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27.10.12 / Fette Beute für die Mafia / EU-Fördergelder landen in den Taschen von Kriminellen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-12 vom 27. Oktober 2012

Fette Beute für die Mafia
EU-Fördergelder landen in den Taschen von Kriminellen

Es sind erstaunliche Tatsachen, die im Zuge der Beinah-Pleite der italienischen Provinz Sizilien zu Tage gefördert werden: Die Insel beschäftigt 27000 Forstarbeiter, mehr als sich selbst das kanadischen British Columbia als Waldhüter leistet. Ärger droht inzwischen allerdings nicht nur mit Rom, weil Sizilien die ihm gewährte finanzielle Autonomie allzu dreist ausgenutzt hat und nunmehr auf einem Schuldenberg von 111 Milliarden Euro sitzt, auch Brüssel hat zunächst einmal den Geldhahn zugedreht. Nachdem massive Unregelmäßigkeiten bei öffentlichen Aufträgen entdeckt wurden, verlangt die EU 600 Millionen Euro an Fördergeldern zurück. Sechs Milliarden Euro für die nächsten Jahre liegen zunächst einmal auf Eis. Treffen italienische Pressemeldungen zu, dann hat das Fass zum Überlaufen gebracht, als selbst für Bars und Weihnachtskrippen EU-Gelder beantragt worden sind.

Der verhängte Zahlungsstopp hat die Aufmerksamkeit auf eine EU-Förderpolitik gelenkt, die bereits seit Jahrzehnten fragwürdig ist. Trotz EU-Milliarden gilt Sizilien immer noch als das Armenhaus Europas. Seit dem Jahr 2000 standen der Region Sizilien mit nur 5,5 Millionen Einwohnern 20 Milliarden Euro EU-Fördergelder zur Verfügung. Mangels zuschussfähiger Projekte wurde nur ein Bruchteil der Gelder abgerufen. Bei den Vorhaben, die gefördert wurden, entstanden häufig Investitionsruinen, in jedem Fall hat aber die sizilianische Variante der Mafia, die Cosa Nostra, mit kassiert.

Eine Ahnung, wie die organisierte Kriminalität von EU-Geldern profitiert und regelrecht gemästet wird, erhält man auch mit Blick auf ein legendäres Bauprojekt in Kalabrien: die Autobahn A3 von Salerno im Norden nach Reggio Calabria in den Süden Italiens. Rekordverdächtig bei der Autobahn ist nicht nur die Bauzeit der 500-Kilometer-Strecke von mittlerweile 50 Jahren. Mittlerweile haben sich die Baukosten verzehnfacht. Bevor überhaupt die letzten Kilometer der A3 vollständig fertiggestellt sind, laufen bereits seit Jahren Sanierungsarbeiten. Für die kalebresische ‘Ndrangheta hat sich der Bau der A3 zu einem jahrzehntewährenden Konjunkturprogramm entpuppt. Ähnlich wie bei zahlreichen anderen geförderten Projekten galt auch bei der A3 die Maxime: „Was fertiggestellt ist, bringt kein Geld mehr.“ Wegen Korruption und Erpressung sind mittlerweile hunderte Personen, die am Bau beteiligt waren, in Haft. Prozesse haben inzwischen enthüllt, was zur Kostenexplosion und zu der endlosen Bauzeit geführt hat. Clans der ‘Ndrangheta haben Arbeiten, Preise und Bestechungsgelder vorab untereinander ausgehandelt. Die Vorgaben gehen dabei soweit, dass selbst die Sub-Unternehmern von der Mafia Bescheid erhalten, wen sie im Einzelnen als Mitarbeiter einzustellen haben. Ähnlich wie im Fall Siziliens liegt auch bei der A3 von Brüssel eine Forderung an Italien vor. 389 Millionen Euro EU-Gelder, die eigentlich für die Skandal-Autobahn gedacht waren, sollen in andere Projekte fließen. Zumindest die ‘Ndrangheta wird mit der Brüsseler Entscheidung leben können. Die Gelder für die A3 sind kassiert, die Umwidmung der EU-Gelder auf andere Projekte gibt Hoffnung auf neue Beute. Norman Hanert


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