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08.09.12 / Kriegswende an der Ostfront 1942 / Vor 70 Jahren verlor die deutsche Wehrmacht die Schlacht um Stalingrad und mit ihr die 6. Armee

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-12 vom 08. September 2012

Kriegswende an der Ostfront 1942
Vor 70 Jahren verlor die deutsche Wehrmacht die Schlacht um Stalingrad und mit ihr die 6. Armee

Das deutsche Ostheer hatte 1942 den Auftrag, die wirtschaftlich lebenswichtigen Zentren in Südrussland zu gewinnen. Man wollte den Gegner lähmen und eine Position gewinnen, in der man auch einen Mehrfrontenkrieg bestehen konnte. Stalingrad nahm dabei eine Schlüsselposition ein. Am 13. September 1942 begann die Schlacht um die nach Josef Stalin benannte Industriestadt an der Wolga.

Gut fünf Monate vor dem Beginn der Schlacht, am 5. April 1942, war auf deutscher Seite die Weisung ergangen, bis zur Stadt vorzudringen, die dortige Rüstung lahmzulegen und die Wolga zu sperren. Als Hauptziel galt aber die Eroberung der Erdölfelder des Kaukasus bei Majkop, Grosny und Baku. Damit wollte man die zentralrussischen Rüstungszentren ausschalten. So sollte die 6. Armee unter General Friedrich Paulus ganz allein Stalingrad in Besitz nehmen. Kurz darauf wurde zwar ein Teil der 4. Panzerarmee gegen Stalingrad abgezweigt, doch dies reichte nicht aus, um die Stadt rasch zu nehmen, da der Gegner laufend Reserven zur Verteidigung heranführte.

Während der Stoßflügel der 6. Armee endlich am 23. August das Wolgaufer nördlich von Stalingrad gewann, blieb die von Südwesten her angreifende 4. Panzerarmee liegen. Und als sich die beiden Stoßarme vereinigten, war der Gegner an den Stadtrand zurückgewichen, während von Norden her Entlastungsangriffe geführt wurden.

Der am 13. September mit nur fünf Divisionen begonnene Großangriff führte zu Kämpfen, die an Härte alles Bisherige in den Schatten stellten. Brennpunkte, wie etwa der Mamajew-Hügel und „Pawlows Haus“ erlangten schaurige Berühmtheit. Die Stadt sollte noch vor Einbruch des Schlechtwetters erobert werden, um dann die Flankenbedrohungen im Norden und Süden zu beseitigen. Nach und nach wurden zehn Divisionen in dieses mörderische Ringen geworfen. Nur kühne Stoßtrupps, unterstützt durch Pioniere und Sturmgeschütze, konnten noch Boden gewinnen. Die Sturzkampfbomber hielten zwar den Gegner nieder, doch die Zerstörungen begünstigten die Verteidiger.

Ungeachtet ihrer furchtbaren Verluste setzte die sowjetische 62. Armee den Kampf fort. Stellenweise brach Panik aus, es kam zu Selbstverstümmelungen, und viele Soldaten flohen über die Wolga. Der Befehlshaber, Generalleutnant Wassili Tschuikow, verhängte schärfste Strafen gegen „Drückeberger“ und spornte die erschöpften Soldaten an. Seine Armee wurde zwar laufend verstärkt, hielt aber Anfang Oktober nur mehr den Nordteil der Stadt.

Deutscherseits hätte man sich mit dem Erreichten zufrieden geben können. Doch Adolf Hitler hatte erkannt, dass er das Hauptziel des Feldzuges, die Erdölfelder von Grosny und Baku, nicht erreichen würde. Nun sollte wenigstens Stalingrad fallen, dessen Einnahme folgenschwer sein würde. Man erwog auch den Rückzug auf eine vorteilhafte kürzere Linie. Da Hitler dazu nicht bereit war, sollte die Reststadt mit einer letzten Anstrengung erobert werden. Die Deutschen stießen am 14. Oktober bis zum Wolgaufer durch und gewannen unter härtesten Kämpfen bis zum 17. November fast den gesamten Nordteil. Die 62. Armee, die nur mehr 6500 Mann zählte, hielt nur noch drei kleine Brückenköpfe an der Wolga. Tschuikow gab die Schlacht verloren.

