19.04.2024

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10.11.12 / Entdeckung und Zerstörung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-12 vom 10. November 2012

Entdeckung und Zerstörung

Die Lidar-Technik ist umso wertvoller, als die moderne Archäologie Ausgrabungen nach Möglichkeit vermeidet. Gegraben wird fast nur noch, wo andernfalls durch Bauprojekte, Bodenerosion oder den Tagebau die unmittelbare Zerstörung droht. Denn ein Bodendenkmal auszugraben bedeutet immer auch, es weitgehend zu zerstören. Das aber soll hinausgezögert werden, denn es ist absehbar, dass die Ausgräber des Jahres 2050 den dann noch vorhandenen Bodendenkmalen mehr Informationen entnehmen können als die heutigen.

Doch Vieles, was die Zeiten überdauert hat, wird dann untergegangen sein. Der laufende Verlust an archäologischer Substanz überzieht das Land sozusagen in Wellen. Eine erste große Verlustwelle gab es in den Jahren nach 1890, als die Mechanisierung der Landwirtschaft durch Dampfflüge größere Pflugtiefen erlaubte. Vieles kam dabei ans Licht, vermutlich weit mehr wurde unerkannt zerstört. In den 60er und 70er Jahren haben Flurbereinigungen und die Trockenlegung von Feuchtgebieten das „Archiv im Boden“ reduziert. Die Bereinigung begünstigte die Erosion, und auf den größeren Schlägen wurde oft tiefer gepflügt. Dazu ließ die Absenkung des Grundwasserspiegels viele bis dahin unter Luftabschluss konservierte Relikte untergehen.

Auch in unseren Tagen gehen wieder in enormer Zahl Bodendenkmäler verloren. Die hohen Agrarpreise fördern den Grünlandumbruch: Weideland wird erstmalig beackert und zu diesem Zweck zunächst tief umgepflügt. Sogenannte „archäologische Wüsten“ sind das Ergebnis. Auch der verstärkte Maisanbau zur Gewinnung von Biosprit richtet Schäden an, denn der Mais zerlegt mit seinen tiefen Wurzeln viele Bodendenkmäler. K.B.

 

Zeitzeugen

Arlen F. Chase – Seit gut zwei Jahren erforscht der 1953 geborene Mittelamerika-Archäologe von der University of Central Florida in Orlando (Florida) die Hinterlassenschaften der Maya-Zivilisation mittels Lidar. Da ein großer Teil der Fundstätten in bewaldetem Gebiet liegt, ist der Erkenntnisgewinn hier maximal.

Eckard Laufer – Der Oberkommissar ist Spezialist für Raubgrabungen bei der hessischen Polizei. Viele Raubgräber seien „Intensivtäter ohne jedes Unrechtsbewusstsein“, die hochgerüstet mit Metalldetektoren und Nachtsichtgeräten zu Werke gingen, um verkäufliche Funde zu machen. Experten rechnen mit einem harten Kern von etwa 1000 Sondengängern in Deutschland.

Jürgen Kunow – Der 1953 in Greifswald geborene Prähistoriker ist als Professor an der Berliner Humboldt-Universität und Vorsitzender des Verbandes der Landesarchäologen einer der führenden Vertreter seines Fachs in Deutschland. Zu seinen Schwerpunkten gehört die Entwicklung von Schutzstrategien für Bodendenkmale. Dabei setzt er vor allem auf die Kooperation mit den Landwirten.

Jörg Bofinger – Der am 24. Dezember 1967 in Stuttgart-Bad Cannstatt geborene Prähistoriker und Sachbuchautor leitet die archäologische Denkmalpflege in Baden-Württemberg. Zu den verblüffendsten Entdeckungen durch Lidar (light detecting and ranging) in dem bereits intensiv untersuchten Südweststaat gehört ein komplettes Befestigungssystem in einem Wald bei Göppingen mit drei bis vier Meter hohen Wällen. Bofinger: „Unglaublich, dass einem so etwas durch die Lappen gegangen ist.“

Otto Braasch – Der pensionierte Geschwaderkommodore der Luftwaffe gilt als der bedeutendste deutsche Luftbildarchäologe. In Deutschland wurde die in England entdeckte Methode zuerst in Bayern von Braasch intensiv eingesetzt und dabei weiterentwickelt. Der Erkenntnisgewinn war ähnlich groß wie der heutige Wissenszuwachs durch Lidar. 1999 erhielt der heute 76-Jährige die Ehrendoktorwürde.


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