Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-12 vom 10. November 2012
Wer gegen wen und warum? Auch die erfolgreichste archäologische Forschung kann Epochen, über die es keine schriftliche Überlieferung gibt, nie ganz erhellen. Ohne Schriftzeugnisse bleibt unbekannt, in welcher Vorstellungswelt die Akteure gelebt und welche Motive ihr Tun bestimmt haben. Über dieses Tun und Lassen selbst lässt sich aber erstaunlich viel herausbekommen. Man weiß heute beispielsweise verblüffend genau, ab wann in welchem Teil Europas die Landwirtschaft eingeführt wurde, ab wann die Menschen Pferde hielten sowie Bronze und Eisen nutzten. Zu den spannendsten Fragen gehören der Aufstieg und Niedergang ganzer Kulturen, also die Erschließung vorgeschichtlicher Zäsuren zwischen Jahrhunderten einer ruhigeren Entwicklung. So geht man heute davon aus, dass es um 1200 vor, um 800 vor und erneut um 480 vor Christus in Mitteleuropa ziemlich rumort haben muss – aus dem Mittelmeerraum sind Umbrüche in diesen Zeiten direkt überliefert. Eine weitere, wenn auch vermutlich weniger tiefe Zäsur wurde erst vor wenigen Jahren entdeckt. Seit über 100 Jahren weiß man, dass ein großes Gebiet mitten in Deutschland charakteristische vorgeschichtliche Burgwallanlagen aufweist – vom Rhein im Westen bis nach Thüringen im Osten, von der Mittelgebirgsgrenze im Norden bis etwa zum Main im Süden. In den zurückliegenden Jahren erkannte man, dass in fast allen diesen Burgen gehäuft Funde aus der Mitte des 3. Jahrhunderts vor Christus auftauchen. „Auf 37 Wallanlagen im nordwestlichen Mittelgebirgsraum sind Funde des dritten Jahrhunderts vor Christus belegt“, erklärt dazu der Archäologe Jens Schulze-Forster, wobei dieses Gebiet nur gut die Hälfte der Zone mit solchen Anlagen umfasst. „In den meisten Fällen markieren die Funde einen Neuanfang der Besiedlung.“ Eben dieser Hinweis macht die Sache spannend, denn es ist unwahrscheinlich, dass in einem Gebiet dieser Größe ohne Kriege oder zumindest massive Konflikte überregionaler Art in so kurzer Zeit so viele aufwendige Befestigungen angelegt worden wären. Aber wer gegen wen und warum? In den erwähnten Anlagen finden sich zwar keltisch geprägte Artefakte aus lokaler Herstellung, die Anlagen selbst gelten aber als eindeutig nicht keltisch: Nur bis etwa Mittelhessen gibt es Reste keltischer Befestigungen, nur im äußersten Süden dieses Bundeslandes ein paar wenige keltische Ortsnamen. Dass es zwischen Kelten und Germanen lange Zeit Konflikte gab, wobei einst die Kelten überlegen waren, berichtet Caesar im 1. Jahrhundert vor Christus. Die erwähnten Burgen können durchaus die Hinterlassenschaft eines frühen Höhepunktes dieses historischen Konfliktes sein, bei dem bekanntlich am Ende die Kelten als eigenständige Kultur- und Sprachgruppe im heutigen Deutschland untergegangen sind. Und was hat das alles mit Lidar zu tun? Nun, fast alle diese Burganlagen liegen in bewaldetem Gebiet. Mit der neuen Technik könnten weitere Anlagen entdeckt und neue Fundzusammenhänge sichtbar werden. K.B. |
Artikel ausdrucken | Probeabobestellen | Registrieren |