Beute für Sozialisten / Niederlande leiden unter Wirtschaftskrise – Linke Euro-Gegner auf dem Sprung zur Macht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-12 vom 01. September 2012

Leichte Beute für Sozialisten
Niederlande leiden unter Wirtschaftskrise – Linke Euro-Gegner auf dem Sprung zur Macht

Bei den vorgezogenen niederländischen Parlamentswahlen am 12. September könnte zum ersten Mal die einst streng maoistische „Socialistische Partij” zur stärksten politischen Kraft werden. Gelingt ihr die Regierungsübernahme, dann droht Deutschland der Verlust eines der letzten Verbündeten in der Euro-Zone.

Auf unliebsame Überraschungen kann sich dann allerdings auch die EU-Kommission gefasst machen, denn Emile Roemer, der Spitzenkandidat der niederländischen Sozialisten (SP), schließt Euro-Bonds absolut aus. Die einst linksextrem-maoistische SP hat erstmals die Chance, stärkste politische Kraft in den Niederlanden zu werden. Bei Umfragen zu den Wahlen am 12. September kommen die Sozialisten auf 36 von insgesamt 150 Sitzen. Die bisher führenden Liberalen von Ministerpräsident Mark Rutte stagnieren bei 32 Mandaten. Mit Verlusten muss Geert Wilders mit seiner Partei für die Freiheit (PVV) rechnen, er kommt bei den Umfragen nur noch auf 18 Sitze (aktuell 24). Wilders Schwenk weg vom ausschließlichen Fokus auf Einwanderungsfragen und Islamisierungskritik hin zu einem EU-kritischen Kurs scheint für viele Wähler zu spät zu kommen. Im Zeichen der Euro-Krise wird das Original gewählt: die SP. Sie war ebenso gegen die Einführung des Euro wie im Jahr 2005 gegen die EU-Verfassung. Als vor der Sommerpause im Parlament über den Euro-Rettungsfonds ESM abgestimmt wurde, war es wiederum die SP, die mit Nein stimmte. Über den EU-Fiskalpakt soll nach den Vorstellungen der SP das Volk in einem Referendum abstimmen.

Auf Gegenwind wird sich allerdings nicht nur Brüssel einstellen müssen. Der Bundesregierung droht einer der wenigen verbliebenen Verbündeten innerhalb der Euro-Gruppe abhandenzukommen. Bisher lag der niederländische Regierungschef Mark Rutte in vielen Fragen auf einer Wellenlänge mit Merkel. Roemer will hingegen, anders als der noch amtierende Rutte, erst im Jahr 2015 das Haushaltsdefizit unter die Drei-Prozent-Grenze drücken. In Bezug auf die EZB gleicht die Haltung der SP der von Frankreichs Präsident François Hollande: Die Zentralbank soll für die Schaffung von Wachstum und Arbeitsplätzen sorgen, so die Vorstellung der SP.

Ob die Forderungen eins zu eins umgesetzt werden, kann bezweifelt werden: Im Haager Parlament sind üblicherweise neun oder zehn Parteien vertreten. Um eine Regierung auf die Beine zu stellen, werden eine zerbrechliche Koalition von fünf oder sogar sechs Parteien und eine Vielzahl von Kompromissen nötig sein. Egal, wer nach dem 12. September die Regierungsgeschäfte übernehmen wird, an Konfliktpotenzial herrscht kein Mangel. In den Niederlanden steigt die Arbeitslosenquote wieder an. Erstmals seit über zehn Jahren wurde wieder die Sechs-Prozent-Marke überschritten. Zusätzlich laufen die Kosten des Gesundheits- und Rentensystems immer mehr aus dem Ruder. Zur eigentlichen Herausforderung könnte sich allerdings die Krise auf dem Immobilienmarkt entwickeln. Angeheizt durch niedrige Zinsen und eine Regelung, bei der die Hypothekenzinsen von der Steuer abgesetzt werden können, sind die Häuserpreise seit 1990 explodiert. Seit 2008 fallen die Preise und Kreditnehmer, Banken und die Bauwirtschaft sehen sich massiven Problemen gegenüber. Der niederländische Immobiliensektor werde in eine ähnliche Krise geraten wie die Branche in Spanien, so lautet die Warnung, mit der unlängst der größte Baukonzern des Landes, die Royal BAM, für Aufsehen sorgte. Der Bauriese geht nicht davon aus, dass sich die Lage in den nächsten Jahren bessert, stattdessen wird mit einem weiteren

Rückgang der Preise um nochmals bis zu 15 Prozent gerechnet. BAM selbst hat bereits ein Viertel des Wertes seines niederländischen Grundbesitzes und seiner Immobilienprojekte abgeschrieben.

Was auf die niederländischen Banken zukommen könnte, machen jüngst veröffentlichte Zahlen des Finanzdienstleister SNS Reaal deutlich: Die notleidenden Immobilienkredite von SNS Reaal haben in der ersten Jahreshälfte um 38 Prozent auf 1,33 Milliarden Euro zugenommen. Nicht mehr bediente Hypotheken machen inzwischen 42 Prozent aller offenen Darlehen der Bank aus.

Betroffen sind aber nicht nur die Banken: Bei einem Gesamtvolumen von 640 Milliarden Euro an Hypothekenschulden haftet der Staat für 140 Milliarden Euro. Längst ist die Immobilienkrise auch zum Wahlkampfthema geworden, das für viele Niederländer sogar wahlentscheidend sein dürfte. Während Amtsinhaber Mark Rutte künftig generell die Steuernachlässe bei der Immobilienfinanzierung begrenzen will, haben Roemers Sozialisten einen Vorschlag im Angebot, der auf viele Wähler sehr verlockend wirkt: Nur die steuerliche Förderung für große Immobilienkredite soll gestrichen werden. Norman Hanert


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