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29.09.12 / Ungeliebte Roma / Autor analysiert Vorurteile in Ost- und Westeuropa

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-12 vom 29. September 2012

Ungeliebte Roma
Autor analysiert Vorurteile in Ost- und Westeuropa

Bis 2015 läuft noch das „Jahrzehnt der Roma-Inklusion“, in dem es um die Einbeziehung der Roma in die Gesellschaft geht und das von zwölf europäischen Staaten getragen wird. Doch das Projekt ist bisher nicht von Erfolg gesegnet, da „Roma-Freunde und Roma-Feinde mit ihren Argumenten endlos Ping-Pong spielen können“, sagt Norbert Mappes-Niediek, gefragter Balkankorrespondent und Buchautor. Wer, wie, was sind „Roma“, so die kniffligen Frage, derer er sich in seinem neuen Buch annimmt. In Osteuropa sei fast jeder irgendwann mit Roma-Kindern zur Schule gegangen und „weiß“, dass sie faul, unmotiviert, zurück­geblieben, eben rundum „unangemessen“ seien. Im Westen fänden sich hingegen lauter „Experten“, obwohl sie „noch nie ein Roma-Viertel betreten“ hätten und gar nicht wüssten, wovon sie reden.

Hunderttausende Roma drängen nach Westeuropa, wo die Regierungen vor ihnen „Angst“ hätten und sich „mit harten, aber unwirksamen Methoden“ ihrer erwehren wollen, so der Autor. Kommen die Roma aus Rumänien oder Bulgarien, sind sie aber EU-Bürger und könnten nur schwer kontrolliert oder abgeschoben werden. Damit seien westliche Gesellschaften Gefahren von Seiten der Roma ausgesetzt, die Realität, aber auch üble Nachrede seien, wie Mappes-Niediek faktenreich auflistet: Zwangsprostitution, Bettelei, Familiendelinquenz und anderes mehr, was auch Roma Roma vorwerfen, denn „von Identifikation mit allen anderen Roma kann keine Rede sein“.

Auf diese Verachtung kommt der Autor ständig zurück. Roma seien „selber schuld“, wenn sie in Armut und Schmutz lebten, so der östliche Konsens. Wenn Westler „gescheit mit Menschenrechten herumfuchteln“ und Roma-Armut als Folge von Diskriminierung anklagten, dann sollten sie „doch mal selbst Tür an Tür mit diesen Zigeunern leben“, merkt der Autor an. Selbst mitfühlende Experten hätten für westliche „gut gemeinte Initiativen nur Spott übrig“.

Gegen Ende seines Buchs kommt Mappes-Niediek auf Historie und Kultur der Roma zu sprechen, etwas flüchtig und wenig überzeugend, etwa wenn er Roma mit schwarzen Sklaven aus dem amerikanischen Süden vergleicht – das haben rumänische, tschechische, deutsche und andere Tsiganologen besser hingekriegt. Dagegen stehen Ausführungen voll galliger Brisanz, etwa zur „Gypsy industrie aus Nichtregierungsorganisationen, die oft nur aus ihrem Vorsitzenden und dessen Bankkonto bestehen“.

„Was wäre, wenn es die Roma nicht gäbe“, fragt der Autor am Schluss. Und antwortet, dass Probleme beim Namen genannt würden: Armut, Arbeitslosigkeit, Bettelei würden nicht mehr durch Kulturforschung und „Roma-Programme“, sondern durch Sozialprogramme bekämpft. Wolf Oschlies

Norbert Mappes-Niediek: „Arme Roma, böse Zigeuner. Was an den Vorurteilen über die Zuwanderer stimmt“, Ch. Links Verlag, Berlin 2012, 208 Seiten, 16,90 Euro


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