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10.11.12 / Unkalkulierbare Risiken / Silvio Berlusconi destabilisiert Italien zusätzlich – Monti zugleich auch von links attackiert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-12 vom 10. November 2012

Unkalkulierbare Risiken
Silvio Berlusconi destabilisiert Italien zusätzlich – Monti zugleich auch von links attackiert

Ein Jahr nach seinem Rücktritt meldete sich der ehemalige italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi mit einer Drohung zurück. Sollte er diese wahr machen, dann könnte er damit nicht nur Italien ins Chaos stürzen.

„Der von der Signora Merkel verfügten Politik muss ein Riegel vorgeschoben werden.“ Es sind markige Worte, mit denen sich der „Cavaliere“ Berlusconi auf der politischen Bühne zurückmeldet. Als am 12. November 2011 Berlusconi sein Rücktrittsgesuch einreichte, herrschte vielerorts Erleichterung. Statt des Lebemanns Berlusconi sollte der Technokrat Mario Monti Italien wieder fit machen. Die dahinter stehende Befürchtung: Italien ist zu groß, um im Notfall vor der Staatspleite gerettet zu werden. Ein Jahr später ist es nun der einstige Hoffnungsträger Monti, der immer mehr in die Bredouille gerät. Sein Vorgänger Berlusconi hat einen gehörigen Anteil daran: Nachdem ihn ein Mailänder Gericht wegen Steuerhinterziehung zu vier Jahren Haft verurteil hat, kam von Berlusconi an die Adresse Montis die Drohung, ihm die Unterstützung zu entziehen. Untermalt war das Gepolter mit reichlich anti-deutscher Rhetorik: Monti als Handlanger deutscher Interessen, der Italien in den Ruin führt, so in etwa lautet inzwischen der Tenor in Berlusconis Medien-Imperium.

Sollten der Drohung Berlusconis Taten folgen, dürfte die Folge eine Regierungskrise sein, die Italien an den Finanzmärkten endgültig zum Abschusskandidaten macht. Montis Regierung stützt sich im Parlament vor allem auf eine Partei: Berlusconis „Il Popolo della Libertà“ (PdL) – die stärkste Einzelpartei im Parlament. Die Umfragewerte für Berlusconis Partei werden allerdings immer düsterer und der „Cavaliere“ damit zunehmend unberechenbarer. Seit Monaten steht die PdL zudem im Zentrum zahlreicher Skandale von Korruption und Verschwendung. Zusätzlich ist die Partei mittlerweile so weit zerstritten, dass ihr sogar der Zerfall droht. Resultat ist ein desaströses Wahlergebnis in einer Region, die als politischer Frühindikator gilt. Bei den Wahlen auf Sizilien stürzte Berlusconis Parteiliste auf 13 Prozent ab – vor vier Jahren waren es noch 33 Prozent. Sizilien, die einstige Hochburg der PdL, wird nun erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg von einem Mitte-Links-Bündnis regiert.

Nicht nur, dass die neue Regierung auf Sizilien seinen Sparkurs vehement ablehnt, ist für Premier Monti ein Warnsignal: Der eigentliche Sieger der Sizilien-Wahl ist die Protestbewegung „Movimento Cinque Stelle“. Die Parteiliste Beppe Grillos – einem ehemaligen Fernsehkomiker – kam auf fast 15 Prozent und wird damit zur stärksten Fraktion im Parlament Siziliens. Die anarchistisch angehauchte Partei ist für viele Italiener mittlerweile das Gegenprogramm zur skandalgebeutelten Partei Berlusconis. Grillo prangert die Verschwendung im politischen System Italiens an und setzt obendrein auf einen klaren Anti-EU-Kurs. Bisher enthält Grillo sich jeglicher Koalitionszusagen für die anstehenden Parlamentswahlen im Frühjahr. Damit ist er allerdings nicht die einzige unbekannte Größe im Vorfeld der Wahlen. Als wären der Niedergang von Berlusconis PdL und die Drohungen in Richtung Monti noch nicht genug, verwirrt Berlusconi inzwischen auch noch mit unklaren Aussagen zu seinen eigenen politischen Zukunftsplänen. Momentaner Stand: Berlusconi will bei den anstehenden Wahlen nicht als Ministerpräsident kandieren, schließt aber einen Rückzug aus der Politik aus. Inzwischen wird bereits spekuliert, ob Berlusconi mit Teilen der zerstrittenen PdL nochmals eine eigene Partei auf die Beine stellt.

Brenzlig wird die Lage für Monti allerdings nicht nur durch die zunehmende Unberechenbarkeit Berlusconis und die Erfolge der Protestbewegung Grillos, Gefahr droht paradoxerweise auch durch die Rettungsversuche für andere Euro-Krisenländer. „Wenn es einen Bailout für Spanien von 100 Milliarden Euro gibt, wäre Italiens Anteil daran 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts“, so warnte unlängst der italienische Finanzminister Vittorio Grilli in der Zeitung „La Repubblica“. Konkret wäre Italien bei einem 100-Milliarden-Paket für Madrid mit 18,75 Milliarden Euro mit von der Partie. Die drohende Folge: ein weiteres Hochschnellen der Staatsverschuldung. Allen Sparankündigungen zum Trotz haben die italienischen Staatsschulden ohnehin ein neues Rekordhoch erklommen: 126,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, so die letzte Meldung der EU-Statistikbehörde.

Ein weiteres Ansteigen gilt bereits als sicher. Da durch den anhaltenden Wirtschaftseinbruch auch die Steuereinnahmen wegbleiben, wird Italien in diesem Jahr rund 20 Milliarden Euro mehr an Schulden aufnehmen müssen als geplant, so das Finanzministerium. Dort geht man nun davon aus, dass man für Neuverschuldung und die Ablösung alter Titel in diesem Jahr insgesamt Staatsanleihen von bis zu 465 Milliarden Euro an den Mann bringen muss. Die Summe macht deutlich, was mit der zunehmenden politischen Instabilität in Italien auf dem Spiel steht: Verlieren die Märkte das Vertrauen in Italien, dann wird selbst der frisch installierte Euro-Rettungsschirm ESM zu klein sein. Nach der bisherigen Logik der bisherigen Rettungsaktionen für das Projekt „Euro“ ist in diesem Fall nicht auszuschließen, dass EZB-Präsidenten Mario Draghi die Druckerpresse dann endgültig auf Dauerbetrieb stellt. Norman Hanert


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