19.04.2024

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15.09.12 / Die ostpreussische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-12 vom 15. September 2012

Die ostpreussische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

auf vielen Treffen, ob in einer landsmannschaftlichen Gruppe, ob in einem Familienverband oder in einem Freundeskreis, feiern auch wir mit. Denn oft hat unsere Zeitung mitgeholfen, dass sich die Teilnehmer zusammenfinden konnten, wenn ein an uns gestellter Suchwunsch Erfolg hatte. Auch noch nach Jahr und Tag, wenn von dem Ereignis kaum noch jemand spricht. Umso erfreulicher ist es, wenn man dann die Nachricht bekommt, dass das Ostpreußenblatt vor Jahrzehnten mitgeholfen hat, die Angehörigen einer vertriebenen Familie zusammenzubringen und dass sich diese noch heute daran erinnern. Der Anlass war ein Familientreffen, das dieser Tage mit vielen Teilnehmern auch aus der jüngeren und jüngsten Generation stattgefunden hat. Und wir hätten nichts davon gewusst, wenn nicht ein aufmerksamer Leser einen Bericht in einer norddeutschen Lokalzeitung gefunden hätte, in dem das Schicksal der Familie Mill aus dem Kreis Gerdauen geschildert wird mit Hinblick auf dieses Familientreffen bei Dithmarschen. Herr H. J. Manthey aus Hohn stutzte, als er in dem ausführlichen Bericht den Namen Ostpreußenblatt las. Und sagte sich sofort: „Das muss die Redaktion doch erfahren!“, schnitt den Artikel aus und übersandte ihn uns mit dem kurzen Vermerk: „Diesen Bericht möchte ich der PAZ nicht vorenthalten, sie war ja auch an der Lösung der Familiengeschichte beteiligt. Wir, die wir noch zur Erlebnisgeneration gehören, haben die Aufgabe, Geschichte zu erhellen und zu erhalten.“ Das ist ja die Hauptaufgabe unserer Ostpreußischen Familie und besser, als es Herr Manthey getan hat, hätte man sie nicht formulieren können.

Wir können nicht die Geschichte der Familie Mill so, wie sie geschildert wird, wiedergeben, denn sie wurde ja nicht direkt an uns herangetragen. Aber so viel wollen wir dem Bericht entnehmen, dass ein jüngeres Mitglied der Großfamilie, die nach der Flucht verstreut vor allem in Norddeutschland lebte, etwa in den 80er Jahren im Ostpreußenblatt eine Suchanzeige las und auf den Namen Johanna Mill stieß. Es war der seiner Tante, und der Neffe setzte sich sofort mit ihr in Verbindung. Johanna Mill war mit neun Kindern aus ihrem Heimatdorf Werschen, Kreis Gerdauen, geflüchtet, hatte dann zusammen mit ihrem Mann Hermann Mill in Dithmarschen eine Bleibe gefunden. Aufgrund der Anzeige konnte sie 1992 im Kreise wiedergefundener Angehöriger ihren 90. Geburtstag feiern, ihr Ehemann war leider schon verstorben. Die Sippe blieb von da an zusammen und wuchs und wuchs, sodass zu dem diesjährigen Familientreffen Anfang September über 100 Teilnehmer erwartet wurden. Lebendige Familiengeschichte, die auch auf einem zwei Meter langen Stammbaum mit sämtlichen Verästelungen, die der heute 71-jährige Neffe der inzwischen verstorbenen Johanna Mill erstellt hat, dokumentiert ist. Wir freuen uns jedenfalls, dass unser Ostpreußenblatt, das einmal mit die Weichen gestellt hat, nicht vergessen wurde, und wünschen der Großfamilie weiteren Zusammenhalt. Ich habe mich vor allem deshalb über diese Geschichte so gefreut, weil sie Mut macht. Denn oft spielt in den Anfragen unterschwellig die Skepsis mit: Hat das überhaupt noch Zweck? Da bin ich dankbar für jede Mitteilung, die Hoffnung aufkeimen lässt. Es ist spät, aber eben in vielen Fällen noch nicht zu spät.