Das Oberkommando der Wehrmacht (OKW) war Anfang November auf Nordafrika fixiert: Erwin Rommel befand sich nach der Niederlage bei El Alamein auf dem Rückzug, während US-amerikanische Truppen in Algerien landeten. Man hielt daher sechs Panzerdivisionen in Frankreich als Reserve zurück.

Inzwischen bereitete das sowjetische Oberkommando eine Großoffensive gegen die Front der Rumänen und Italiener am Don vor. Dort stand nur eine schwache Panzerdivision in Reserve. Als am 19. November drei starke sowjetische Armeen aus ihren Brückenköpfen am Don antraten, brach die Front der Rumänen rasch zusammen, und örtliche Gegenangriffe scheiterten. Am 23. November vereinigten sich die sowjetischen Panzerspitzen 50 Kilometer westlich von Stalingrad mit dem zweiten „Zangenarm“, der von Südosten vorgestoßen war. Noch hätte ein rascher Ausbruch das Ärgste verhindern können. Es wäre die halbe Wahrheit, nur Hitler die Verantwortung für das Kommende zuzuschieben. Paulus fasste zunächst die Armee westlich von Stalingrad in einem „Igel“ zusammen und ersuchte um Handlungsfreiheit zum Ausbruch nach Südwesten.

Hochrangige Generäle plädierten für den Ausbruch, da die Armee mit 20 Divisionen unmöglich längere Zeit aus der Luft versorgt werden könne und die Kräfte zum Entsatzangriff fehlten. Doch Hitler stützte sich auf Hermann Göring, der leichtsinnig den Lufttransport von täglich 350 Tonnen versprach, eine Menge, die keineswegs gedeckt werden konnte. Auch Generalfeldmarschall Erich von Manstein, der die Heeresgruppe Don befehligte, schlug am 24. November in Hitlers Kerbe. Er hielt den Entsatzangriff für die bessere Lösung.

Dieser Angriff begann am 12. Dezember und blieb 50 Kilometer vor dem Einschließungsring liegen. Es erscheint sinnlos, Paulus vorzuhalten, den Ausbruch nicht gewagt zu haben. Er musste damit rechnen, dass seine erschöpften Verbände auf den Schneefeldern südlich der Stadt aufgerieben würden. Außerdem musste Manstein am 23. Dezember einige seiner Kerntruppen abziehen, um den sowjetischen Durchbruch im Abschnitt der Italiener abzuriegeln.

So blieb für die 6. Armee keine andere Wahl, als auszuharren und sieben sowjetische Armeen zu binden. Wären diese freigeworden, hätte die Abschnürung der deutschen Truppen, die noch tief im Kaukasus standen, kaum verhindert werden können. Immerhin hätte Hitler den Opfergang der Armee, der bis zum 2. Februar 1943 dauerte, abkürzen können, wenn er den Kaukasus rechtzeitig aufgegeben hätte.

Von den knapp 200000 Eingeschlossenen konnten 25000 Mann aus dem Kessel ausgeflogen werden, während 113000 in Gefangenschaft gerieten, von denen nur 5000 heimkehrten. Der Gegner verlor allein 320000 Mann bei der Verteidigung der Stadt. Wäre den Deutschen die Eroberung Stalingrads gelungen, hätten sie immerhin ein politisches Faustpfand gewonnen. Eine erfolgreiche Verteidigung an Don und Wolga hätte gemeinsam mit den Abwehrsiegen an den übrigen Abschnitten der Führung neue Chancen geboten, etwa für einen Sonderfrieden.  Heinz Magenheimer


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