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27.10.12 / In Uniform ist Ulrich Tukur ganz Rommel / Das Fernsehen zeichnet in einem Dokudrama die letzten Lebensmonate von Hitlers Lieblingsgeneral nach

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-12 vom 27. Oktober 2012

In Uniform ist Ulrich Tukur ganz Rommel
Das Fernsehen zeichnet in einem Dokudrama die letzten Lebensmonate von Hitlers Lieblingsgeneral nach

Soldat vom Scheitel bis zur Sohle und Vorzeigeheld der Nationalsozialisten: Erwin Rommel. Es hat schon viele Dokumentationen in Wort und Bild über den hochdekorierten Generalfeldmarschall des Zweiten Weltkriegs gegeben, aber der Film, den das Erste Deutsche Fernsehen (ARD) am Donnerstag, 1. November, um 20.15 Uhr ausstrahlt, ist von besonderer Eindringlichkeit. Er zeigt den untadeligen Kämpfer in seinen letzen sechs Lebensmonaten. Ein tragischer Held im Zwiespalt von Loyalität und Widerstand.

Die 120 Minuten Fernsehfilm beginnen ungewöhnlich. Nicht mit Bildern von Glanz und Gloria, nicht mit Marschtritt und Schlachtenlärm. Ein Zitat der Publizistin und Philosophin Hannah Arendt (1906–1975) ist auf feldgrauem Grund zu lesen: „Wir sind auch für unseren Gehorsam verantwortlich.“ Damit ist dem Film gleich Wegweisung und Nachdenklichkeit gegeben.

Erwin Rommel, 1891 in Heidenheim an der Brenz geboren, im Ersten Weltkrieg schon mit dem Orden Pour le Mérite ausgezeichnet, von Anfang an bei der Reichswehr, erfreut sich nach 1933 schnell der Gunst des „Führers“. Für den Weltkriegsgefreiten Adolf Hitler ist der Lehrersohn aus dem Schwäbischen der volksnahe Gegenpart zu dem preußisch geprägten, adligen Offizierkorps, das ihn in Berlin umgibt.

Im März 1944 befehligt Rommel die Heeresgruppe B an der französischen Atlantikküste. Die Invasion steht bevor. Deutsche Soldaten bauen Sperren im Dünensand; Generalstäbler beugen sich über Karten. Mit solchen Bildern beginnt der Film – und zugleich Rommels Tragödie. Er erkennt, dass die Streitmacht der Alliierten, wenn überhaupt, nur im ersten Ansturm aufzuhalten ist. Aber ihm fehlen für die Folgerungen aus dieser Erkenntnis Soldaten und Munition. Hitler zieht Regimenter nicht (oder viel zu spät) im Osten ab. Rommels Zweifel an seinem „Feldherrn“ wachsen. Gleichzeitig denkt er über einen separaten Waffenstillstand im Westen nach und erfährt durch seinen Stabschef Hans Speidel vom Widerstandskreis um Stauffenberg. Rommel behält das Wissen für sich. Zur Zeit des gescheiterten Attentats erholt er sich nach einer Verwundung durch Tiefflieger in seinem Haus nahe Ulm. Hitler sieht dennoch in ihm einen Mitverschwörer. Er schickt ihm zwei Generale mit einer Giftkapsel – Todesboten. Das ist, kurz umrissen, wie Autor und Regisseur Niki Stein seinen Film angelegt hat.

Ulrich Tukur, einer der vielseitigsten deutschen Darsteller, spielt Rommel. Er spielt ihn leise, nicht markig; in Mimik und Gesten emotional. Von seinen Vorfahren her hat Tukurs Stimme einen schwäbelnden Klang. Schon das habe ihm das Einfühlen in die Rolle leichter gemacht, sagt er. Auch wenn seine Gesichtszüge nicht so kantig sind, wie man sie von Fotos des „Wüstenfuchses“ kennt – in Uniform ist Tukur ganz Rommel.

