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27.10.12 / Eine zweite Chance für Obama?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-12 vom 27. Oktober 2012

Gastbeitrag
Eine zweite Chance für Obama?
von Klaus Rose

Auch vor vier Jahren tobte der US-Präsidentschaftswahlkampf. Nein, nicht nur in den Vereinigten Staaten von Amerika, sondern auch hier in Deutschland, besonders durch eine von der vereinigten Linken organisierte Großkundgebung am Brandenburger Tor. Die Kanzlerin, die auf deutschem Boden nicht so gern eine amerikanische Show-Veranstaltung wollte, sah sich heftigen Anfeindungen ausgesetzt. Die Stimmung schwappte beim Gedanken über, „Kriegs-Präsident“ George W. Bush könne endlich in die Hölle gejagt werden, wenn der künftige Friedensnobelpreisträger Barack Obama vom Himmel her einschwebe.

Und jetzt? Schon am 19. Mai 2011 ernannte der „Stern“ Barack Obama zum „Kriegs-Präsidenten“, von George W. Bush hieß es bloß noch, er „wollte als harter Welt-Sheriff gelten, der muslimischen Ländern westliche Werte aufzwingt“. Das Magazin zählte zusammen, dass „Bush von 2004 bis 2008 insgesamt 42 Drohnenattacken in Pakistan zugelassen“ hatte, Obama seit 2009 rund 200 Angriffe. „Dabei wurden so viele Terrorverdächtige wie noch nie getötet“, berichtete das Magazin. Das Schluss-Urteil lautete: „George W. Bush setzte die Methode des staatlichen Tötens nur spärlich ein, Barack Obama hat sie dagegen zu seinem wichtigsten Instrument gemacht.“

Schon am 7. Oktober 2008, damals gegen den Trend der „Obamanie“, gab es im bayerischen „Donauboten“ in der Serie „Beiträge zur Zeitgeschichte“ folgenden Hinweis: „Wenn Barack Obama tatsächlich US-Präsident werden sollte, dann muss er die Tradition der freiheitlichen Vereinigten Staaten fortsetzen.“ Ein Jahr später konnte man lesen, es sei ein „offenes Geheimnis, dass der neue US-Präsident Barack Obama die Verbündeten dazu aufrufen wird, mehr Truppen nach Afghanistan zu entsenden“. Das tat er, obwohl er zwei Jahre später immer wieder mit dem Abzug der US-Truppen spekulierte – und dadurch die Verbündeten verunsicherte. Wie wird das historische Urteil über Afghanistan lauten? Wie über Israel und den Nahen Osten? Alles vor dem Hintergrund der voreiligen Verleihung des Friedensnobelpreises? Hat Obama die freie Welt sicherer gemacht?

In der amerikanischen Innenpolitik hatte Barack Obama an der Widerspenstigkeit des US-Kongresses zu leiden. Ob ihm mit der neuen Gesundheitspolitik tatsächlich ein Erfolg beschert wurde, muss sich erst noch herausstellen. Jedenfalls ist der wesentliche Aspekt der freiheitlichen amerikanischen Innenpolitik, eine boomende Wirtschaft und ein frischer Arbeitsmarkt, gründlich verdorben worden. So ist es kein Wunder, dass nur noch wenige deutsche Zeitungen tapfer den einstigen Heilsbringer verteidigen. Doch ganz wie bei früheren US-Wahlkämpfen wird ein verzerrter Blick auf die USA serviert. Wer 1980 die New Yorker Jubelveranstaltung der Demokraten mit der Kür des amtierenden Präsidenten Jimmy Carter miterlebte – trotz des umjubelten Gegen-Auftritts von Edward Kennedy – und danach die Pleite von Jimmy Carter, der prophezeit auch heute ein anderes Ergebnis als den Wunsch linker Medien oder Parteien in Deutschland. Damals triumphierte der in Deutschland verächtlich bewertete Ronald Reagan, weil er „die amerikanische Seele“ besser repräsentierte. Das Geschichts-Urteil bescherte ihm das Ende des Ost-West-Eiszeitalters und die Wiedervereinigung Europas, besonders Deutschlands. Mit „Gorbi, reiß die Mauer weg“, bewies er Mut und Weitsicht, mit seiner Denkfabrik „He-ritage Foundation“ knüpfte er an beste amerikanische Traditionen an. Ob man bei der Beurteilung von Mitt Romney in Deutschland derzeit wieder danebenliegt?

