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27.10.12 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel / Feindfreund und Freundfeind / Was der Welt mit Romney droht, warum wir unseren Goldbewachern vertrauen, und wie der Schäuble dem Schäuble die Meinung geigt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-12 vom 27. Oktober 2012

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Feindfreund und Freundfeind / Was der Welt mit Romney droht, warum wir unseren Goldbewachern vertrauen, und wie der Schäuble dem Schäuble die Meinung geigt /

Freunde, ist das spannend! Das letzte TV-Duell zwischen dem strahlenden US-Präsidenten Obama und dem düsteren Putschisten Romney ist vorüber. Nun starten die deutschen Medien in die Schlussphase im Kampf gegen das Böse in Übersee. Romney ist zum Glück noch ein peinlicher Patzer passiert. Syrien sei „Irans Zugang zum Meer“, hat er gesagt. „Zum Mittelmeer“ hätte er sagen müssen, hat er aber nicht, hihi!

Inhaltlich liegen die beiden kilometerweit auseinander, wenn man der Darstellung der deutschen Journalisten glaubt. Und worin genau liegen die gravierenden Gegensätze? Na klar, die Gesundheitsreform! Und sonst? Da wird es schwierig.

Egal: Als Obama Präsident wurde, da waren wir sowas von begeistert, dass wir ihn jetzt unmöglich kritisieren können. Denken wir an Guantánamo. Dieses Lager hat der fürchterliche George Bush eröffnet mit der dreisten Behauptung, dass er bedauerlicherweise keine andere Wahl habe bei der Internierung von Terrorverdächtigen.

Was für eine schändliche Lüge, entlarvte ihn Obama und versprach, den Knast binnen 100 Tagen dichtzumachen, wenn er drankommt. Er kam dran, die 100 Tage verstrichen. Danach musste er uns leider mitteilen, dass er bedauerlicherweise keine andere Wahl habe bei der Internierung von Terrorverdächtigen. So sehen unüberwindbare moralische Gegensätze aus, die nur von unbelehrbaren Zynikern geleugnet werden können.

Daher bangt die fortschrittliche, humane Welt nun wieder mit Obama. Was sich alles verschlechtern würde, wenn Romney siegt: Der bringt es fertig und tauscht die in ein freundliches, warmes Orange getauchte Häftlingskleidung von Guantánamo in ein menschenverachtendes Kariert! Die armen Insassen.

Wie, Sie zweifeln an dem an­geblichen „Gegensatz“ zwischen den beiden? Gut denn, wir geben es ja zu. Eigentlich würde sich gar nichts ändern, egal ob der eine oder andere ab dem 20. Januar im Weißen Haus sitzt. Obama hat die Milliarden-Investoren von der Großfinanz (neuerdings nur noch „die Märkte“ genannt) derart deftig mit dem Geld und der Zukunft der Mittelschicht gemästet, dass Romney kaum mehr als das Dessert zum Verfüttern übrig bliebe. Was für ihn natürlich kein Grund wäre, sich diesen letzten Gang der Speisefolge entgehen zu lassen.

Oje, oje! Was faseln wir hier eigentlich für ein Zeug! Das sind doch alles Verschwörungstheorien – Obama oder Romney, beide gleich? Marionetten undurchsichtiger Mächte wie der „Trilateralen Kommission“, der „Bilderberger“ oder ähnlicher Lobbygruppen? Solche gefährlichen Phantasien geistern nur durch die Köpfe durchgeknallter Typen aus der „rechten Ecke“. Es wird Zeit, solchem Unfug Einhalt zu gebieten, ganz generell.

Oliver Stock, Chefredakteur von „Handelsblatt online“, kann sich über die Gespensterseher nur noch belustigen. Da soll es deutsche Spinner geben, die Zweifel daran säen, dass die Notenbanken von New York, London und Paris unser Gold ordnungsgemäß aufbewahren. Jetzt habe sich sogar der Bundesrechnungshof von dem Unrat „infizieren“ lassen, klagt Stock, und verlange deshalb eine Kontrolle.

Wirklich nicht zu fassen. Dabei haben die Aufbewahrer doch triftige Gründe angeführt, warum sie uns unser Gold nicht zeigen können. Das Gold in London und Paris dürfen wir nicht sehen, weil es dort an „geeigneten Besucherräumen“ mangelt, und das in New York dürfen wir nicht sehen, weil wir es nicht sehen dürfen.

Das sind unbestreitbar triftige Gründe. Wo also wäre hier Anlass zur Sorge? Zudem sind das da drüben alles unsere Freunde, und beim Geld, das weiß schon der Volksmund, fängt die Freundschaft erst richtig an.