In der Suchfrage, die uns Frau Ilona Hofmann aus Großschönau vorträgt, handelt es sich eigentlich um ein Vermächtnis. Denn ihre Mutter verriet erst, als sie im Sterben lag, ihren Wunsch, den sie ihr ganzes Leben lang im Geheimen gehegt hatte: Sie hätte so gerne erfahren, wer ihre leibliche Mutter war. Sie hatte ihre Tochter nie mit diesem Problem belasten wollen, aber kurz vor dem Tod gab sie es doch an diese weiter. Frau Hofmann fühlt sich nun verpflichtet, für die Verstorbene nach deren Herkunft zu forschen, und wendet sich an uns, weil die Spur nach Königsberg führt. Die heute 49-Jährige schreibt: „Meine Mutter wurde am 17. Oktober 1938 in Königsberg als Annemarie Bastian geboren. Gleich nach der Geburt wurde sie in ein Kinderheim gegeben, wo sie die ersten zehn Monate ihres Lebens verbrachte. Danach kam sie in eine Pflegefamilie, die bereits mehrere Kinder betreute. Die Pflegeeltern Erich und Marianne Doneith behielten die Kinder auch in den ersten Kriegsjahren. Als sich das Ende abzuzeichnen begann, wurden sie in ihre Familien zurückgegeben, nur meine Mutter nicht. Sie verblieb bis zu ihrer eigenen Heirat bei der Familie Doneith, wurde aber nie adoptiert. Sie können sich sicher vorstellen, wie sehr diese Ereignisse ihrer frühen Kindheit meine Mutter zeitlebens belastet haben, doch nie hat sie uns etwas spüren lassen. Aber sicherlich liegt hier der Grund für ihre tiefe Traurigkeit und Schwermut. Deshalb, und weil es der Herzenswunsch meiner Mutter war, möchte ich herausfinden, wer ihre Mutter war. Welche Beweggründe hatte sie? Wurde ihr Gewalt angetan? Ist sie bei der Geburt gestorben? Oder war sie ganz woandershin geflüchtet? Alle diese Fragen beschäftigen mich sehr.“

Und uns auch, liebe Frau Hofmann, denn sie haben uns ja diese Fragen zu einer möglichen Klärung übermittelt und hoffen sehr auf unsere Ostpreußische Familie, die Ihnen als „beste Option“ vorgeschlagen wurde. Es sind schon viele ähnliche Fälle im Laufe der Zeit an uns herangetragen worden, und sie gehören mit zu den schwierigsten, weil ja schon zu Lebzeiten der Betroffenen über die Ursachen geschwiegen wurde. Ob und was die Pflegeeltern über die Herkunft des Kindes wussten, wird sich nicht mehr klären lassen. Das Ehepaar Doneith muss in oder um Königsberg gewohnt haben, denn aus einer der wenigen Angaben, die Frau Hofmann noch zu ihrer Mutter machen kann, geht hervor, dass Annemarie Bastian als Sechsjährige mit ihren Pflegeeltern von Königsberg nach Chemnitz geflüchtet ist, zum größten Teil zu Fuß. Ein weiterer wichtiger Anhaltspunkt ist der Familienname „Bastian“, der vermutlich der Mädchenname der leiblichen Mutter ist. Fraglich ist, ob sie aus Königsberg stammte oder dort nur ihr Kind zur Welt brachte. Es steht auch die Frage im Raum, warum das Mädchen nicht zur Adoption freigegeben wurde. Wenn die Familie Doneith es nicht adoptieren wollte, warum nicht eine andere Familie? Aber sicherlich spielten auch die verworrenen Umstände während der Kriegs- und Nachkriegszeit eine Rolle. Immerhin blieb Annemarie Bastian bis zu ihrer Heirat bei ihrer Pflegefamilie, was ja auch auf eine gewisse Bindung – ob gewollt oder nicht – schließen lässt. Es könnte durchaus möglich sein, dass noch andere Pflegekinder von Erich und Marianne Doneith aus der Königsberger Zeit leben, die etwas über die Familie sagen könnten. Über jeden Hinweis würde sich die Tochter freuen, weil ihr diese nie gelöste Lebensfrage ihrer Mutter so am Herzen liegt. (Ilona Hofmann, Wiesenweg 1 in 02779 Großschönau, Telefon 035841/2294, E-Mail: ilona.hofmann@web.de)

