Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-12 vom 03. November 2012
Was die Ukrainer den Deutschen voraus haben Unter dem gemeinsamen Himmel“ – unter diesem Titel fand in Allenstein ein Festival der europäischen Völker statt. Organisiert worden war die Veranstaltung vom Verband der deutschen Gesellschaften in Ermland und Masuren (Vorsitzender Heinrich Hoch) und dem Verband der Ukrainer in Ermland und Masuren (Vorsitzender Stefan Migus) in Zusammenarbeit mit der Universität in Allenstein, die mit ihrem Konferenzsaal auch den Veranstaltungsort stellte. Zu den Zuschauern gehörten neben Vertretern und Mitgliedern der nichtpolnischen Volksgruppen im südlichen Ostpreußen auch Ehrengäste wie der Sejmabgeordnete Miron Sycz, der konsularische Vertreter der Ukraine in Danzig, Myron Jankiw, und der Vorsitzende des Verbandes der Ukrainer in Polen, Piotr Tyma. Woiwodschafts- und Stadtregierung wurden von Anna Wasilewska, Wiktor Mark Leyk, Joanna Wankowska-Sobiesiak, Halina Zaborowska-Boruch, Małgorzata Bogdanowicz-Bartnikowska und Władysław Mankut repräsentiert. Die Kreisgemeinschaft Allenstein-Land wurde von Herbert Monkowski vertreten und die Landsmannschaft Ostpreußen von Edyta Gładkowska. Während der Veranstaltung wurde mehrmals unterstrichen, dass die Woiwodschaft Ermland und Masuren als Beispiel für die Zusammenarbeit und das Miteinander vieler Nationen dienen könne. Abgesehen von den Polen bilden die Deutschen und die Ukrainer die größten Volksgruppen im südlichen Ostpreußen. Hinzu kommen Roma, Weißrussen, Russen und Litauer. Die Regional- und Stadtregierung fördert stark die nichtpolnischen Volksgruppen. In der gesamten Republik Polen gibt es nur in Ermland und Masuren eine Kommission für die ethnischen und nationalen Minderheiten sowie einen Minderheitsbeauftragten des Woiwoden. Die Mitglieder der verschiedenen Verbände und Gesellschaften sind aber auch sehr aktiv und offen gegenüber anderen ethnischen und nationalen Volksgruppen. Ein gutes Beispiel dafür ist das Festival „Unter dem gemeinsamen Himmel“ als eine gemeinsame Initiative der Ukrainer und Deutschen. Im Programm war die Ukraine vertreten durch die Tanz- und Gesanggruppe Pokuttia, die Volkstanzgruppe Czeremosz aus Angerburg, die Gesangsgruppe Zorepad aus Benkheim, die Gruppe Soneczko und Wesełynky aus Bartensein sowie die Tanzgruppe Dumka aus Landsberg. Die Deutschen waren repräsentiert durch die Gesangs- und Tanzgruppe Silesia aus Groß Strehlitz, den Chor Vaterhaus aus Allenstein, den Chor Ermland aus Heilsberg, die Volkstanzgruppe Saga aus Bartenstein und die Jugendgruppe Tannen aus Osterode. Des Weiteren traten auf der Bühne die Romagruppe Hitano aus Allenstein und die litauisch-ukrainische Gruppe Switłycia aus Wilna auf. Bei den ukrainischen Kindern und Jugendlichen konnte man sehr gute Kenntnisse der Muttersprache beobachten. Leider kann die Jugend aus den deutschen Vereinen ganz oft nicht so gut Deutsch sprechen. Es gibt viele Gründe hierfür, einer davon ist das Schulwesen. Es gibt im südlichen Ostpreußen zwei ukrainische Schulkomplexe. Da sind zum einen das Gymnasium, das Lyzeum und das Ökonomische Lyzeum in Landsberg und zum anderen in Bartenstein die Grundschule und das Gymnasium. Außerdem kann man Ukrainisch als Muttersprache in den Schulen lernen in den Kreisen Elbing, Bartenstein, Heilsberg, Osterode, Pr. Eylau, Goldap, Angerburg, Lötzen, Rastenburg und Braunsberg. Diese Aufzählung lässt erkennen, dass die Ukrainer es nicht vergessen haben, wie wichtig die Muttersprache für die Bewahrung der nationalen Identität ist. Trotzt einiger Versuche gibt es keine deutsche Schule im südlichen Ostpreußen. Nun darf man bei einem Vergleich der Schulwesen nicht unberücksichtigt lassen, dass die ukrainische Volksgruppe eine ganz andere Geschichte als die deutsche hat. Nach der Vertreibung des Gros der Deutschen wurden die Ukrainer in der sogenannten Aktion Weichsel aus ihrer Heimat ins weitgehend entvölkerte südliche Ostpreußen deportiert. Von Anfang an hatten sie andere Möglichkeiten als die verbliebenen Deutschen. Seit 1952 konnten sie Ukrainisch als Muttersprache lernen und nach Josef Stalins Tod 1956 durften sie auch eigene Vereine bilden. Für die Deutschen in dieser Region wurde dieses erst nach 1989 möglich. Diese Tatsache erklärt aber immer noch nicht, warum es im ehemaligen südlichen Ostpreußen keine deutsche Schule gibt. Gar nicht so weit vom südlichen Ostpreußen entfernt, im Memelland, gibt es mit dem Hermann-Sudermann-Gymnasium in Memel eine deutsche Schule für die Angehörigen der deutschen Volksgruppe der gesamten Region. Warum ist, was im litauischen Teil Ostpreußens Realität ist, im polnischen nicht möglich? Natürlich können die Kinder Deutsch als Fremdsprache in den Schulen lernen, aber unüberhörbar ist das nicht ausreichend. Ganz oft steht statt Deutsch Englisch auf dem ersten Platz. Heute hört man öfters in den deutschen Verbänden die polnische Sprache statt der deutschen. Das als Folge der kommunistischen Politik und der vielen Mischehen abzutun, wäre zu einfach. Die Deutschen im südlichen Ostpreußen müssen sich schon die Frage gefallen lassen: Warum wollen sie ihre Kultur nicht durch die Sprache vertiefen? Warum schenken sie den Kindern nicht die Mehr- oder Zweisprachigkeit? Einerseits könnten die Kleinen dadurch ihre Wurzeln besser kennenlernen, anderseits würden dadurch ihre Zukunftschancen in einem gemeinsamen Europa verbessert. E.G. |
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