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03.11.12 / Teurer journalistischer Einheitsbrei / Die Parteien haben gar keine Anrufe ihrer Sprecher nötig, um Einfluss auf die Nachrichten zu nehmen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-12 vom 03. November 2012

Teurer journalistischer Einheitsbrei
Die Parteien haben gar keine Anrufe ihrer Sprecher nötig, um Einfluss auf die Nachrichten zu nehmen

Die „Tagesschau“ der ARD und die „heute“-Sendung des ZDF verlieren massiv in der Zuschauergunst. Statt eines interessanteren Programms bei den Öffentlich-Rechtlichen erwartet die Zuschauer zum 1. Januar 2013 allerdings eine böse Überraschung.

Jahrzehntelang galten „Tagesschau“ und „heute“ als Flaggschiffe der deutschen Fernsehnachrichten – mittlerweile bleiben allerdings immer öfter die Zuschauer weg. Wie das Marktforschungsinstitut media control ermittelt hat, fiel die Zuschauerzahl der „Tagesschau“ in diesem Jahr im Schnitt unter die Fünf-Millionen-Marke. 20 Jahre zuvor, im Jahr 1992, brachte es die „Tagesschau“ dagegen noch auf 8,3 Millionen Zuschauer. Von der Tendenz her ähnlich sieht es beim ZDF und selbst bei den Privatsendern RTL und Sat.1 aus. Deren Nachrichtensendungen verlieren ebenfalls in der Hauptsendezeit immer mehr Zuschauer. Eine der Erklärungen, die inzwischen für das Phänomen der ausbleibenden Zuschauer angeboten wird, lautet, dass die Menschen zunehmend das Internet nutzen, um sich über aktuelle Nachrichten auf dem Laufenden zu halten.

Schaut man auf den jüngst bekannt gewordenen Vorwurf gegen den langjährigen CSU-Sprecher Hans Michael Strepp, der versucht haben soll, mit Anrufen bei der ZDF-Nachrichtenredaktion Einfluss auf die Berichterstattung zu nehmen, dann drängt sich allerdings noch ein ganz anderer Verdacht auf. Immer weniger Zuschauer fühlen sich von den etablierten Nachrichtenangeboten wirklich objektiv informiert, sondern eher an Regierungspropaganda erinnert. Wirklich abweichende Meinungen und Erklärungen – etwa zu Fragen der Euro-Krise – sind in den Nachrichtensendungen nach wie vor eine Seltenheit. In weiten Teilen der Berichterstattung nahezu aller Sender hat sich die Political Correctness als journalistischer Standard durchgesetzt, so dass bestimmte Problemfelder kaum in der Berichterstattung auftauchen. Auch die immer gleichen Interviewpartner und Talkshowgäste, die den Zuschauern allabendlich serviert werden, nähren zunehmend die Zweifel an einer journalistischen Ausgewogenheit.

In den seltensten Fällen verlaufen die Versuche von Parteivertretern so plump wie bei dem inzwischen zurückgetretenen CSU-Sprecher Strepp. Wesentlich geräuschloser, dafür aber umso effektiver ist die indirekte Einflussnahme. Die Aufsichtsgremien von ARD und ZDF sind mit Politkern vor allem von SPD und CDU reichlich bestückt. Einfluss kann damit darauf genommen werden, wie wichtige Posten bei den Sendern besetzt werden. Damit ist bereits im Vorfeld gesichert, dass die Berichterstattung in einem gewissen Grundtenor gehalten wird und unliebsame Themen im Zweifel nicht allzu viel Sendezeit erhalten.

Das Resultat dieser mittlerweile jahrzehntelang gepflegten Praxis, über Personalpolitik nach Parteibuch oder zumindest Parteinähe Einfluss auf das Programm zu erhalten, ist inzwischen unübersehbar: Es herrscht ein journalistischer Einheitsbrei. Das Kapern der Aufsichtsgremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten durch Parteifunktionäre bietet allerdings nicht nur aus der Sicht der etablierten Politik einen Vorteil. Längst hat sich ein Verhältnis gegenseitiger Abhängigkeit eingestellt. Im Gegenzug für die von der Politik gewünschte weichgespülte Programmgestaltung winken die etablierten Parteien die regelmäßigen Wünsche nach höheren Gebühren der Rundfunkanstalten durch. Resultat ist, dass in Deutschland das am besten finanzierte öffentliche Rundfunksystem der Welt entstanden ist. Während allerorten Kultureinrichtungen dem Rotstift zum Opfer fallen, kann sich die ARD beispielsweise fünf Chöre, vier Big Bands und elf Orchester leisten. Eine Änderung an den anachronistischen Zuständen ist erst einmal nicht in Sicht. Nach eigenen Berechnungen der Öffentlich-Rechtlichen werden sie auch in der Gebührenperiode von 2013 bis 2016 wieder mehr Geld brauchen. Zu Lasten der Bürger hat die Politik bereits reagiert, mit Hilfe eines neuen Gebührensystems werden die Einnahmen für ARD und ZDF künftig noch üppiger fließen als in der Vergangenheit. Bereits beschlossen ist, dass ab dem 1. Januar 2013 eine einheitliche Gebühr von 17,98 Euro bezahlt werden soll – nicht mehr pro Fernsehgerät wie in der Vergangenheit –, sondern pro Haushalt. De facto eine Zwangsgebühr: Mit einer pauschalen Grundgebühr werden selbst Haushalte herangezogen, die über keinerlei Rundfunk- und Fernsehgeräte verfügen. Nach ersten Schätzungen wird die Änderung des Gebührenmodells für ARD und ZDF jährlich 1,3 bis 1,6 Milliarden Euro zusätzlichen Einnahmen bringen. Das würde zu einem Gesamtetat von neun Milliarden Euro für ARD und ZDF führen, wobei weitere Werbe- und Sponsoring-Einnahmen noch nicht einmal berücksichtigt sind. Norman Hanert


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