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27.10.12 / Bieterkrimi um Donauruf / Zum 50. Mal wurde in Neumünster der Trakehner-Hengstmarkt ausgetragen – mit spannenden Resultaten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-12 vom 27. Oktober 2012

Bieterkrimi um Donauruf
Zum 50. Mal wurde in Neumünster der Trakehner-Hengstmarkt ausgetragen – mit spannenden Resultaten

Seit 1963 findet im schleswig-holsteinischen Neumünster alljährlich der Trakehner-Hengstmarkt statt. Damals führte man die ostpreußische Züchtertradition fort, zweieinhalbjährige Hengste zu „kören“. Die Jungtiere, die eine alte Abstammungslinie aufweisen, müssen dabei eine Prüfung bestehen, um später für die Zucht zugelassen werden zu können. Einer der Höhepunkte der Veranstaltung ist die Auktion der gekörten und nicht-gekörten Hengste.

Für Bianca Baumbach hat sich die lange Anreise aus dem hessischen Altenstadt gelohnt. Kurz bevor Auktionator Uwe Heckmann bei „drei“ den Hammer senkte, hatte sie ihr Gebot für Indy, einen dunkelbraunen Trakehner, noch einmal erhöht. Sie war erleichtert, als niemand sie überbot. „Nur für Indy bin ich nach Neumünster gekommen“, sagt die stolze Pferdebesitzerin, „ich wäre traurig abgereist, wenn ihn mir jemand anders weggeschnappt hätte.“

Dass Indy die Körprüfung nicht bestanden hatte, machte der Hessin wenig aus. Sie kannte das Tier von dem Gestüt Hörstein, in dem sie reitet. „Immer, wenn ich an seiner Stallbox vorbeiging, hat er mich freudig angewiehert, seitdem sind wir Freunde.“

Und werden Freunde bleiben! Andere müssen es noch werden. Insgesamt fanden über 40 Hengste einen neuen Besitzer, die zum Teil die Tiere in Neumünster zum ersten Mal sahen. Bei den Körprüfungen der vorausgegangenen drei Tage konnte sich aber jeder Interessierte einen Eindruck von den Tieren verschaffen.

Bewegen sich die noch unberittenen und ungesattelten Jungtiere taktmäßig und elastisch beim Freilaufen? Springen sie mit sport­licher und rhythmi­­scher Eleganz über die nied­rigen Hürden? Machen sie überhaupt einen ausgeglichenen, intelligenten Eindruck und sind nicht nervös oder ängstlich?

Diese Fragen stellt sich neben potenziellen Käufern auch die Körkommission, die die Tiere bewertet. In diesem Jahr hat sie elf Hengste gekört und davon vier prämiert. Der beste legte dabei einen „Start-Ziel-Sieg“ hin, wie die Vorsitzende des Trakehner-Verbandes, Petra Wilm, erstaunt feststellte.

„Donauruf“ heißt der champagnerfarbene Fuchshengst, der mit seiner Aura alle faszinierte. „Er ist die Vollendung unserer Zuchtbemühungen“, erklärt Besitzerin Veronika von Schöning vom ostholsteinischen Gestüt Panker. Das Tier weist eine lange Abstammungslinie auf, die bis auf den legendären Cancara zurück­geht, der vor 100 Jahren in Trakehnen ganze Hundertschaften von Nachkommen gezeugt hat.

Entsprechend hohe Erwartungen wurden an die spätere Auktion gesetzt, die mit Donauruf eingeläutet wurde. Das Anfangsgebot von 15000 Euro hielt nicht lange stand. Schnell landete man bei 200000 Euro. Doch das war nicht das Ende eines spannenden Bieterkrimis. Von allen Seiten kamen weitere Gebote, bis schließlich ein Züchter aus Krefeld den Zuschlag für 300000 Euro erhielt.

Fürs Jubiläumsjahr war Donauruf ein Glücksfall. Denn erst zweimal zuvor wurde für einen Trakehner mehr geboten, aber nie zuvor machte man auf dem Hengstmarkt ein so gutes Ge­schäft. Im Schnitt brachten die anderen zehn gekörten Hengste 81000 Euro ein, ein nicht-gekörtes Tier war mit 12000 Euro im Schnitt da­gegen ein echtes „Schnäppchen“. Auch die Versteigerungen von Reitpferden, Stuten und Fohlen brachte in den Tagen zuvor Rekordumsätze.

Ob ein Hengst gekört ist oder nicht, ist auch von wirtschaftlicher Bedeutung. Hubertus Poll, der im niedersächsischen Gilten die von seinem Großvater vor 85 Jahren in Ostpreußen gegründete Zuchttradition fortsetzt, kann ein Lied davon singen. Von seinem 15-jährigen Dressurpferd Connery, der zum „Hengst des Jahres“ gewählt wurde, stammen bereits zehn gekörte Pferde. Mit Guardian und Amourano wurden diesmal zwei versteigert, die zusammen 200000 Euro einbrachten.

„Connery ist eine Goldgrube von unschätzbarem Wert“, sagte Poll über sein Deckhengst. Nicht allein, dass er im eigenen Stall eine kostbare Zucht hervorbringt, auch als „Beschäler“ bringt er viel ein. So zahlen andere Züchter für den Samen eines Hengstes bis zu 1000 Euro. Wenn die Pferde später Wettkämpfe bestreiten, kann sich das mehr als bezahlt machen. So gewann die Silbermedaillengewinnerin von London, Helene Langenhanenberg, beim erstmals in Neumünster ausgetragenen Dressurchampionat mit ihrer Trakehnerstute Cote d’Azur den ersten Platz und ein Preisgeld von immerhin 1250 Euro.

Bianca Baumbach will soweit gar nicht denken. Als Hobbyreiterin will sie mit ihrem Indy einfach nur Spaß haben. Für sie ist er ab jetzt unverkäuflich. Harald Tews


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