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20.10.12 / Mittelmaß /  Jung-Autor springt zu hoch

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-12 vom 20. Oktober 2012

Mittelmaß
 Jung-Autor springt zu hoch

Vielleicht sollte man fairerweise sagen, dass der Autor des Buches „Im Winter dein Herz“, Benjamin Lebert, für die Rezensentin ein rotes Tuch ist, so veröffentlichte er 1999 seinen von den Medien gelobten Roman „Crazy“ genau zu einem Zeitpunkt, als die Verfasserin dieser Zeilen selbst von einer Karriere als Romanautorin träumte. Allerdings scheint dem 1982 Geborenen sein Triumph nicht gut getan zu haben. Keine seiner folgenden Veröffentlichungen erreichte den Erfolg von „Crazy“. Und obendrein wurde der Sohn des ehemaligen Chefredakteurs der Frauenzeitschrift „Brigitte“ auch noch magersüchtig, jedenfalls wurde dies im Rahmen seines neuen Romans publiziert und so auf die autobiografische Facette in „Im Winter dein Herz“ hingewiesen. Dort trifft der magersüchtige Robert in einer Klinik auf den gescheiterten Polizisten Kudowski, der ihn zusammen mit der Tankstellenangestellten Annina im Auto nach München begleitet, wo Robert seinen an Krebs sterbenden Vater ein letztes Mal besuchen will.

Alles erinnert verdächtig an den Kinofilm „Vincent will Meer“ aus dem Jahr 2010, in dem ein am Tourett-Syndrom leidender zusammen mit zwei Heiminsassen, eine davon magersüchtig, ans Meer fährt. Alle drei haben ziemliche Probleme, nähern sich aber während der Reise einander an und werden zu Freunden. Der Unterschied bei Lebert ist nur der Winterschlaf. Um die Ressourcen der Erde zu schonen, nehmen die meisten Deutschen, und hauptsächlich sie, zwei Schlafpillen, die sie über Monate in einen Winterschlaf versetzen. Und so reisen Robert, Kudowski und die türkischstämmige Annina durch ein schlafendes Deutschland. Da diese Winterschlafgeschichte aber keine wesentliche Bedeutung für den Verlauf des Romans hat, fragt man sich, wozu sie überhaupt gut ist. Irgendwie wirkt der erfundene Winterschlaf wie der verzweifelte Versucht des Autors, originell zu sein, doch da er die Idee nicht fortführt, ist sie einfach nur irritierend und störend. Am Ende des Romans hat der Leser erfahren, wie sich drei Menschen näher kommen, ohne dass die Geschichte und ihr Autor Eindruck hinterlassen. Rebecca Bellano

Benjamin Lebert: „Im Winter dein Herz“, Hoffmann und Campe, Hamburg 2012, gebunden, 156 Seiten, 18,99 Euro


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