Auf Ahnensuche ist Frau Heike Kaiser aus Neuss, und da mindestens drei Linien nach Ostpreußen führen, ist sie bei uns – über Umwege – an die richtige Adresse gekommen. Allerdings ist es nicht ganz leicht, die angeführten Personen genealogisch einzuordnen, denn Frau Kaiser konzentriert sich nur auf die Suche nach ihren Urgroßeltern. Aber versuchen wir es einmal zuerst mit den Vorfahren, die in Vandsburg und Lötzen lebten. Es handelt sich um den Brauereiverwalter Franz Max Draheim, *2. November 1876 in Vandsburg, Kreis Flatow, †3. Dezember 1938 in Jagodnen, Kreis Lötzen. Er war verheiratet mit Martha Rottermund, *1881 in Ludwigsthal, †1961 in Bremen. Sie hatten sieben Kinder: Gertrud Auguste, *1915 in Danzig, †1966 in Bremen, Margarete, gestorben in Bremen, Lina, *1902 in Sablotzsyn, †1986 in Bremen, Heinrich, Horst, Ulrich und Fritz. Die Erstgenannte war die Großmutter von Frau Kaiser, die nun gerne mehr über ihren Urgroßvater Franz Max Draheim erfahren würde, der in Jagodnen/Krösten eine Gaststätte hatte. Wer kann sich an die Familie Draheim erinnern und etwas über die Gaststätte sagen? Sie sucht auch Informationen über den Vater ihrer Urgroßmutter Martha, den Gemeindevorsteher und Landwirt in Ludwigsthal, Kreis Löbau Heinrich Rottermund, *1848, verheiratet mit Eva geborene Rottermund. „Gab es noch mehr Rottermunds?“, fragt Frau Kaiser, aber diese Frage wird kaum zu beantworten sein. Bei ihren „Ahnen Kaiser“ dürfte es weniger Schwierigkeiten geben, denn sie führen in den Kreis Preußisch Holland. Die Familie stammt aus Fürstenau, denn von dort ging Urgroßvater Gottfried Kaiser als Stellmacher mit seiner Frau Henriette geborene Oppermann und den erstgeborenen Kindern nach Schlobitten. Das muss so um die Jahrhundertwende gewesen sein. Das geht aus den Geburtsorten ihrer Kinder hervor, soweit sie bekannt sind – es sollen insgesamt 16 Geburten gewesen sein. Fritz Ernst und Rudolf wurden noch 1896 und 1898 in Fürstenau geboren, Gustav Karl bereits 1905 in Schlobitten. Ihm folgten 1908 Gottfried Ernst und Dora Henriette 1915. Die Familie wohnte zuletzt in Mühlhausen/Schönfeldt, Kreis Preußisch Holland. Als Beweis besitzt Frau Kaiser eine Postkarte von 1944. Es müssten also noch ehemalige Nachbarn und Bekannte der Familie Kaiser leben, die ja schon durch ihre vielen Kinder Verbindungen zu anderen Familien hatte. Vielleicht sind einige Nachbarn mit ihnen zusammen auf die Flucht gegangen oder haben gemeinsam den Russeneinfall erlebt? Leider fehlen von Urgroßvater Gottfried Kaiser und seiner Frau Henriette alle Daten. Nun hofft Frau Kaiser auf Zuschriften, über die sie sich sehr freuen würde. (Heike Kaiser, Rembrandtstraße 100 in 41466 Neuss, Telefon 02131/460752.)

Es gibt Leserfragen, die ich auch nach gründlicher Recherche nicht beantworten kann, die mich aber so interessieren, dass ich mich an ihnen wie ein alter Jagdterrier festbeiße. So ergeht es mir im Augenblick mit mehreren Suchfragen, von denen ich eine herausgreifen will, obgleich ich glaube, dass sie auf diese Weise auch nicht zu lösen ist. Aber schon allein das Foto, das den Königsberger Kaufmann Albert Kremp anlässlich seines 60. Geburtstages im Büro seiner Lederhandlung zeigt, wird viele Königsberger ansprechen, deren Familien auch zur Kaufmannschaft der alten Handelsstadt gehörten. Sein Enkel Manfred Kremp hat es mir zugesandt mit der Bitte, ihm zu erklären, welche der Königsberger Pregelbrücken das Bild über dem Schreibtisch zeige. Die erste, online übermittelte Kopie ließ nur vage Umrisse erkennen, also erbat ich einen Fotoabzug, den wir nun heute veröffentlichen. Ich armer Tor bin aber nicht klüger als zuvor, denn Brücke und Gebäude sind auch nicht klar erkennbar. Die Grüne Brücke mit der Börse könnte es nicht sein, meint Herr Kremp – was ich auch glaube, denn die klar gegliederte Wasserseite des 1875 erbauten imposanten Gebäudes ist nicht auszumachen, außerdem irritieren die vielen Kräne. Aber welches große Gebäude zeigt das Bild dann? Vielleicht hatte der Kaufmann Albert Kremp einen persönlichen Bezug zu diesem Bild und wurde deshalb mit ihm fotografiert? Die Lederhandlung von Kremp befand sich in der Altstädtischen Bergstraße oberhalb der Schmiedebrücke, lag aber nicht direkt am Pregel. Wie auch immer: Unsere Leserinnen und Leser werden das Motiv aufgrund der schwachen Wiedergabe auch nicht identifizieren können. Wer glaubt, ein guter Kenner der Königsberger Brücken zu sein – die ja schließlich auch den großen Mathematiker Euler zu seiner unlösbaren Aufgabe veranlassten – und Herrn Kremp und mir helfen möchte, melde sich bitte, dann übersende ich gerne das Foto. Die Anschrift von Herrn Manfred Kremp lautet: Am Grashof 40 in 28355 Bremen, Telefon (0421) 429488.

Eure Ruth Geede


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