18.04.2024

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06.10.12 / Völlig weltfremd / Autoren suchen Alternativen zur Demokratie

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-12 vom 06. Oktober 2012

Völlig weltfremd
Autoren suchen Alternativen zur Demokratie

Die beiden niederländischen Autoren Frank Karsten und Karel Beckman beschreiten einen ungewöhnlichen Weg. Aus libertärer Sicht schreiben sie, dass das demokratische Prinzip in eine Sackgasse führe. Damit brechen sie ein Tabu, denn Demokratie gilt vielen per se als gut. Trotzdem lohnt sich eine Auseinandersetzung mit ihren Thesen, auch wenn die Verfasser erkennbar im Elfenbeinturm beheimatet sind. Karsten und Beck­man sind Idealisten, und Idealisten neigen dazu, vermeintlich einfache Lösungen zu präsentieren. Doch der Reihe nach.

Nach Auffassung der Autoren ist Demokratie Sozialismus durch die Hintertür. Demokratie sei nicht gleichzusetzen mit Freiheit, denn sie sei eine Form der Diktatur – „der Diktatur der Mehrheit und des Staates“. In ihrem schmalen Büchlein vertreten sie den Anspruch, zunächst 13 Mythen der Demokratie zu entlarven. Demokratie sei nicht alternativlos: „Zum Glück gibt es einen anderen Weg, auch wenn es vielen Leuten schwerfällt, sich ihn vorzustellen. Der Weg ist: weniger Demokratie. Weniger Staat. Mehr individuelle Freiheit.“

Anschließend überlegen sie, wie ein solches libertäres Ideal in der Praxis aussehen könnte. Konservative werden diesen Weg nicht mitgehen können, denn Karsten und Beckman halten den Nationalstaat und die parlamentarische Demokratie für ein Übel. Die westliche Welt brauche ein neues Ideal, und dies sei libertär.

Natürlich darf auch das Modell Schweiz nicht fehlen, denn die Eidgenossen stünden für Dezentralisierung. Aber auch andere Modelle, die nicht parlamentarische Demokratien sein, könnten funktionieren. Hier erfolgt der Verweis auf Liechtenstein, Monaco, Dubai, Hongkong oder Singapur. Allen Ernstes wird die These vertreten, dass wirtschaftlich freie Zonen ein Modell für politisch freie Zonen sein könnten, „wo die Menschen mit verschiedenen Formen von Regierungsführung experimentieren können“.

Wenn dann auch noch das anarchistische System von wikipedia als Erfolgsmodell der digitalen Welt angepriesen wird, gerät man vollends ins Kopfschütteln. Denn bei wikipedia tummeln sich viele eher linksstehende Menschen mit enormer Tagesfreizeit, die „ihre Wahrheit“ verkünden.

Viele Ansätze der Libertären regen zum Nachdenken an. Was aber abstößt, ist ihr oft naiver Glaube an eine glänzende Zukunft, wenn nur ihr Modell umgesetzt würde. Die zentralistischen und zwanghaften Aspekte der Demokratie resultierten in organisiertem Chaos, während individuelle Freiheit und die Dynamik des unorganisierten Marktes spontane Ordnung und Wohlstand hervorbrächten. Zum Glauben geht man in die Kirche – oder man liest libertäre Manifeste.

Menschen brauchen Ordnungen. Ihre Freiheit und ihr Eigentum müssen geschützt werden, doch zurzeit ist es jedenfalls so, dass dieser Schutz in einer parlamentarischen Demokratie und im Nationalstaat am besten gesichert ist. Und so besteht die akute Gefahr eher darin, dass Brüssel immer mehr Macht an sich zieht und die demokratische Entscheidungsfindung auf nationaler Ebene Schritt für Schritt aushöhlt. Der von den beiden Autoren geforderte Demokratieabbau findet schon statt – dies ist nämlich das tägliche Werk unserer „Rettungseuropäer“, die Völker und Nationalstaaten für lästig halten und ein hässliches Monster in Brüssel geschaffen haben. Ansgar Lange

Frank Karsten, Karel Beckman: „Wenn die Demokratie zusammenbricht. Warum uns das demokratische Prinzip in eine Sackgasse führt“, FinanzBuch Verlag Edition Lichtschlag, München 2012, 189 Seiten, 14,99 Euro


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