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10.11.12 / Pranken für die Ewigkeit / Kunstmuseum Stuttgart widmet sich dem Werk von Otto Dix

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-12 vom 10. November 2012

Pranken für die Ewigkeit
Kunstmuseum Stuttgart widmet sich dem Werk von Otto Dix

Und das soll von Otto Dix sein?“ Eine Besucherin des Kunstmuseums Stuttgart staunte nicht schlecht, als sie vor Landschaftsbildern stand, die einem Caspar David Friedrich Ehre gemacht hätten. Eine bedrohlich-dunkle Wolkenfront zieht da über einen See, an dessen Ufer sich Eisschollen auftürmen. Schaut man auf die Entstehungszeit des Gemäldes, dann wird einem klar, warum der Maler kraftvoller gesellschaftskritischer Bilder sich harmlosen Landschaften widmete: 1942 malte der als „entartet“ gebrandmarkte Dix im politisch wenig anrüchigen altmeisterlichen Stil.

Im Kunstmuseum Stuttgart, das sich jetzt bis zum 7. April 2013 in einer Sonderschau dem Thema „Otto Dix und die Neue Sachlichkeit“ zuwendet, fallen die Landschaftsbilder wie auch das an einen Bruegel erinnernde Winterpanorama „Randegg im Schnee mit Raben“ ein wenig aus der Reihe. Doch die Stuttgarter wollen klotzen, nicht kleckern. Schließlich besitzt man die bundesweit bedeutendste Otto-Dix-Sammlung, seitdem man nach dem Krieg den Maler zum zentralen Schwerpunkt ge­macht und seine Werke in einer eigenen Etage ausgestellt hat.

Im Vergleich mit Künstlerkollegen wie George Grosz, Franz Radziwill, Rudolf Schlichter oder Christian Schad geht man jetzt mit 120 Werken der Frage nach, was die Neue Sachlichkeit auszeichnet. Selbstbewusst, wie er war, hielt sich Dix für den Erfinder dieses Malstils: „Die Neue Sachlichkeit, das habe ich erfunden“, sagte er. In der fast schon klassisch-nüchternen Formensprache hat Dix erst ab den 20er Jahren gemalt. Zuvor trat der 1891 bei Gera geborene Sohn einer Arbeiterfamilie mit teils grotesk, teils karikierend wirkenden realistischen Gemälden auf. Bekannt sind die späteren Porträts seiner Eltern, deren Hände er als überdimensionale Pranken hart arbeitender Menschen dargestellt hat.

Doch dann werden seine Arbeiten graziler, wirkt der Pinselstrich weniger expressiv bewegt. Seine Porträt-, Boheme- und religiösen Bilder verzichten auf das karikierende Element. Herausgestellt wird jetzt nur noch ein besonders realistischer Wesenszug. So etwa im Porträt von Hugo Simons die filigranen Finger, mit denen der Rechtsanwalt einen schwierigen Fall zu „erklären“ scheint.

„Entweder werde ich berühmt oder berüchtigt“, sagte Dix seine Karriere voraus. In Stuttgart ist zu sehen, wie sich beides bewahrheiten sollte. Die Zerrissenheit zwischen Bürgerschreck und unpolitischem, dem Religiösen zustrebenden Künstler vollzieht sich in dieser Ausstellung glaubhaft vor den Augen des Betrachters. Tws


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