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22.09.12 / Es wehte ein Hauch des alten Tilsit / Zum Stadtfest erhielt das Zentrum wieder sein historisches Antlitz

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-12 vom 22. September 2012

Es wehte ein Hauch des alten Tilsit
Zum Stadtfest erhielt das Zentrum wieder sein historisches Antlitz

Die Stadt am Memelstrom mausert sich. Bald wird sie nicht nur wieder Tilsit heißen, sondern diesen Namen auch verdienen. Einen Vorgeschmack lieferte das dreitägige Stadtfest.

Einen Hauch des Tilsit vor Flucht und Vertreibung bekam der Besucher des diesjährigen Stadtfestes zu spüren. Überall wehten die Fahnen in den alten Tilsiter Stadtfarben Grün-Weiß-Rot mit dem historischen Wappen, welches Herzog Albrecht der Stadt im Jahre 1552 verliehen hat. Am Hohen Tor hatte man altdeutsche Straßenlaternen aufgestellt. Wegweiser wiesen in deutscher Sprache zur Clausiusstraße, Hohen Straße, Jägerstraße und Angerpromenade. Die Häuser rund um das Hohe Tor waren denkmalsgerecht saniert, die Straße mit Kopfsteinpflaster erneuert und vor dem Reithmeierschen Haus war sogar eine Straßenbahnhaltestelle entstanden. Ein Straßenbahnwagen aus den 20er Jahren – wenn auch nur stationär platziert – zog die Blicke der Passanten auf sich und erzeugte ein Flair der Vorkriegszeit. Er wird künftig als Museum genutzt werden.

Während des Stadfestes fand auf dem Schloßmühlenteich die „Erste Tilsiter Regatta“ statt, an der Rudermannschaften in verschiedenen Klassen starteten. Das Erstaunliche lag vor allem im Namen „Tilsitskaja Regata“. Nicht nur hier las man dem Namen „Tilsit“. Man begegnete ihm auf Schritt und Tritt und es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis er wieder eingeführt wird. Man konnte ihn auf den Taxis lesen, auf Baseballkappen, in Firmenbezeichnungen und sogar die Rocker, die mit ihren schweren Maschinen auftraten, trugen auf ihren Lederkombinationen und auf ihren Fahnen die Aufschrift „Legion Tilsen“, und das nicht etwa in kyrillischen Buchstaben, sondern in deutscher Schrift.

Im Stadtgeschichtlichen Museum lud die Museumsdirektorin Angelika Spiljowa zur Eröffnung einer Ausstellung ein. Präsentiert wurden 20 Lithografien des gebürtigen Tilsiters Armin Mueller-Stahl zu Goethes „Urfaust“. Bei der kürzlich erfolgten Auszeichnung zum Ehrenbürger hatte der Künstler die Originale seiner Heimatstadt geschenkt. Es war nicht die erste Ausstellung deutscher Künstler. Bereits in den zurückliegenden Monaten war die junge Museumsdirektorin bemüht, den heutigen Bewohnern die schöpferischen Leistungen gebürtiger Tilsiter nahezubringen. Ausstellungen von Sebastian Holzner und Gerhard Spilgies trugen dazu bei, die kulturelle Vergangenheit der Stadt im Bewusstsein der Menschen lebendig zu machen.

Vieles hat sich im Denken der heutigen Bewohner verändert. Eine neue Generation ist herangewachsen. Sie hat andere Sichtweisen und denkt europäischer. Der Oberbürgermeister ist 42 Jahre alt. Er, wie auch seine aufgeschlossenen Mitarbeiter, haben den geschichtsträchtigen Boden, auf dem sie leben, in seiner historischen Dimension erkannt und tun alles, um gemeinsam mit den in der Stadtgemeinschaft Tilsit vereinten ehemaligen Bewohnern das historische Erbe zu bewahren. Es wird den heutigen Bewohnern nahege­bracht und soll auch für touristische Zwecke nutzbar gemacht werden. In Vorbereitung ist die Wiedererrichtung des Denkmals der Königin Luise an seinem alten Standort im Park Jakobsruh und nicht zuletzt auch die Wiederbelebung der Herstellung des Tilsiter Käses. Der Unternehmer Bruno Buntschu aus der Schweiz nutzte das Stadtfest, um das fertige Projekt einer Schaukäserei mit einem Investitionsumfang von sieben Millionen Euro vorzustellen. Die Käserei wird eine alte Tilsiter Tradition zu neuem Leben erwecken und den jetzigen Bewohnern Tilsits die Historie der Stadt bewusst machen. Hans Dzieran

Der Autor ist der Kreisvertreter von Tilsit-Stadt.


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