Egal, wer tatsächlich der nächste US-Präsident wird: Die Bundesrepublik Deutschland, die Europäische Union oder auch die Nato fragen sich, ob mit Obama Fortschritte erzielt wurden im Blick auf mehr Sicherheit und Frieden, mehr Freiheit und Wohlstand, mehr Gerechtigkeit und Wertevermehrung. Soll er noch weitere vier Jahre beweisen können, dass er als erster schwarzer US-Präsident die Welt positiv verändern kann? So wie bei seiner begeistert aufgenommenen Kairoer Rede 2009, aus deren Versprechungen und Ankündigungen leider wenig wurde?

„Wünsche an die amerikanische Politik“ hatte am 23. Februar 2005 der damalige katholische Bischof von Tier, Reinhard Marx, in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ formuliert: „Die derzeitige amerikanische Außenpolitik geht im Marschschritt durch die Welt, mit einem erstaunlichen Mangel an kultureller Sensitivität und einer zum Teil abenteuerlichen Interpretation des Völkerrechts.“ Deshalb erhoffte sich Marx: „Ich wünsche mir eine amerikanische Politik, die entschieden ist, aber bescheiden daherkommt. … Nichts brauchte die Welt mehr als einen glaubwürdigen Einsatz Amerikas für Menschenwürde und Menschenrechte. Nichts wäre diesem abträglicher als die Enttäuschung über gebrochene Versprechen.“ Das war vor dem Hintergrund des Kriegs im Irak und des Engagements in Afghanistan geäußert. Ob Reinhard Marx, inzwischen etablierter Erzbischof von München-Freising und römischer Kardinal, sich jetzt auch äußert und falls ja, wie?

Ab dem Jahr 2013 gibt es an den US-Präsidenten dringende politische Wünsche. Dazu gehört die unerträglich gewordene Bedrohung der europäischen Währung und Wirtschaft durch US-Ratingagenturen und Kongress-Beschlüsse. In Zeiten der fehlenden Gefahr eines militärischen Angriffs auf Europa droht der Kontinent durch die ständigen eisigen Wirtschafts-Winde aus den USA wieder in seine Kleinstaaterei zurückzufallen. Damit einhergehend würde auch die Bedeutung der Nato unterschätzt, obwohl die Unsicherheit im gesamten Mittelmeerraum, aber auch durch den Rückfall Russlands in autokratische Strukturen deutlich zunimmt. Der längst auf der Weltbühne angekommene chinesische Drachen braucht ebenfalls eine kluge, eine klügere und weitsichtigere Politik aus den USA als bisher erkennbar. Das ständige Gerede vom „pazifischen Zeitalter“ wirkt keineswegs beruhigend auf Europa und dessen Führungsvölker.

Es gäbe also genug zu tun für eine neue „Denkfabrik“ in Washington, die aufbaut auf den wahren amerikanischen Tugenden und eingebettet ist in die globalen Erfordernisse der Zukunft. Barack Obama hatte bisher mehr mit der Präsentation seines eigenen Lebenslaufes zu tun. Die Nation hat er noch kaum geführt, die Weltpolitik hat er keinesfalls spürbar positiv verändert. Die USA kein Global Player mehr? Das kann nicht die Lebensrolle des ersten schwarzen US-Präsidenten sein.

 

Der CSU-Politiker Dr. Klaus Rose, geboren 1941, gehörte dem Bayerischen Landtag und von 1977 bis 2005 dem Bundestag an. Als Bundestagsabgeordneter war er Beauftragter der CSU-Landesgruppe für die Beziehungen zum US-Kongress. In den Jahren 1997/98 war er Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium.


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