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15.09.12 / Die Währungsunion wird italienisch / Draghi an der Notenpresse: Kritiker fürchten gigantische Verschiebung von Vermögen in den Süden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-12 vom 15. September 2012

Die Währungsunion wird italienisch
Draghi an der Notenpresse: Kritiker fürchten gigantische Verschiebung von Vermögen in den Süden

Mit dem unbegrenzten Kauf von Staatsanleihen bereitet die EZB den Weg in die Inflation vor. Diese wird Verlierer und Gewinner hervorbringen.

Kann man Wachstum einfach mit mehr Geld „herbeidrucken“, indem man die Notenbank Bares in unbegrenzter Höhe produzieren lässt? Die Erfahrung zeigt, dass das kaum funktionieren kann. Die hervorragende Bilanz der Bundesbank und ihrer

D-Mark zeigte etwas ganz anderes: Am besten fährt ein Land mit einer Notenbank, die auch in schweren Zeiten nicht der Versuchung erliegt, dem Staat, den Banken oder der Wirtschaft aus der Patsche zu helfen, sondern sich allein auf die Erhaltung der Geldwertstabilität konzentriert.

Denn damit erreicht sie Zweierlei: Das Geld der Sparer wie der privat Renten- oder Lebensversicherten bleibt stabil. Und Staat, Banken und Wirtschaft bleibt nichts anderes übrig, als sich am Riemen zu reißen, sprich: Sich durch Reformen, Sparanstrengungen und Innovation selbst aus dem Sumpf zu ziehen. Das Resultat ist ein Land mit wohlhabenden Sparern und einer höchst wettbewerbsfähigen Wirtschaft.

Mit seiner Entscheidung, Euro-Krisenstaaten künftig „unbegrenzt“ Notenbankgeld zur Verfügung zu stellen, habe der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, diese Erfahrung in den Wind geschrieben, urteilen vor allem deutsche Experten. Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, ist alarmiert: „Das ist der Beginn einer italienischen Währungsunion. Diese wird gekennzeichnet sein durch eine lockere Geldpolitik, einen weichen Euro und eine höhere Inflation.“

Der Italiener Draghi hätte gewarnt sein können: Als die EZB im Mai 2010 schon einmal begrenzt Staatsanleihen aufkaufte und so deren Zins drückte, nahm der damalige italienische Premier Silvio Berlusconi seine Reformen umgehend wieder zurück. Genau dies befürchten Draghis Kritiker, darunter auch Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, auch dieses Mal.

Draghi hält dagegen, dass das EZB-Geld nur an jene Länder fließen werde, die sich zuvor den Auflagen eines europäischen Rettungsschirms gebeugt hätten. Diese indes werden von der EU-Kommission erlassen und von ihr, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der EZB überwacht. Die Erfahrung zeigt, dass vor allem Brüssel schnell bereit ist, die Zügel schießen zu lassen, wenn ein Land signalisiert, dass die Auflagen „zu hart“ seien.

Es sieht nach einem Versteck­spiel aus: Zahlt die EZB den Löwenanteil, werden die Regierungen der Retter-Länder entsprechend von Rettungsmilliarden entlastet, deren Bewilligung sie vor ihren Völkern rechtfertigen müssten. Andererseits kann sich die EZB dem Vorwurf entziehen, sie unterminiere die Festigkeit des Euro durch verantwortungsloses Gelddrucken für Schuldenstaaten, indem sie auf die „Auflagen“ verweist, deren Einhaltung schließlich auch EU und IWF zu überwachen hätten und nicht allein die Notenbank.

Um Inflation zu verhindern, will Draghi nur Staatsschulden mit einer Laufzeit von wenigen Jahren übernehmen. Wenn diese Anleihen auslaufen und die EZB sie nicht noch einmal übernimmt, würde so das frische Notenbankgeld dem Markt wieder entzogen, bevor es inflationstreibend wirken könne. So das Versprechen der EZB.

Eine Milchmädchenrechnung, behaupten die Kritiker: Je mehr die Notenbank sich mit Staatsschuld-Titeln belaste, desto erpressbarer werde sie nämlich. Bald könnten Staaten, deren Schulden zigmilliardenfach in der Bilanz der EZB stehen, mit ihrem eigenen Bankrott drohen. Dann geriete Draghis Institut selbst in beträchtliche Schieflage und wäre also gezwungen, gegen ihren Willen weiterhin Staatsfinanzierung zu betreiben. Daher, so die Befürchtung, werde die Staatsfinanzierung kaum ein so gutes und reibungsloses Ende nehmen wie der EZB-Präsident es heute verspricht. Der Überschuss an Geld würde sich dann in der nächsten konjunkturellen Erholungsphase in einer satten Inflation entladen.

Die Europäer würden indes von Inflation unterschiedlich hart getroffen, wie der Vergleich zwischen Spanien und Deutschland zeigt. 83 Prozent der spanischen Haushalte leben im Eigenheim, mieten ist die große Ausnahme. Allerdings sind Millionen davon mit hohen Hypotheken belastet. Auch sonst haben die Spanier nach der Einführung des Euro großzügig Kredite aufgenommen, die Sparquote ist gering.

Anders Deutschland: Hier lebt die Mehrheit zur Miete, dafür haben die Deutschen im Schnitt relativ hohe Vermögen etwa in Lebensversicherungen, privaten Rentenversicherungen und auf Bankkonten angesammelt. Die private Verschuldung ist verhältnismäßig gering.

Bei einer Inflation werden die Hypothekenschulden der Spanier ebenso entwertet wie die Guthaben der Deutschen. Zumal, wenn die Inflation nicht ausgeglichen wird durch angemessen hohe Zinsen. Die Zinsen künstlich zu drücken aber ist das ausdrückliche Ziel der EZB-Politik. So sollen sich die Staaten billiger verschulden können.

Kritiker sehen in der Politik der EZB denn auch vor allem eine gigantische Verschiebung von Vermögen aus dem Norden in den Süden der Euro-Zone. Am Ende könnte sich der Spanier über sein schuldenfreies Haus freuen, während der Deutsche vor den Trümmern seiner Ersparnisse steht. Hans Heckel


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