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08.09.12 / Eiseskälte führte ins Bordell / Henning Mankell kann nicht nur Krimis schreiben, wie dieser Roman zeigt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-12 vom 08. September 2012

Eiseskälte führte ins Bordell
Henning Mankell kann nicht nur Krimis schreiben, wie dieser Roman zeigt

In dem Roman „Erinnerung an einen schmutzigen Engel“ von Henning Mankell verschlägt es die mittellose 18-jährige Hanna Renström Anfang des 20. Jahrhunderts vom schwedischen Winter in die Hitze Südostafrikas. Da Hanna die älteste von drei Geschwistern ist, schickt ihre Mutter Elin sie schweren Herzens fort, als sie erkennen muss, dass sie nicht alle drei Kinder lebend durch den eisigen Winter bringen kann. Durch Zufall landet Hanna als Köchin auf einem Handelsschiff. Und hier beginnt ihr Abenteuer. Das Mädchen, welches die ersten 18 Jahre seines Lebens nur eine spärliche Holzhütte sein Zuhause nannte und Hunger wie Kälte als stetige Begleiter akzeptiert hatte, fährt hinaus in die große weite Welt.

Dem Leser gegenüber erscheint Hanna zunächst genauso spröde und ebenso einfach gestrickt wie ihre Herkunft, ein einsames Flussgebiet in Nordschweden. Doch mit ihren Lebensumständen wandelt sich auch der Charakter von Mankells Hauptfigur. Auf der Überfahrt nach Südostafrika erleidet die Frau einen schweren persönlichen Verlust, verlässt in Mosambik heimlich das Schiff und landet im „O Paraiso“, einem Etablissement mit zweifelhaftem Ruf, welches von dem freundlichen Senor Vaz geleitet wird. Im weiteren Verlauf des Romans wird Hanna ihrer Umgebung gegenüber offener und beginnt die Art und Weise, wie die weißen Menschen die Schwarzen behandeln, kritisch zu betrachten. „Am Kai fand fieberhaftes Löschen und Beladen statt … Die halbnackten Arbeiter trieften vor Schweiß, als sie mit ihrer Bürde über schwankende Gangways liefen. Und überall die weißen Männer mit ihren Tropenhelmen, die wie hungrige Raubtiere über ihre Sklaven wachten.“

Hanna ergreift die Chancen, die sich ihr bieten, nicht bedenkenlos, sondern eher wie aus Ermangelung einer besseren Idee. Kurioserweise steht das naive Mädchen aus dem sprichwörtlichen Mustopf am Ende als steinreiche Bordellbesitzerin da.

Wer Henning Mankell bisher nur als Autoren der Krimireihe um den Ermittler Kurt Wallander kennt, sollte nicht davon ausgehen, dass ihm auch der Roman „Erinnerung an einen schmutzigen Engel“ gefallen wird. Mankell selbst lebt abwechselnd in seiner Heimat Schweden und seiner Wahlheimat Mosambik. Dies erklärt die Liebe zum Detail, mit welcher er Hannas Heimat in Schweden und die Umgebung Mosambiks beschreibt. Vanessa Ney

Henning Mankell: „Erinnerung an einen schmutzigen Engel“, Paul Zsolnay Verlag, Wien 2012, 352 Seiten, gebunden, 21,90 Euro


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