Zu seinem Umfeld gehören im Film hauptsächlich Militärs. Ihre Dialoge transportieren den historischen Hintergrund. Um nur einige der Offiziere zu nennen: Hans Speidel, Rommels Stabschef (dargestellt von Benjamin Sadler); Carl-Heinrich von Stülpnagel, Militärbefehlshaber in Paris (gespielt von Hubertus Hartmann); der Generalinspekteur der Panzertruppe Heinz Guderian (Klaus J. Behrend); die Generalfeldmarschälle Gerd von Rundstedt und Günther von Kluge, beide im Sommer 1944 nacheinander Oberbefehlshaber West in Paris (Hannes Zischler, Thomas Thieme).

Vergleichsweise kleine, aber sehr anrührende Auftritte haben Aglaia Szyszkowitz als Rommels Frau Lucie und Patrick Mölleken als Sohn Manfred, der später, von 1974 bis 1986, Oberbürgermeister von Stuttgart war. Auch Rommels letzte Begegnungen mit Hitler werden im Film nachgespielt, wobei Josef Silberschneider als gealterter, in sich hinein gekrochener Diktator fast an Charlie Chaplins Hitler in „Der große Diktator“ erinnert. Dieses ist umso bemerkenswerter, als Stein sich in einem Interview „begeistert“ von der Hitler-Darstellung durch Silberschneider zeigt: „Gerade, dass der da keine Fratze draus gemacht hat mit zitternder Parkinson-Hand, sondern einen bei allem Irrsinn stets höflichen Mann, macht es so realistisch.“

Die Dreharbeiten fanden zum Teil an Originalschauplätzen statt, so in der Normandie und in Herrlingen bei Ulm, wo Rommel eine Villa bewohnte. Regisseur Niki Stein zeigt dabei eine Vorliebe für die schwarzen Horch-Limousinen und andere alte Autos der Zeit. Mehrfach lässt er sie vor Schlossportalen vorfahren, Generalstabsoffiziere steigen aus, Wachen salutieren, Türen klappen, die nächste Lagebesprechung kann beginnen. Es sind Steins Fermaten im Spiel.

Auch auf der Schwäbischen Alb wurde „Krieg“ gefilmt. Der SWR war schließlich für ARD-Degeto, Beta, den BR und den ORF die federführende Anstalt. Produzent des aufwändigen Projekts ist der in diesem Genre bewährte Nico Hofmann von

TeamworX, einer Tochter der Ufa Film und Fernsehproduktion von Bertelsmann. TV-Erfolge wie „Der Tunnel“ (2001), „Stauffenberg“ (2003), „Dresden“ (2006), „Die Flucht“ (2007, mit Maria Furtwängler), „Mogadischu“ (2009), „Der Mann aus der Pfalz“ (2010, Film über Helmut Kohl), aber auch Donna-Leon-Krimis stammen aus dieser Werkstatt.

Gut – und für die jüngeren Zuschauer notwendig –, dass die ARD unmittelbar im Anschluss an den Fernsehfilm um 22.15 Uhr eine Dokumentation folgen lässt. Für den SWR blättert Autor und Regisseur Thomas Fischer in 30 Minuten noch einmal Rommels 53 Lebensjahre auf. Produziert von ECO Media TV, zeigt die Dokumentation Fotos aus dem Familienalbum, Rommel als Weltkriegsleutnant, später dann Wochenschaubilder an der Seite Hitlers oder als „Wüstenfuchs“ vor El Alamein bis hin zum Staatsbegräbnis, mit dem der befohlene Selbstmord kaschiert wurde.

„Wir setzen mit Fernsehfilm und Dokumentation bewusst einen Schwerpunkt“, resümiert Volker Herres, Programmdirektor des Ersten Deutschen Fernsehens: „Es geht eben um mehr als um die schillernde Biografie von Hitlers General.“ Karlheinz Mose


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