24.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
22.09.12 / Latinos plötzlich heiß begehrt / USA: Demokraten und Republikaner überschlagen sich im Kampf um die Wählerstimmen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-12 vom 22. September 2012

Latinos plötzlich heiß begehrt
USA: Demokraten und Republikaner überschlagen sich im Kampf um die Wählerstimmen

Verblüfft nahm die „Los Angeles Times“, mit knapp einer Million verkauften Exemplaren pro Tag eine der auflagenstärksten Tageszeitungen in den USA, die auffällig vielen lateinamerikanischen Redner auf den Parteitagen der Republikaner und Demokraten zur Kenntnis. Und auch in den Wahlversammlungen bekundeten viele Politiker sehr oft ihre Verbundenheit zu den Latinos. Grund hierfür ist, dass der Anteil dieser Bevölkerungsgruppe an der Gesamtbevölkerung der USA stetig zunimmt. In den letzten acht Jahren sind US-Bürger lateinamerikanischer Herkunft die am stärksten anwachsende Wählerschicht geworden.

Der Kampf um die Stimmen der Latinos hat zu einem Wettbewerb darum geführt, wer intensiver die Sprache der Latinos benutzt: „Que usa mas Espanol“. „Verständlich“, sagt Jaime Regalado, Geschichtsprofessor an der California State University. „Plötzlich spielt diese Wählerschaft, auf die besonders von republikanischer Seite früher eher herabgesehen wurde, eine so entscheidende Rolle. Da will jede Partei demonstrieren: ,Ihr seid uns wichtig!‘“ Obwohl, wie er hinzufügt, die meisten Betroffenen so lange im Land leben, dass sie selber kaum noch Spanisch sprechen. Was jedoch zählt, sind die Lebensgeschichten derer, die den amerikanischen Traum verwirklicht haben.

„Mi padre, Mitt Romney, es un hombre de famiglia“, stotterte Romneys 31-jähriger Sohn Craig vor den Delegierten, den inneren Blick auf das spanisch-sprechende Fernsehpublikum gerichtet. Auch wurde der Parteitag der Republikaner bewusst in Tampa, Florida, abgehalten, denn Florida hat eine riesige Kolonie von eher konservativen Exil-Kubanern. Und so war es dann auch der Senator dieses Bundesstaates, der Exil-Kubaner Mario Rubio, der mit seiner Rede den Auftritt von Mitt Romney ankündigte, in der dieser seine Wahl zum Präsidentschaftskandidaten offiziell annahm. Allerdings haben die Republikaner im Werben um die Latinos das Handicap, dass sie sich für die konsequente Abschiebung illegaler Einwanderer einsetzen und diese häufig aus Lateinamerika kommen.

Wie die Republikaner wählten auch die Demokraten bei ihrem Parteitag in North-Carolina lateinamerikansiche Redner für ihren Parteitag und so wurde auch dort Spanisch gesprochen. Mit „Si, se puede!“, der spanischen Übersetzung von Obamas Wahlslogan von 2008 „Yes, we can!“, startete der Parteitagsorganisator, Los Angeles Bürgermeister Antonio Villaraigosa, seinen Auftritt.

Zur Sensation jedoch geriet die flammende Rede eines anderen, des noch weithin unbekannten, doch steil aufstrebenden beliebten Bürgermeisters von San Antonio, Texas, Julian Castro. Der 37-Jährige, vorgestellt von seinem Zwillingsbruder Ramon Castro, der für das Repräsentantenhaus kandidiert, sprach die Opfer seiner mexikanischen Großmutter an, die mit seiner Mutter einst nach San Antonio auswanderte. „Sie hatte nichts. Nur ihren Traum und ihren Glauben an eine Zukunft für ihre Familie in Amerika. Sie arbeitete in den härtesten Jobs, Tag und Nacht. Und hier stehen wir heute, ihre Enkelkinder, auf diesem Podium. Sie hat das nicht mehr erlebt. Aber sie verlor keinen Augenblick ihre Zuversicht: Wir schaffen es!“ Julian Castro hat seit seiner Wahl 2009 San Antonio zum Erblühen gebracht mit den gleichen Mitteln, die Obama für Amerika erstrebt: Verbesserung der Ausbildungsmöglichkeiten, verstärkter Umweltschutz, Ausbau der Infrastruktur, was Jobs schafft, – und das ganze gewürzt mit einer Prise Lokalpatriotismus. Mit seiner Rede ist der Harvard-Absolvent über Nacht zum neuen Polit-Star geworden. Und sofort wurde die Erinnerung an den Parteitag von 2004 wach, als der weitgehend unbekannte Senator von Illinois, Barack Obama, mit seiner gewaltigen Rede in die Schlagzeilen schoss und das Fundament legte für den Weg ins Weiße Haus. Könnte es Julian Castro ähnlich ergehen? Er lacht: „Das bezweifle ich. Noch ein Präsident Castro?!“ Liselotte Millauer


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren