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10.11.12 / Revolution in der Archäologie / Mit Lidar-Scan lassen sich aus der Luft in der Erde verborgene Schätze orten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-12 vom 10. November 2012

Revolution in der Archäologie
Mit Lidar-Scan lassen sich aus der Luft in der Erde verborgene Schätze orten

Archäologen sprechen von einer Revolution: Eine neues Erkundungsverfahren, der sogenannte Lidar-Scan, hat ihnen allein in Baden-Württemberg mehrere Zehntausend neue Fundstellen beschert. Die Flut an neuen Erkenntnissen über unsere Früh- und Vorgeschichte ist noch nicht zu überblicken.

Es ist der Traum eines Archäologen: Eine Technologie, mit der man schnell und preiswert große Areale aus der Luft auf Unebenheiten von wenigen Zentimetern abtasten kann. Denn genau solche Höhenunterschiede, die man vom Boden aus nicht erkennt, sind oft das letzte, was nach vielen Jahrhunderten von vorgeschichtlichen Siedlungen und Befestigungen, Verkehrswegen, Kultstätten und Gräberfeldern noch übrig ist. Die Steigerung dieses Traums wäre es, wenn eine solche Technologie den Waldbewuchs durchdringen könnte. Denn Wälder schützen Bodendenkmäler gut. Der Bewuchs verhindert Erosion, zudem gefährden hier weder Pflug noch Überbauung die alten Relikte – doch bisher waren sie im Wald nur schwer zu finden.

Bisher. Denn seit kurzem steht ein Erkundungsverfahren zur Verfügung, mit dem diese Träume der Archäologen wahr geworden sind. Das Verfahren nennt sich „Lidar“ (englisch für „light detecting and ranging“) und ist eng mit dem Radar verwandt. Das System wurde eigentlich für ganz andere Zwecke entwickelt und kommt beispielsweise auch in den Radarpistolen der Polizei und in Mautbrücken zum Einsatz. Seine frappierende Leistungsfähigkeit in der Archäologie steht inzwischen außer Frage. Das Land Baden-Württemberg wurde inzwischen komplett aus der Luft gescannt. Die Auswertung des Datenbergs ist in vollem Gange. Obwohl Computer einen großen Teil dieser Arbeit machen, wird es noch mehrere Jahre dauern, bis das Material annähernd durchdrungen ist. Erste Ergebnisse lassen staunen. Im südlichen Schwarzwald, einem Gebiet von etwa 2000 Quadratkilometern, waren früher erst rund 3000 archäologische Fundstätten bekannt. „Nach dem Lidar-Scan hatten wir mehr als 36000“, erklärt Jörg Bofinger vom archäologischen Landesamt.

Auch an Fundplätzen, die schon seit Jahrzehnten intensiv vom Boden und aus der Luft untersucht worden sind, ist der Wissenszuwachs enorm. Ein gutes Beispiel ist der Glauberg in Südhessen, der von der Bronzezeit bis ins hohe Mittelalter fast durchgehend als Ort für Befestigungen genutzt wurde und durch die lebensgroße Statue eines keltischen Kriegers weltbekannt wurde. Hier fanden sich auf Lidar-Scans gleich ein Dutzend bislang unbekannte weitere Grabhügel.

Nicht nur die schiere Masse an Neufunden begeistert die Forscher. Lidar erlaubt, ganze Fundlandschaften in ihren Zusammenhängen zu erkennen. Teure Ausgrabungen können auf die interessantesten Punkte konzentriert, bisherige Befunde neu eingeordnet und verstanden werden. Das Verfahren erlaubt es sogar, Gewässer bis etwa vier Meter Tiefe zu durchdringen. Das ist äußerst hilfreich, denn die meisten Fundstätten befinden sich in Ufernähe. Sozusagen auf Knopfdruck lässt der Computer auf den Scans Vegetation und Gebäude verschwinden. Dreidimensionale Bilder mit simulierter Beleuchtung aus beliebigen Richtungen lassen kleinste Details erkennen.

Zudem wird das Verfahren immer kostengünstiger. Während zunächst mit bemannten Flugzeugen gearbeitet wurde, kommen nun immer öfter Drohnen zum Einsatz. Experten erwarten durch die Lidar-Technik eine Wissensexplosion, die den Erkenntnisgewinn durch die Luftbildarchäologie seit den 1960er Jahren noch übertreffen dürfte. Konrad Badenheuer


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