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08.09.12 / Nur Taktik

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-12 vom 08. September 2012

Jan Heitmann:
Nur Taktik

Drei Jahrzehnte ist es her, dass Helmut Kohl ins Kanzleramt einzog und uns eine „geistig-moralische“ Wende versprach. Auf diese Wende warteten seine Wähler vergebens, doch hat er unser Land über seine Regierungszeit hinaus geprägt. Als „Kanzler der Einheit“ und „Architekt des Hauses Europa“ genießt er bei vielen noch immer hohes Ansehen. Das will sich nun die CDU zunutze machen, indem sie den Altkanzler in den kommenden Wochen bei Festakten und Veranstaltungen hochleben lässt. Anlass ist der Regierungswechsel vor 30 Jahren, bei dem Helmut Schmidt aus dem Amt gejagt wurde. Kurios: Der Verlierer von damals wird heute wie ein Popstar gefeiert, während es um den Gewinner schon lange ruhig geworden ist. Aber „Kanzler der Einheit“ ist eben nur einer. Dabei hat Kohl 1989/90 lediglich erkannt, dass es besser ist, auf die Lok eines anfahrenden Zuges aufzuspringen, als später vom letzten Wagen überrollt zu werden. So hat er seinem Zeitplan alles andere untergeordnet. Gleiches gilt für seine Rolle bei der Einführung des Euro.

Während Kritik am „Kanzler der Einheit“ einem Tabubruch gleichkommt, mehren sich sogar in den Reihen der CDU die Stimmen, die an dessen unrühmliche Versäumnisse bei der Einführung der Gemeinschaftswährung erinnern. Dem wirkt Angela Merkel, seine Nachfolgerin in Partei- und Staatsamt, mit seiner Hofierung entgegen. Zudem bedient sie Kohls Anhängerschaft, die sich von ihr vernachlässigt fühlt. Und nicht zuletzt nimmt sie Kohl bei seiner Kritik an ihrer Euro-Politik den Wind aus den Segeln. Die Hinwendung der Partei zu ihrer einstigen Lichtgestalt ist also kein Ausdruck wieder erwachter Zuneigung, sondern politischer Taktik.


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