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13.10.12 / Niederlage akzeptiert / Saakaschwilis Wahl-Desaster könnte Putin milde stimmen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-12 vom 13. Oktober 2012

Niederlage akzeptiert
Saakaschwilis Wahl-Desaster könnte Putin milde stimmen

Vor einer Büste von Ronald Reagan stehend bekannte Michail Saakaschwili, seit neun Jahren Präsident Georgiens, am 3. Oktober eine herbe Niederlage. In den Parlamentswahlen vom 1. Oktober, den siebten seit der Unabhängigkeit von 1991, bekam seine „Nationale Einheitsbewegung“ nur 40 Prozent der Stimmen und 63 von 150 Sitzen. Sein Rivale Bidsina Iwanischwili kam mit seiner Sechs-Parteien-Koalition „Georgischer Traum“ auf 55 Prozent und 87 Sitze. Am 5. Oktober besprachen Sieger und Verlierer einen geordneten Machtwechsel.

Der Tag der Wahl war ein Arbeitstag und dies hatte Auswirkungen auf die Wahlbeteiligung, denn ein Viertel aller Wähler ist Gastarbeiter im Ausland. Dennoch verblüffte der Wahlausgang Medien, Demoskopen und die OSZE-Beobachter unter Tonino Picula, dem früheren kroatischen Außenminister. Wieso verlor Saakaschwili, der in der „Rosenrevolution“ 2003 die Kreml-Garde um Schewardnadse stürzte und als Demokrat, Reformer, Prowestler ein prosperierendes Georgien zu EU und Nato zu führen versprach? Wieso obsiegte Iwanischwili (*1956), der seine 6,4 Milliarden Dollar unter Jelzin „gemacht“ und unter Putin behalten hatte?

Georgien bestätigte, dass Oppositionen keine Wahlen gewinnen, aber Regierungen sie verlieren. 2006 kappte Saakaschwili die Beziehungen zu Russland, das mit einem Handelsembargo reagierte, wovon 90 Prozent des georgischen Exports betroffen waren. 2008 griffen georgische Truppen die russische Exklave Südossetien an, worauf Russland dort und in der Exklave Abchasien militärisch eingriff und die Gebiete gegenüber UN und OSZE abriegelte. Die Nato, von Georgien in Afghanistan mit 1700 Soldaten unterstützt, schaute tatenlos zu, und so ist ein Fünftel Georgiens bis heute von Russland „okkupiert“.

Steht Georgien vor dem Kollaps? Die Arbeitslosigkeit lag 2011 bei 15,1 Prozent und wächst weiter. Seine gesamten Auslandschulden betragen über elf Milliarden Dollar. Das Außenhandelsdefizit ist immens, 75 Prozent des Handels waren Importe. Devisenreserven fielen im Juni 2012 auf 2,8 Milliarden Dollar, 2013 muss Georgien für den Schuldendienst 458,4 Millionen Dollar zahlen und fragt: Woher nehmen?

Seit dem 15. Oktober 2010 gilt in Georgien eine neue Verfassung, die sein bisheriges Präsidialsystem in eine parlamentarische Regierungsform umformt. Das soll nach den Präsidentenwahlen im Oktober 2013 geschehen. Saakaschwili kann dann nicht mehr antreten, Iwanischwili noch nicht, da er nur einen französischen Pass besitzt. Den russischen gab er 2011 zurück, den georgischen nahm Saakaschwili ihm ab.

Ohne Putins rotes Tuch Saakaschwili kann Moskau sich mäßigen, um die 2013/14 in der GUS fälligen Wahlen nicht zu gefährden. Da kann Iwanischwili hoch pokern, Georgien in die Nato zu führen und wieder zum US-Juniorpartner zu machen, nun mit Putins Erlaubnis. 2014 will Iwanischwili wieder aus der Politik ausscheiden, bis dahin Georgiens drängende Probleme lösen. Das rückständige Agrarland muss ökonomisch und sozial modernisiert werden, um wachsende Armut und agrarische Ineffizienz zu überwinden. Arbeitslosigkeit und Kriminalität müssen gemindert, die Mindestrenten auf (umgerechnet) 100 Dollar angehoben werden. Und nie soll Georgien ein „quasidiktatorisches Regime“ wie Weißrussland oder die Ukraine werden. Wolf Oschlies


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