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13.10.12 / Auf Messers Schneide / Gegner von Friedrich II. versäumten es, mit ihrem Schlachtensieg bei Hochkirch den Siebenjährigen Krieg zu entscheiden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-12 vom 13. Oktober 2012

Auf Messers Schneide
Gegner von Friedrich II. versäumten es, mit ihrem Schlachtensieg bei Hochkirch den Siebenjährigen Krieg zu entscheiden

Die Niederlage von Hochkirch kostete Preußen 9000 Mann und über 100 Kanonen. Neben Jakob v. Keith und Fürst Moritz v. Dessau starben noch drei Generale. Es war die zweite gravierende Niederlage Friedrichs nach der Schlacht von Kolin, und bei besserer Führung seitens der Österreicher und Russen wäre eine Kriegsentscheidung durchaus in Reichweite gewesen.

Im August 1758, im dritten Jahr des Siebenjährigen Krieges, stießen erstmals die Preußen und Russen bei Zorndorf östlich von Berlin aufeinander, wo man sich eine äußerst erbitterte Schlacht lieferte, die unter beiderseitigen furchtbaren Verlusten mit einem knappen Sieg König Friedrichs endete. Nun wandte sich Fried­rich mit seiner Armee nach Süden, um sich mit dem Markgrafen von Brandenburg-Schwedt zu vereinigen, der Schlesien gegen die Österreicher deckte. Friedrichs Gegner, Feldmarschall Graf Daun, der als Meister der Verteidigung galt, hatte eine unangreifbare Stellung bei Stolpen in der Lausitz bezogen. So beschloss Friedrich, dessen Nachschublinien nach Böhmen zu bedrohen, indem er Richtung Bautzen marschierte. Daun befürchtete, von seinen Versorgungsmagazinen in Zittau abgeschnitten zu werden, gab am 5. Oktober Stolpen auf und bezog bei Kittlitz westlich von Görlitz ein befestigtes Lager, wo er das Herannahen des Königs erwartete. Friedrich wollte Daun zur Schlacht stellen und marschierte weiter in Richtung Zittau. Als der König mit 31000 Mann am 10. Oktober nördlich von Hochkirch eintraf, stieß er auf die gefechtsbereiten Österreicher in der Stärke von 65000 Mann.

Nun beging Friedrich einen folgenschweren Fehler. Da er dem Zauderer Daun keinen Angriff zutraute, entschloss er sich, trotz der Nähe zum Gegner ein Lager zu errichten, das von mehreren Hügeln aus einzusehen war. Da sich der Generalquartiermeister von der Marwitz aus gutem Grund weigerte, das Lager einzurichten, ließ ihn Friedrich kurzerhand festnehmen. Der König wollte das Eintreffen des Nachschubs aus Bautzen abwarten und dann den rechten Flügel des Gegners angreifen. Einer der Feldmarschälle des Königs, der Schotte Keith, meinte angesichts des schlecht gewählten Lagers: „Die Österreicher verdienen es gehängt zu werden, wenn sie nicht angriffen.“

Doch auf Seiten der Österreicher hatte sich bei Daun ein Sinneswandel vollzogen. Seine zwei fähigsten Generale, Laudon und Lacy, hatten ihn überredet, die Gunst der Stunde zu nutzen und die stark unterlegenen Preußen konzentrisch anzugreifen. Während das Zentrum nordwestlich von Kittlitz frontal nach Westen vorgehen sollte, wurde das Korps von General Laudon vor allem mit Kavallerie verstärkt, um den rechten Flügel der Preußen bei Hochkirch von Süden und Südwesten her anzugreifen und aufzurollen. Daun hatte vorsorglich den mit 264 Metern Höhe beherrschenden Stromberg besetzen lassen und plante nördlich davon eine Rechtsumfassung des Gegners durch die Kavallerie von Feldmarschall-Leutnant Fürst Löwenstein. Auf preußischer Seite befand sich das Zentrum bei Rodewitz, während der linke Flügel, das Korps Retzow, ziemlich abgesetzt bei Weißenfeld im Nordosten stand. Aus dieser exponierten Lage entstand aber dem Korps ein Vorteil, da es nicht in die Umklammerung geriet. Daun hingegen gewann durch abgefangene Nachrichten die Gewissheit, dass Friedrich mit keinem Angriff rechnete und täuschte ihn außerdem durch die Anlage von der Verteidigung dienenden Hindernissen.

In der Nacht zum 14. Oktober erreichte Laudon mit seinem Korps um 4 Uhr morgens seine Ausgangsstellungen im weiten Halbkreis vor Hochkirch, nur 300 Meter von den preußischen Posten entfernt. Schlag 5 Uhr, also noch bei Dunkelheit, setzte der Angriff ein und erzielte durchwegs eine komplette Überraschung. Die preußischen Sicherungskompanien rund um Hochkirch wurden auf Anhieb überrannt, und erst im Dorf selbst begannen drei Grenadierbataillone, ersten Widerstand zu leisten. Sie erhielten Unterstützung durch ein Husarenregiment des Generals Ziethen, das seinen Pferden die Sättel gegen ausdrück­lichen Befehl nicht abgenommen hatte und daher rasch kampfbereit war.

Als jedoch Laudons Infanterie Hochkirch von drei Seiten angriff und unter Artilleriebeschuss nahm, mussten die Reste der Verteidiger das Dorf räumen und wichen auf das Lager bei Rodewitz zurück. Die Truppen Laudons drangen nun in das Lager ein, wo es zu erbitterten Nahkämpfen kam. Erst nachdem die Österreicher die Schanzen erstürmt und eine große Batterie erobert hatten, konnten die inzwischen alarmierten preußischen Regimenter den Widerstand organisieren. König Friedrich, der zunächst nicht an einen Angriff der Österreicher geglaubt hatte, traf auf dem Schlachtfeld ein. Nun ließ Laudon westlich von Hochkirch schwere Artillerie auffahren und das preußische Lager beschießen. Während Laudon seine Truppen neu ordnete, unternahm Feldmarschall v. Keith einen Gegenstoß, um die große Batterie bei Hochkirch zurückzuerobern. Er musste aber bald den Rückzug antreten und wurde dabei von einer Kanonenkugel tödlich getroffen. Auch ein weiterer Gegenstoß unter Feldmarschall von Dessau mit 14 Bataillonen scheiterte; der Fürst selbst erlitt schwere Verletzungen und geriet in Gefangenschaft, aus der er gegen Ehrenwort entlassen wurde. Auf dem Kirchhof hielt sich noch ein Bataillon, das schließlich völlig aufgerieben wurde. Um 7 Uhr 30 war der Kampf um Hochkirch zu Ende.

König Friedrich, dessen Pferd verwundet worden war, verzichtete auf weitere Gegenangriffe. Da nun die Österreicher auch von Osten mit Infanterie und Kavallerie vorrückten und seine Truppen immer mehr einengten, sah Friedrich ein, dass ihn nur mehr ein rascher Rückzug retten konnte. Er holte das Korps Retzow, das bisher den Angriffen der Österreicher standgehalten hatte, heran und zog seine Armee auf eine Höhe nordwestlich von Rodewitz zurück, während die Österreicher auf ihrem rechten Flügel zu wenig entschlossen vorgingen, um Friedrich von Norden her großräumig zu umfassen. Um 9 Uhr traten die Preußen den Rückzug nach Westen an, während Daun aus unerklärlichen Gründen nicht verfolgen ließ und somit einen überragenden Sieg versäumte. Heinz Magenheimer


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