Sie sehen: Man muss diesen Verschwörungstheorien nur mit scharfem Verstand auf den schlammigen Grund gehen, schon lösen sie sich in Luft auf und wir können zufrieden weiterdösen. Zumal es wirklich Interessanteres gibt. Auch die Deutschen nähern sich nämlich einem hochdramatischen Wahlkrimi. Nicht einmal mehr ein Jahr ist es hin, dann müssen wir die Schicksalsentscheidung „Merkel oder Steinbrück“ treffen.

Wie weit die Positionen von Schwarz und Rot auseinanderklaffen, konnten wir eben erst bei einem heißen Gefecht zwischen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und dem Präsidenten des EU-Parlaments, Martin Schulz (SPD), miterleben. Schäuble hatte vorgeschlagen, dass ein EU-Kommissar das Recht erhalten solle, nationale Haushalte abzulehnen, wenn sich die Länder nicht an die Haushaltsdisziplin halten. Dafür sei allerdings eine Änderung der EU-Verträge nötig, was demokratisch nur möglich sei, wenn die nationalen Parlamente dem zustimmten.

Martin Schulz war außer sich. „Schulz lehnt die Forderung von Schäuble ab“, ließ er über alle Kanäle verbreiten. Was Schäuble da vorhabe, gehe nur mit Änderung der EU-Verträge, was demokratisch nur möglich sei, wenn die nationalen Parlamente dem zustimmten. Im Klartext: Schulz begründet seine Absage an Schäubles Vorschlag mit Schäubles Bedingung für Schäubles Vorschlag.

Wie bitte? Ist doch ganz einfach: Die beiden sind zwar vollkommen einer Meinung, das aber erstens ganz anders und zweitens muss das ja nicht jeder mitkriegen. Man weiß schließlich, was man dem Publikum schuldig ist.

Dies, meine Damen und Herren, ist echter Parteienstreit! Das scharfe, würzige Aroma der gelebten Meinungsvielfalt brennt uns auf der Zunge wie lauwarmer Griesbrei. Manchmal gehen die Positionen derart auseinander, dass der Graben mitten durch ein und dieselbe Person verläuft – so etwa bei Minister Schäuble auf seiner Asienreise. In Tokio machte er klipp und klar: Ob Griechenland nochmal Geld bekommt, hänge einzig und allein davon ab, was die „Troika“ aus Internationalem Währungsfonds, EU-Kommission und Europäischer Zentralbank über die Fortschritte in dem Land berichtet. Meint: Wenn die Griechen nicht in die Puschen kommen und alles schleifen lassen, dann sollen sie eben pleitegehen. Basta.

Als Schäuble diese Äußerung von Schäuble an seinem nächsten Reiseziel Singapur aufschnappte, widersprach er entschieden. Niemals werde er Hellas pleitegehen lassen. „Es wird keinen Staatsbankrott geben!“ Soll heißen: Die können machen was sie wollen, die Griechen kriegen ihr (also unser) Geld.

Als Schäuble das in Bangkok lesen musste, wurde er erst richtig ärgerlich und bekräftigte, dass Schäuble weiterhin auf der Position von Schäuble beharre, was Medienvertreter so deuteten, dass er nun wieder erst den Troika-Bericht abwarten wolle, bevor er entscheide, ob Athen die nächsten Milliarden erhält. Wir sind gespannt, was Schäuble dazu sagt.

Bei einer Frage sind sich – ausnahmsweise – alle auch oberflächlich einig: Es geht aufwärts, den gröbsten Teil der Krise haben wir hinter uns. Mittlerweile haben ja alle begriffen, dass Sparen allein die Krisenländer nicht aus der Krise holt. Es muss auch investiert werden, damit’s Wachstum gibt und Wohlstand für alle.

Und siehe da, endlich erreichen uns die ersten guten Nachrichten. Auf Mallorca wird ein Baumarkt der Kette Bauhaus und ein Media­markt eröffnet. Allein der Mediamarkt schafft 100 neue Arbeitsplätze! Indes: Woher soll man dort unten bloß so viele Fachverkäufer holen?

Kein Problem, beruhigt der bekannte Wirtschaftsjournalist Frank Meyer („ntv-Telebörse“), der sich auf der Insel gut auskennt. Unter der Konkurrenz von Mediamarkt würden unzählige kleine Elektrogeschäfte zusammenbrechen, da wären dann unzählige „freigesetzte“ Verkäufer zu haben. Bauhaus wird derweil dabei mithelfen, den letzten mallorquinischen Bauhandwerkern, die trotz der desolaten Lage in ihrem Sektor durchgehalten haben, endlich mehr Freizeit zu verschaffen. Fürwahr, es geht aufwärts, man sieht es schon!


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