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15.09.12 / Drachme bereits einkalkuliert / Banken und Unternehmen planen für den »Grexit«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-12 vom 15. September 2012

Drachme bereits einkalkuliert
Banken und Unternehmen planen für den »Grexit«

Während die Politik noch vehement einen Zerfall des Euro ausschließt, bereiten sich die Banken und Finanzkonzerne längst darauf vor. Sie horten Bares und treffen Vorkehrungen, um die Risiken abzumindern. Auch Pläne für die „neue Drachme“ sollen schon in den Schubladen liegen.

Sogenannte Euro-Krisenteams arbeiten offenbar schon seit Monaten an dem absehbaren Szenario, dass zumindest Griechenland aus der Euro-Zone ausscheidet. Hinter den Kulissen sind Risikomanager, Kundenbetreuer und Spezialisten für die Unternehmenskommunikation eingebunden. Während Volkswirte an ökonomischen Prognosen werkeln, beschäftigen sich andere Mitarbeiter mit praktischen Fragen. Wie lange muss die eigene Bank am Tag X schließen? Wie stoppt man Überweisungen in ein Land, das die Euro-Zone verlässt? Auch Pläne über die Schließung von Geldautomaten oder die zeitweilige Sperrung von Sparbüchern sollen bereits vorliegen, wie ein Banker im vertraulichen Gespräch verriet. Auch wenn nur eine Wahrscheinlichkeit von fünf oder zehn Prozent für eine Euro-Schmelze bestehe, habe ein Bankinstitut die Pflicht, sich auf ein solches Szenario einzustellen. Aktuell bezifferte der Bankmanager das Risiko schon auf 15 bis 20 Prozent.

Wie die „Frankfurter Allgemeine“ berichtete, haben Berater der Finanzberatung Capco ein etwa 300 Seiten starkes Kompendien für den Tag des Austritts eines Euro-Mitglieds geschrieben. Jede Anlageklasse habe ihren eigenen bis zu 30 Seiten umfassenden Ablaufplan. Capco-Partner Bernd Richter berichtete: „Für unsere Kunden haben wir genau getestet: Was muss ich am Computersystem verändern, damit der Trader in der Suchmaske auch die neue griechische Drachme finden kann? Und wie schnell kriege ich das hin?“ Selbst die Mails und Briefe des Vorstandsvorsitzenden an die Mitarbeiter und an die Presse seien schon in ihren wesentlichen Inhalten festgelegt worden.

Auch wenn die EZB nun mit ihrem umstrittenen unbegrenzten Aufkaufprogramm von Staatsanleihen gegenzusteuern versucht, die Wahrscheinlichkeit, dass die ganze Euro-Zone zerbricht, wird nicht geringer. Länder wie Spanien und Italien dementieren noch, unter einen der beiden Euro-Rettungsschirme flüchten zu müssen, doch bisher folgten den Dementis stets die konkreten Anträge. „Rund ein Drittel der Führungskräfte in deutschen Unternehmen hält es für wahrscheinlich, dass der Euro in einen Nord- und einen Süd-Euro zerfallen könnte“, berichtet Alexander Roos von der Unternehmensberatung Boston Consulting. Zwar glaube eine Mehrheit der Wirtschaftsleute immer noch, dass der Euro bleibt, aber man bereitet sich trotzdem auf den Ernstfall vor.

Am offensten unter den verschwiegenen Bankleuten zeigte sich noch Michael Diekmann, Chef der Allianz. „Unser Basis-Szenario ist unverändert, dass Griechenland in der Euro-Zone verbleibt“, sagte er Anfang August, „die Entwicklung der letzten Monate hat aber gleichzeitig das Risiko anderer Szenarien wachsen lassen.“ Hinrich E. Bues


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